Rauchverbot auf dem Spielplatz? Wählt doch gleich AfD!

© Hella Wittenberg

Ich sage es am besten gleich: Ich bin Nichtraucher, schon immer gewesen. Doch während ich dies schreibe, sitze ich Beim Dicken, in einer Weddinger 23-Stunden-Eckkneipe, und um mich herum wird gequarzt, als gäbe es kein Morgen. Der Rauch kratzt mir in Augen und Hals, außerdem nervt es mich, dass ich später all meine Klamotten waschen muss. Trotzdem möchte ich nirgendwo sonst sein. Ein Widerspruch? Eine Provokation?

Sagen wir so: Ich mag es einfach, mich in einer freiheitsliebenden Umgebung aufzuhalten. Dass es dabei zu gewissen Handlungen meiner Mitmenschen kommen kann, die nicht ganz meinem Gusto entsprechen – ja, mein Gott, das gehört nun mal zu unserem demokratischen Miteinander dazu. Gerade ist zum Beispiel ein 20jähriges Pärchen reingekommen und hat "ein kleines Radler und einen Schwarztee mit Milch" bestellt. Finde ich persönlich vollkommen krank, geht mich aber nichts an. Weil wir in einer freiheitsliebenden Gesellschaft leben.

Unglaublich, aber wahr: In einer Demokratie haben sogar Raucher*innen Rechte.

Ich denke, es ist nun klar, worauf ich hinaus will. Natürlich finde ich es aufgrund dieser Haltung schade, wenn Freiheiten eingeschränkt werden. Die Corona-Lockdowns waren nicht cool, aber halt leider notwendig. Da half alles Meckern nichts. Was mich jedoch auf die Palme bringt, ist, wenn ganz ohne Not Dinge verboten werden. Einfach aus der Lust am Verbieten.

Neulich musste ich lesen, dass die englische Regierung ein rauchfreies Land bis 2030 anstrebt. Dieser Ankündigung folgten auf Landesebene bisher wenige Maßnahmen (außer dass eine Schachtel mit 20 Kippen inzwischen umgerechnet 16 Euro kostet), weshalb nun einzelne Kommunen vorpreschen und sich gegenseitig mit immer absurderen Verboten überbieten.

Und die Begründung? Durch die vielen Krankenhauseinweisungen von Raucher*innen entsteht für die Wirtschaft ein jährlicher Schaden von 17 Milliarden Pfund. Die Wirtschaft, möchte man rufen. Leben wir jetzt für die Wirtschaft? Was wird dann als nächstes verboten? Der Alkohol? Zucker? Eine unsportliche Lebensweise?

Schluss mit den Verboten!

Zurück nach Berlin. Meine Eltern, die demnächst wieder zu Besuch kommen, weigern sich strikt, mit meiner Tochter und mir auf den Spielplatz am Teutoburger Platz zu gehen. Wir waren dort einmal mit meinem Freund Attila, der es wagte, unter freiem Himmel eine Zigarette zu rauchen. Es dauerte keine zwei Minuten, da kam ein sonnig-lächelnder Prenzlberg-Papa auf ihn zu, ging neben ihm in die Hocke und sagte: „Merkste selbst, oder?“ Auf eine fragend erhobene Augenbraue hin wurde er deutlicher: „Ja, also, ich fänd's echt klasse, wenn du die ausmachst jetzt.“

Gleicher Spielplatz vor einer Woche. Während meine Tochter herumtobte, tranken Attila und ich ein Bier in den letzten Strahlen der Herbstsonne. Was uns von einem 50-jährigen Elternpaar mit einem zweijährigen Sohn prompt Bezeichnungen wie "Pack", "Gesocks" und "asozial" einbrachte. Ich feuerte zurück: "Geht doch wieder nach Tübingen, wenn‘s euch nicht passt!" Worauf die beiden etwas bemüht zu berlinern begannen, um zu verdeutlichen, dass sie schon viel länger hier wohnen als ich.

Zugegeben, meine Bemerkung war etwas unsachlich. Die Herkunft der Beteiligten ist ja auch vollkommen wurscht. Der Wutvater insistierte dann, dass es am Eingang zum Spielplatz ein Verbotsschild gäbe.

"Das Schild hat nichts zu bedeuten", sagte ich.

"Wie bitte?"

"Das stammt noch aus Lockdown-Zeiten. Das Bezirksamt hat nur vergessen es wegzunehmen."

Was natürlich ein Scherz war. Denn in Wahrheit werden Verbote nicht zurückgenommen. Oder wie Michel Houellebecq in "Ein bisschen schlechter" schreibt: "Das Verbot ist eine Mechanik, die nie zum Stehen kommt."

Wir hatten in Pankow schon einen AfD-Stadtrat

Wer übrigens denkt, der Titel dieser Kolumne sei polemisch oder Clickbait, erinnere sich bitte daran, dass wir in Pankow bis November 2021 einen AfD-Stadtrat für Umwelt und öffentliche Ordnung hatten, der es mit dem Prinzip "zero tolerance" hielt. Auf dem Helmholtzplatz wurde unter seiner Herrschaft sogar einer Kneipe verboten, Alkohol auf der Terrasse auszuschenken, weil ein Spielplatz in der Nähe war. Der Grund: Beschwerden von Anwohner*innen.

Inzwischen wird dieses Amt von der CDU bedient, doch die Verbotsorgie geht munter weiter. Als nächstes ist wohl das Karaokesingen im Mauerpark dran. Der Grund: Beschwerden von Anwohner*innen. Ganz zu schweigen von den Maßnahmen, die Spätis und Kneipen das Leben schwer machen. Was ist denn eigentlich das Endziel dieser Bestrebungen? Dass bald alle nur noch zu Hause vor dem Fernseher sitzen und Schwarztee mit Milch trinken? Das find ich nicht gut. Da möchte ich lieber, dass die Leute weiter tun, was sie wollen, selbst wenn ich dadurch Rauchwolken ins Gesicht gepustet kriege.

Was ist denn eigentlich das Endziel dieser Bestrebungen? Dass bald alle nur noch zu Hause vor dem Fernseher sitzen und Schwarztee mit Milch trinken?

PS: Wer das Rauchen verbieten will, weil es ungesund ist, muss bedenken: Das Recht auf den eigenen Freitod, bzw. Selbstmord ist die letzte und intimste Entscheidung im Leben eines freien Individuums. Und wenn sich jemand entscheidet, diesen Selbstmord in kleinen, bekömmlichen Schritten zu begehen, in Form von Zigaretten oder Drinks, ist das auch die Entscheidung jedes und jeder Einzelnen. Und die Wirtschaft hat das überhaupt nichts anzugehen. Sonst sind wir bald beim chinesischen Totalitarismus mit seinen social-score-Punkten. In dem ein ungesunder, unsozialer Lebensstil gleich dazu führt, dass man keine Wohnung mehr kriegt und keinen Handyvertrag abschließen kann. Ende der Predigt.

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