Zwischen Hitzewelle und Naturkatastrophe: Der Berliner Sommer wird immer schlimmer

© Felix Kayser

"Dickes B, oben an der Spree. Im Sommer tust du gut und im Winter tuts weh." Als ob alle meine Bekannten große Seeed-Fans wären, wurde mir dieser Satz ständig hingepfeffert als ich nach Berlin gezogen bin. "Im Sommer tust du gut und im Winter tuts weh." Der Winter in Berlin ist nämlich lang und hart und wenn man nicht genug Vitamin D schluckt, wird man depressiv. Der Sommer dagegen ist das pure Leben, alles und alle sind schön. Nonsens! Wenn man mich vor irgendwas hätte warnen sollen, dann vor dieser Hitze. Berlin, wie hältst du das nur aus?

"Es ist zu heiß, um es wirklich geil zu finden", noch so eine Peter-Fox-Zeile. In "Fieber" spricht mir der Stadtaffe allerdings komplett aus der Seele. Auch ich bin platt, wenn ich draußen Zeit verbringe. Auch ich träume von Schneeflocken und Skihütten. Alles Tagträume, wirklich Schlaf finde ich in unserer Dachgeschosswohnung nämlich nicht mehr. Vielleicht liegt es daran, vielleicht am Kiez, immerhin hat Peter Fox "Stadtaffe" angeblich auch in Kreuzberg geschrieben. Hier ist es schon mal ein paar Grad heißer als im Spandauer Eisschrank.

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Aber warum? Was ist nur mit dieser Stadt, die ansonsten eine Pacht auf grauen Himmel und schlechtes Wetter hat? Und vor allem, wie soll das noch werden, wenn die Klimaerwärmung in der globalen Sauna schon zum nächsten Aufguss ansetzt? Berlin ist und bleibt eine Stadt der Widersprüche. Eigentlich eine der grünsten Metropolen Europas, ist sie an einigen Stellen sehr versiegelt. Bestes Beispiel ist das Tempelhofer Feld. Fast komplett zubetoniert, liefert seine freie Fläche gleichzeitig für die umliegenden Kieze frische Luft. Unter dem Strich ist Berlin ein bisschen heißer und sehr viel trockener als die anderen deutschen Millionenstädte, dieses Jahr besonders. Und es wird noch übler.

Wie soll das noch werden, wenn die Klimaerwärmung in der globalen Sauna schon zum nächsten Aufguss ansetzt?

Forscher*innen der ETH Zürich haben eine interaktive Karte aus ihren jüngsten Ergebnissen gebastelt, die eindrücklich zeigt, dass sich unsere Städte in den nächsten 30 Jahren klimatisch circa 1000 Kilometer nach Süden verschieben. London fühlt sich 2050 vermutlich wie Barcelona an, Madrid wie Marrakesch – und Berlin wie Canberra. In Australien.

Das bedeutet, im Juli wird es im Schnitt wohl sechs Grad (!) heißer. Im Vergleich zum aktuellen Durchschnitt von 24 Grad im Maximum fühlt sich das bestimmt super locker easy frisch an. Ich bin gespannt, was die alten weißen Nordeuropäer*innen dann sagen, die über die Wirtschaftskrisen in Griechenland und Spanien geätzt hatten, die würden ja auch ständig Siesta machen. Siesta fühlt sich für mich gerade ziemlich smart an.

Strandbad Grünau
© Insa Grüning

Zu den Prognosen und Mittelwerten kommen übrigens noch die Ausreißer. Die Messstation in Berlin-Buch hat laut dem Deutschen Wetterdienst diesen Juli mit 38,3 Grad einen neuen Stationsrekord "gefeiert". Gleichzeitig hat es mit 30 Litern pro Quadratmeter nur halb so viel geregnet wie sonst. Das ist nicht mal eine durchschnittliche Dusche. In einem ganzen Monat? Da wundert es mich nicht, dass ich mich beim letzten Regen mehr für die Pflanzen als für mich gefreut habe.

Berlin oder Rheinland-Pfalz? Hauptsache tropisch.

Man könnte jetzt noch von Tropennächten erzählen, also Nächten, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad fällt, und bei denen wir uns gerade mit Rheinland-Pfalz um den Spitzenplatz streiten. Rheinland-Pfalz? Das Land in dem Wein, Tabak und Mandeln gedeihen? Aber lassen wir das. Dieser Text soll nicht wachrütteln, wer bei toten Fischen in der Oder und Waldbränden im Grunewald den Schuss nicht hört, dem*der ist nicht zu helfen. Da ist es mit dem Klimawandel wie mit dem Sexismus oder dem N-Wort, da gibt es für mich keine zwei Meinungen.

Was können wir also tun? Ihr könntet zum Beispiel bei der nächsten Hausparty eine Unterschriftenliste für das Volksbegehren "Berlin 2030 klimaneutral" auslegen. Persönlich wandere ich in der Wohnung entgegen der Sonne, hänge alle Fenster ab, lege mir Kühlpacks in den Nacken – und freue mich auf den Winter in Berlin. Peter Fox zitiert sich in "Fieber" übrigens einmal selbst, falsch, um etwas richtig zu stellen: "Dickes B, an der Spree, der Winter tut gut, der Sommer tut weh."

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