Lesevergnügen #18: 11 Bücher von queeren Autor*innen, die ihr kennen solltet

Jedes Jahr im Juni sieht man besonders viele Regenbogenflaggen wehen: Vor mehr als 50 Jahren ereignete sich im Juni mit den Stonewall-Protesten in New York ein Meilenstein in der Geschichte der LGBTIQ*-Bewegung. Wenn größere Zusammenkünfte nicht gerade von einer globalen Pandemie erschwert werden, finden im Pride Month deshalb besonders viele Paraden, Demonstrationen und Partys statt, die die Vielfalt unserer Gesellschaft feiern und auf noch immer bestehende Ungerechtigkeiten für die LGBTIQ*-Community aufmerksam machen.

Der Pride Month ist deshalb auch ein guter Moment, mal einen Blick ins eigene Bücherregal zu werfen und die Leseliste für den Sommer vielleicht um das eine oder andere Buch zu erweitern, das queere Perspektiven und Lebensrealitäten in den Fokus rückt – Bücher von weißen, cis-männlichen Autoren haben wir in der Schule schließlich alle zu Genüge gelesen. Diese 11 Bücher von queeren Autor*innen aus der Vergangenheit und Gegenwart möchten wir euch besonders empfehlen.

1. James Baldwin: Giovannis Zimmer

James Baldwins "Giovannis Zimmer" erzählt die Geschichte des jungen Amerikaners David, der sich in Paris in den Barkeeper Giovanni verliebt. Der 1956 erschienene Roman gehört zu den wichtigsten Werken der LGBTIQ*-Literatur, weil er mit seiner komplexen Handlung und vielschichtigen Figuren eine Repräsentation von Homosexualität und Bisexualität für ein breites Publikum zugänglich machte – und zählt noch heute zu den interessantesten, traurigsten und schönsten Geschichten über die (inneren) Kämpfe und Herausforderungen, vor denen queere Menschen in unserer heteronormativen Gesellschaft stehen.

James Baldwin: "Giovannis Zimmer" | 208 Seiten | auf Deutsch erschienen bei DTV | zum Buch

© DTV | Hoffmann und Campe Verlag

2. Tomasz Jędrowski: Im Wasser sind wir schwerelos

Dieses Buch muss in der Liste gleich nach Baldwin genannt werden, schließlich bezeichnet der Autor "Giovannis Zimmer" als seine größte Inspiration für den Roman, der im Original auf Englisch unter dem wunderschönen Titel "Swimming in the Dark" erschienen ist. Tomasz Jedrowski erzählt von der Liebe zweier Männer im sozialistischen Polen der 1980er – eine Liebesgeschichte, die zwangsläufig politisch ist, und eine, von der der Autor selbst glaubt, sie könnte traurigerweise auch im heutigen Polen noch genauso von der Angst vor Verurteilung und negativen Konsequenzen geprägt sein. Trotzdem liest sich der Roman so leicht, wie der Titel anmutet – die perfekte Sommerlektüre.

Tomasz Jędrowski: "Im Wasser sind wir schwerelos" | 224 Seiten | Hoffmann und Campe Verlag | zum Buch

3. Linus Giese: Ich bin Linus

Linus Giese ist nicht nur der Buchhändler eures Vertrauens in Berlins erster queerfeministischer Buchhandlung She said und hat stets eine gute Empfehlung für euch parat, er hat auch im vergangenen Jahr seine eigne Geschichte in Buchform gebracht. In "Ich bin Linus" berichtet er davon, wie lange es für ihn unerreichbar schien, diese drei Worte zu sagen, die so selbstverständlich klingen, und damit laut auszusprechen, dass er ein Mann und trans ist. Linus Giese erzählt von seiner "zweiten Pubertät", von bürokratischen Hürden und riesiger Erleichterung. Ein Buch, das unheimlich berührend und wichtig zugleich ist.

Linus Giese: "Ich bin Linus" | 224 Seiten | Rowohlt | zum Buch

© Rowohlt | btb

4. Ocean Vuong: Auf Erden sind wir kurz grandios

Eine Coming-of-Age-Geschichte in etwas ungewöhnlicher, aber wunderschöner Form: Der Debütroman des vietnamesisch-amerikanischen Lyrikers und Schriftstellers Ocean Vuong wurde nicht umsonst von Kritiker*innen gefeiert. In unfassbar poetischer Sprache lesen wir den Brief eines Sohnes an seine Mutter. Dabei lässt Ocean Vuong seine eigenen Identitäten als homosexueller Mann sowie als Sohn vietnamesischer Einwander*innen mit einfließen. Ganz langsam füllt er dabei unseren Kopf mit Bildern, während er von einem Leben am Rande der amerikanischen Gesellschaft erzählt.

Ocean Vuong: "Auf Erden sind wir kurz grandios" | 272 Seiten | auf Deutsch erschienen bei btb | zum Buch

5. Carmen Maria Machado: In the Dream House

"In the Dream House" ist zugegebenermaßen nichts für schwache Nerven. Von ihrer eigenen Biografie geprägt, porträtiert Carmen Maria Machado eine Beziehung zwischen zwei Frauen, wie sie eben nicht sein sollte: Eine Beziehung voller ungesunder Mechanismen, Abhängigkeit und psychischer Gewalt. Dabei wird die Beziehung in jedem Kapitel aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, sodass am Ende ein beklemmendes, aber eindrucksvolles Gesamtbild entsteht.

Carmen Maria Machado: "In the Dream House" | 304 Seiten | Profile Books | zum Buch

© Profile Books | AK Press

6. Adrienne Maree Brown: Pleasure Activism

Was haben Sexualität und Aktivismus miteinander zu tun? Eine ganze Menge natürlich, und das nicht nur, wenn es darum geht, für die eigene Sexualität nicht verurteilt zu werden. In "Pleasure Activism. The Politics of Feeling Good" geht es um Sex und Sexualität, aber auch um vieles mehr. Die queere, Schwarze Autorin und Aktivistin Adrienne Maree Brown stellt die Frage in den Raum: Wie sorgen wir dafür, dass Aktivismus die befriedigendste menschliche Erfahrung wird? Antworten auf diese Frage sucht sie in zahlreichen Essays, die sich thematisch von Rassismus und Sexismus bis hin zu Sexarbeit und Klimakrise erstrecken.

Adrienne Maree Brown: "Pleasure Activism" | 280 Seiten | AK Press | zum Buch

7. Felicia Ewert: Trans. Frau. Sein.

In "Trans. Frau. Sein." beschreibt Felicia Ewert, wie transgeschlechtliche Menschen auf unterschiedliche Weisen diskriminiert werden: Von rechtlichen Aspekten des "Transsexuellengesetzes" über medizinisch-psychologische Bereiche bis hin zu einem Feminismus, der sich nur an cis-Frauen richtet und trans Menschen ausschließt. "Trans. Frau. Sein." ist eine Kombination wissenschaftlicher Arbeit, überspitzter satirischer Darstellung und autobiografischen Anekdoten, die die Lebensrealität von trans Menschen in Deutschland erfahrbar machen – unbedingt lesenswert.

Felicia Ewert: "Trans. Frau. Sein." | 176 Seiten | Edition assemblage | zum Buch

© Edition assemblage | Little, Brown Book Group

8. Zaina Arafat: You Exist Too Much

Eine junge, queere Frau, die zwischen den USA und dem Nahen Osten hin und her pendelt: Zaina Arafats Protagonistin verschlägt es aus Palästina nach New York, zurück nach Jordanien und in den Libanon. "You Exist Too Much" thematisiert sowohl die Diskriminierung, die queere Menschen im Nahen Osten erfahren als auch die komplizierte Beziehung der Protagonistin zu ihrer palästinensischen Mutter und die Folgen, die diese Belastungen auf ihre Psyche und ihren Umgang mit romantischen Beziehungen haben. "You Exist Too Much" füllt eine Lücke in der Literaturlandschaft, in der es noch nicht allzu viele queere arabisch-amerikanische Perspektiven gibt.

Zaina Arafat: "You Exist Too Much" | 320 Seiten | Little, Brown Book Group | zum Buch

9. Julius Kraft: Romeo und Julius. Meine Suche nach der großen Liebe (in 25 Dates)

Auf der Suche nach der Liebe in 25 Dates: Julius ist in die Welt des Berliner Online Datings eingetaucht und hat Geschichten mitgebracht, die uns zum Lachen bringen, zum Mitfühlen und uns manchmal vielleicht auch ein bisschen verzweifeln lassen. Dabei ist Julius keiner, der sich kopflos von einem Tinderdate ins nächste stürzt: "Ich will das Abenteuer, die Aufregung. Für mich gehört die Welt der Liebe den Verletzlichen und denen, die stark sind, weil sie Schwäche zeigen können". Vielleicht genau die richtige Lektüre für alle, die sich gerade fragen, ob sie eigentlich bereit sind für die große Liebe.

Julius Kraft: "Romeo und Julius. Meine Suche nach der großen Liebe (in 25 Dates)" | 240 Seiten | Goldmann Verlag | zum Buch

© Goldmann Verlag | Verlag Krug & Schadenberg

10. Leslie Feinberg: Stone Butch Blues

Der "Stone Butch Blues" der US-amerikanischen Autorin und Trans-Aktivistin Leslie Feinberg wurde 1993 veröffentlicht. Er spielt in den USA der 1970er Jahre. Die Hauptperson Jess Goldberg, die ein sehr männliches Auftreten hat, wurde schon als Kind immer wieder gefragt, ob sie ein Junge oder ein Mädchen ist. Nachdem sie als Jugendliche Opfer einer Vergewaltigung wird, findet sie Zuflucht in der LGBTIQ*-Szene – doch in den 1970ern gab es kaum Safe Spaces für die Community. Feinbergs semi-autobiografischer Roman wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und zählt zu den wichtigsten literarischen Werken zum Thema Trans und Queerness.

Leslie Feinberg: "Stone Butch Blues" | 472 Seiten | Verlag Krug & Schadenberg | zum Buch

11. Chloe Caldwell: Women

Chloe Caldwell hat ihr Buch selbst einmal als "die faulste Coming-Out-Geschichte, die ihr jemals lesen werdet" bezeichnet. Das wird dem Buch, das den angemessen unspektakulären Titel "Women" trägt, natürlich nicht so ganz gerecht: In diesem Roman begleiten wir die Protagonistin dabei, wie sie selbst ihre Sexualität als lesbische Frau entdeckt, zum ersten Mal mit Frauen schläft und sich in dieser Welt und Identität beginnt, zurecht zu finden.

Chloe Caldwell: "Women" | 144 Seiten | Harpercollins | zum Buch

© Harpercollins

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