11 Ausstellungen im Herbst, die ihr unbedingt besuchen solltet

Nachdem mit der Berlin Art Week im September der Startschuss gefallen war, ist der Kunstherbst inzwischen in vollem Gange. Wer sich für moderne Kunst in Katakomben interessiert, muss unbedingt noch bei "Corona Culture" in der Alten Münze vorbeischauen. Im HKW könnt ihr euch mit den großen Herausforderungen und gesellschaftlichen Themen unserer Zeit in der Schau "Illiberal Arts" auseinandersetzen und im November dürft ihr euch auf die neue Ausstellung "Nation, Narration, Narcosis" im Hamburger Bahnhof freuen, die sich mit dem Verhältnis von Kunst und politischen Protesten beschäftigt. Das sind unsere 11 Kunst-Highlights im Herbst, die ihr nicht verpassen solltet:

Bitte beachtet, dass für den Besuch einer Kultureinrichtung in Berlin im Vorhinein ein Zeitfenster-Ticket gebucht werden muss. Darüber hinaus ist der Besuch nur mit FFP2-Maske möglich. Bitte informiert euch zur Sicherheit aber noch einmal bei der jeweiligen Institution.

1. Corona Culture – What the fuck is happening?!

Corona Culture, Alte Münze, Ausstellung, Berlin
© Dominika Diandini

Das Transition Institute lädt euch noch bis zum 13. November in die Ausstellung "Corona Culture – What the fuck is happening?!" ein, die aktuell in den Katakomben der Alten Münze zu sehen ist. Diese waren coronabedingt fast 1,5 Jahre nicht zugänglich und werden jetzt wieder mit Arbeiten von über 100 Künstler*innen aus 30 verschiedenen Nationen bespielt. Die Frage, die über allen Kunstwerken schwebt, lautet: Wie wirkt sich die Pandemie auf unser Leben aus? Das Mosaik von künstlerischen Momentaufnahmen könnt ihr auf ingesamt 4000 Quadratmetern Fläche erkunden. Begleitet wird die Schau von Musik, Performances, Panel Talks und Workshops. Macht mal!

"Corona Culture" | Alte Münze | Molkenmarkt 2, 10179 Berlin | Montag – Samstag: 12–20 Uhr | bis 13.11.2021 | Mehr Infos & Tickets

2. Illiberal Arts

© Insa Grüning

Im Zerbrechen der liberal-kapitalistischen Weltordnung, die sich im Großen und Ganzen nach 1989 durchgesetzt hat, zeigt sich auch ihr illiberaler Kern. Oder anders gesagt: die Unfreiheiten der Enteigneten ebenso wie die Gewaltbereitschaft der Besitzenden. Auch in der Kunst spiegelt sich der Austragungsort dieser Gewalten wider. Das Ausstellungs- sowie Publikationsprojekt "Illiberal Arts" im HKW beschäftigt sich multimedial mit der kritischen Befragung des Begriffes Freiheit und vor allem auch mit ihren Bedingungen. Es geht um Debatten zu Themen wie Grenzen und Ordnung, Ausgrenzung und Gewalt oder Gemeinschaft und Horror, und um die Frage, wie frei die Kunst eigentlich ist und sein kann. Klingt kompliziert. Ist es auch.  Aber so ist nun mal unsere Welt.

"Illiberal Arts" | HKW | John-Foster-Dulles-Allee 10, 10557 Berlin | Mittwoch – Montag: 12–21 Uhr | bis 21.11.2021 | Mehr Infos & Tickets

3. Peter Miller. Dear Photography

© Insa Grüning

In der C/O Berlin werden derzeit die Arbeiten des in Deutschland lebenden US-amerikanischen Künstlers Peter Miller gezeigt, der hauptsächlich mit den Medien Film und Fotografie arbeitet. Aber auch Installationen, Skulpturen und Interventionen im Raum gehören zu seinem Repertoire, womit er an vielen Stellen in seinem Werk einen Bezug zur Performancekunst der 1970er Jahre herstellt. Mit seinen Arbeiten, die teilweise extra für die Ausstellung "Dear Photography" hier in Berlin entstanden sind, erforscht er auf sehr spielerische und experimentelle Weise die Geschichte der technischen Medien, von Licht und Chemie, von Optik und Perspektive oder von Publikum und Flicker-Effekt. Wir waren schon da und hatte einen richtig tollen Abend. Große Empfehlung!

"Peter Miller. Dear Photography" | C/O Berlin | Hardenbergstraße 22-24, 10623 Berlin | Montag – Sonntag: 11–20 Uhr | bis 03.12.2021 | Mehr Infos & Tickets

4. Ólafur Elíasson. A View Becomes a Window

Olafur Eliasson, A View Becomes A Window, Neues Museum
Ólafur Elíasson, A View Becomes A Window, Installationsansicht Neues Museum, Berlin 2021, © Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker

Der dänische Künstler Olafur Eliasson hat für Ivorypress ein Künstlerbuch namens "A View Becomes a Window" entwickelt, das ihr noch bis Januar im Neuen Museum bestaunen könnt. Im Niobidensaal des Ägyptischen Museums und in der Papyrussammlung findet ihr die Edition mit ingesamt neun einzigartigen, in Leder eingebundenen Büchern, in denen sich (Überraschung!) keine Papierseiten, sondern Glas-Blätter in verschiedenen Farb-Nuancen, Qualitäten und Lichtdurchlässigkeiten befinden. Die unterschiedlichen Schichten des gefärbten Glases rufen beim "Durchblättern" komplexe Spiegelungen hervor, sodass euer eigenes Konterfei zur Hauptfigur der Spiegel-Geschichte wird. Klingt ziemlich abgefahren und ins Neue Museum wollten wir ohnehin längst mal wieder. Go for it!

"Ólafur Elíasson. A View Becomes a Window" | Neues Museum | Bodestraße 1-3, 10178 Berlin | Dienstag – Sonntag: 10–18 Uhr | bis 16.01.2022 | Mehr Infos

5. Mercury Rising – Inter* Hermstory[ies] Now and Then

Sunil Gupta: Untitled #13, aus der Serie / from the series „The New Pre-Raphaelites”, 2008. Inkjet Druck / Archival inkjet print. Images courtesy of the artist and Hales Gallery, Stephen Bulger Gallery and Vadehra Art Gallery © Sunil Gupta

Im Schwulen Museum könnt ihr die erste inter*-fokussierte Ausstellung anschauen, die sich mit der Geschichte und Gegenwart von inter* Bewegung(en) in Aktivismus, Gesellschaft, Kunst und Kultur auseinandersetzt. Beleuchtet werden (zumindest fragmentarisch) verschiedene Universen und Utopien von und über Intergeschlechtlichkeit, die allerdings allzu oft durch den Blick endogeschlechtlicher Menschen überliefert wurden. Warum sich das ändern muss, erfahrt ihr in der Schau "Mercury Rising – Inter* Hermstory[ies] Now and Then". Spannend und wichtig!

"Mercury Rising – Inter* Hermstory[ies] Now and Then" | Schwules Museum | Lützowstraße 73, 10785 Berlin | Montag, Mittwoch, Freitag: 12–18 Uhr; Donnerstag: 12–20 Uhr; Samstag: 14–19 Uhr; Sonntag: 14–18 Uhr (außer 1. Sonntag im Monat: 12–20 Uhr | bis 14.02.2022 | Mehr Infos & Tickets

6. NOTHINGTOSEENESS: Leere, Stille, Weite

Rutherford Chang We Buy White Albums, 2013 – fortlaufend © Rutherford Chang
Die Akademie der Künste ist immer eine gute Adresse, wenn ihr mal wieder eine schöne Ausstellung besuchen wollt. Aktuell könnt ihr euch dort in "NOTHINGTOSEENESS – Leere/Weiß/Stille" Werke von 75 internationalen Künstler*innen anschauen, deren Gemeinsamkeit ist, dass sie die Monochromie, den Materialminimalismus und die Reduktion in den Fokus ihrer Arbeiten stellen. Der Ausstellungstitel geht auf den Komponisten und Künstler John Cage zurück, der mit "nothingtoseeness" das Momentum der Stille in den visuellen Künsten prägte. Ob Gemälde, Fotografie, Video- oder Soundarbeiten, Installationen und Skulpturen – hier erwartet euch alles. Hin da!

"NOTHINGTOSEENESS – Leere/Weiß/Stille" | Akademie der Künste | Hanseatenweg 10, 10557 Berlin | Dienstag – Sonntag: 11 – 19 Uhr | bis 12.12.2021 | Mehr Infos & Tickets

7. sachen m a c h e n Tomas Schmit. Zeichnung, Aktion, Sprache 1970–2006

Tomas Schmit, Verlegerbesteck, 1966, tomas schmit archiv, Berlin, Foto © Roman März

Tomas Schmit war eine Schlüsselfigur der Fluxus-Bewegung der frühen 1960er Jahre. Während der n.b.k seinem Frühwerk momentan eine Retrospektive widmet, sind im Kupferstichkabinett aktuell auch seine legendären Papierarbeiten und Zeichnungen in Berlin ausgestellt, die zeigen, wie sehr er zeitlebens den Ideen des Fluxus verbunden blieb. Das Papier wird zu seiner Bühne, die Darstellungen entziehen sich jeder Definition. Er wollte nie darstellen, kommentieren, noch schematisieren oder interpretieren, sondern einfach nur "sachen m a c h e n". Wer auf Klartext-Ästhetik steht, sollte sich die meisterhaften Zeichnungen von Schmit nicht entgehen lassen. Sie sind genial!

sachen m a c h e n | Kupferstichkabinett in der Gemäldegalerie| Matthäikirchplatz, 10785 Berlin | Dienstag – Freitag: 10–18 Uhr; Samstag & Sonntag: 11–18 Uhr | bis 9.01.2022 | Mehr Info & Tickets

8. Tatjana Doll – „Was heißt Untergrund?"

Tatjana Doll. Was heißt Untergrund? Installationsansicht / Installation view Maschinenhaus M2, KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst, Berlin / Maschinenhaus M2, KINDL – Centre for Contemporary Art, Berlin Foto / Photo: Jens Ziehe, 2021 © Tatjana Doll / VG Bild-Kunst, Bonn, 2021

Die in Berlin lebende Künstlerin Tatjana Doll ist bekannt geworden mit ihren großformatigen Lack- und Ölbildern, von denen ihr eine Auswahl nun im KINDL betrachten könnt. Ihre Malweise ist beeindruckend, weil ihr Duktus sehr roh, schnell und direkt ist. Aber Doll geht es auch immer um den Kontext ihrer Bildgegenstände, wodurch ihre Werke die Grenzen der Leinwand sprengen und eine sozio-politische Ebene ins Spiel bringen. Diesmal sind ihre Gemälde von Subtexten und Gefühlen wie Unruhe, aber auch von Bedrohungen und Gefahren durchzogen. Wer sich selbst von ihrem Talent überzeugen möchte, kann dies im Maschinenhaus M2 im KINDL, wo "Tatjana Doll – Was heißt Untergrund?" läuft, noch bis ins nächste Jahr hinein tun.

Tatjana Doll – "Was heißt Untergrund?" | KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst | Am Sudhaus 3, 12053 Berlin | Mittwoch: 12–20 Uhr; Donnerstag – Sonntag: 12–18 Uhr | bis 27.02.2022 | Mehr Infos & Tickets

9. Murcia: Im Garten Europas

Göran Gnaudschun: „Zitronenernte II“ aus der Serie „Das bessere Leben“, Stadt Murcia/Region Murcia, 2020 © Göran Gnaudschun

Im Museum Europäischer Kulturen könnt ihr derzeit die Sonderausstellung "Murcia: Im Garten Europas" besuchen. Vielleicht kennt ihr den spanischen Küstenort, um den es hier geht? Falls nicht, solltet ihr das nachholen, denn Murcia gehört zu den größten Agraranbaugebieten Europas und ist Hauptlieferant von Obst und Gemüse für den Verkauf in Deutschland. Für seine touristischen Qualitäten, landschaftliche Schönheit oder Geschichte ist der Ort hingegen nicht sehr populär. Aber warum eigentlich nicht? Murcia hat eine abwechslungsreiche Geographie zu bieten und eine fast 50.000 Jahre lange Besiedlungsgeschichte – und genau darum geht’s in der Ausstellung. In einem gemeinsamen Projekt mit Bewohner*innen Murcias werden persönliche Dinge des Alltag in der Region vorgestellt. Filmemacher*innen und Regisseur*innen aus Murcia machen mit Kurzfilmen die Region zudem nicht nur sichtbar, sondern auch hörbar. Klingt gut!

"Murcia: Im Garten Europas" | Museum Europäischer Kulturen | Arnimallee 25, 14195 Berlin | Dienstag – Freitag: 10–17 Uhr; Samstag & Sonntag: 11–18 Uhr | bis 27.02.2022 | Mehr Infos & Tickets

10. Helmut Newton. Legacy

Alice Springs, Helmut Newton, Hollywood, 1996 © Helmut Newton Estate, courtesy Helmut Newton Foundation

Im Museum für Fotografie zeigt die Berliner Helmut Newton Stiftung ab dem 31. Oktober 2021 endlich die Retrospektive "Helmut Newton. Legacy". Die Ausstellung sollte ursprünglich schon zum 100. Geburtstags des Fotografen vergangenes Jahr eröffnet werden, musste dann aber wegen Corona verschoben werden. Zu Gesicht bekommt ihr jetzt nicht nur zahlreiche ikonische Bilder des großen Modefotografen Newton, sondern auch knapp 150 Werke, die tatsächlich zum ersten Mal überhaupt in Berlin gezeigt werden. Wer hätte das gedacht? Die Überraschung solltet ihr euch also nicht entgehen lassen.

"Helmut Newton. Legacy" | Museum für Fotografie | Jebensstraße 2, 10623 Berlin | Dienstag & Mittwoch: 11–19 Uhr; Donnerstag: 11–20 Uhr; Freitag, Samstag & Sonntag: 11–19 Uhr | ab 31.10.2021 bis 22.05.2022 | Mehr Infos & Tickets

11. Nation, Narration, Narcosis: Collecting Entanglements and Embodied Histories

Kawita Vatanajyankur, Dye, 2018(c) Courtesy the Artist, Collection: MAIIAM ContemporaryArt Museum, Thailand

Zu guter Letzt können wir uns noch auf eine bald anlaufende Ausstellung im Hamburger Bahnhof freuen. In "Nation, Narration, Narcosis: Collecting Entanglements and Embodied Histories" – übrigens eine Sonderausstellung der Nationalgalerie –, geht es um das spannende Verhältnis von Kunst und politischem Protest. Immer wieder stehen hier deshalb historische Traumata und gesellschaftliche Narrative im Mittelpunkt, die zum Teil vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart reichen. Welche Auswirkungen haben Nationenbildung, Kolonialismus und die Ökologie des unseres Planeten aufeinander? Die Ausstellung will anhand des Konzeptes der sozialen Plastik nach Joseph Beuys den Begriff Nation (übrigens im Namen der Nationalgalerie enthalten) mit alternativen Konzepten von Verbundenheit, Solidarität und Individualität konfrontieren. Hochaktuelles Thema, wir sind schon sehr gespannt!

"Nation, Narration, Narcosis: Collecting Entanglements and Embodied Histories" | Hamburger Bahnhof | Invalidenstraße 50/51, 10557 Berlin-Mitte | Dienstag, Mittwoch & Freitag: 10–18 Uhr; Samstag & Sonntag: 11–18 Uhr | ab 28.11. 2021 – 3.07. 2022 | Mehr Infos

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