Eine höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch ist ein erster Schritt, aber noch lange nicht genug

© Lukas Budimaier | Unsplash

Heute Morgen habe ich gelesen, dass der Deutsche Tierschutzbund und die Politik über höhere Fleischpreise diskutieren. Genau genommen, haben sich Politiker*innen der Grünen, der SPD und auch der CDU der Forderung des Tierschutzbundes angeschlossen und sich für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent auf sämtliche Fleischwaren ausgesprochen. Momentan liegt der Steuersatz wie bei vielen anderen Lebensmitteln des täglichen Bedarfs nämlich bei nur 7 Prozent. Und hier liegt vielleicht auch schon der erste Fehler im System.

Wenn wir Fleisch weiterhin als Produkt des täglichen Bedarfs, also eines, auf das wir dringend angewiesen sind und auf das wir nicht verzichten können, ansehen, wird sich so schnell nichts an unserem derzeitigen Konsumverhalten ändern. Wenn wir nicht auf die Scheibe Wurst auf dem Frühstücksbrot, die Frikadelle am Mittag und auch noch die Spaghetti Bolognese am Abend verzichten, weil wir uns das alles ja easy leisten können, wird uns das alles ganz bald bitter um die Ohren fliegen. Dass unser Fleischkonsum, die Massentierhaltung und das alles nicht cool und alles andere als nachhaltig sind, brauche ich hier auch nicht noch mal zu erklären. Das machen die Kids von Fridays for Future schließlich schon jeden Freitag und zudem auch noch viel besser als ich.

Wie kann es sein, dass für Hafermilch mehr Steuern abgedrückt werden müssen als für das Steak oder die Bratwurst? Beim besten Willen, das ist einfach falsch

Artgerechte Nutztierhaltung kann nicht möglich sein, wenn wir für 500 Gramm Hackfleisch nur 1,99 aus dem Ärmel schütteln müssen. Und genau da setzt der aktuelle Vorstoß von Seiten der Politik an. Durch einen Preisanstieg, der über die Erhöhung der Mehrwertsteuer geregelt wird, soll Fleisch natürlich teurer und damit in erster Linie für den Verbraucher „unattraktiver“ gemacht werden. Die Hoffnung dahinter ist vermutlich, dass weniger Fleisch gekauft und gegessen wird. Klingt erstmal logisch und nachvollziehbar. Fleisch sollte meiner Meinung nach eine Rarität im Speiseplan von uns allen sein und deshalb auch wie ein „Luxusprodukt“ besteuert werden. Wie zum Henker kann es also sein, dass für Hafermilch mehr Steuern, nämlich 19 Prozent Mehrwertsteuer, abgedrückt werden müssen als für das Steak oder die Bratwurst? Beim besten Willen, das ist einfach falsch – und ich denke, damit stehe ich nicht alleine da. Und nein, ich lebe nicht vegetarisch oder vegan.

Es dauert wie gewohnt bei solchen Debatten und Vorschlägen nicht lange, bis sich auch die ersten Kritiker*innen zu Wort melden, auch aus den Reihen der Linken, der FDP und der AfD. Ein Hauptkritikpunkt ist etwa, dass man durch eine höhere Besteuerung hierzulande die deutschen Fleischprodukte aus dem Markt schwemmen würde und damit sogar noch die niedrigen Standards im Ausland befeuere. Dem Klimaschutz und dem Wohl der Tiere wäre damit nicht gedient. Sehe ich anders.

Eine echte Ernährungswende, artgerechte Tierhaltung und Klimaschutz, können wir nur als Gemeinschaft erreichen. Es müssen sich alle beteiligen.

Punkt 1. Ich denke, dass eine höhere Besteuerung von Fleischprodukten ein erster Schritt in die richtige Richtung ist, allerdings muss gewährleistet werden, dass die Mehreinnahmen durch eine Steuererhöhung auch in die richtigen Hände gelangen. Sprich: Dieses Geld muss explizit für das Tierwohl, also eine artgerechte Haltung eingesetzt werden, und dafür, dass wir unsere Klimabilanz sichtlich verbessern. Um den Menschen das zu verklickern und ihnen zu zeigen, worum es hier eigentlich geht und dass das ein ernst gemeinter Vorschlag zum Wohle unserer Umwelt und letztendlich uns allen ist, muss allerdings absolute Transparenz hergestellt werden.

Punkt 2. Ich teile die Kritik einiger Politiker*innen, dass es nicht sein kann, dass nur der*die Endverbraucher*in in die Pflicht genommen wird und sich an einer Ernährungswende beteiligen soll. In diesem Fall müssen auch die Fleischproduzent*innen und die Lebensmittelhändler*innen in die Pflicht genommen werden und ihren Beitrag leisten. Weder die Konsument*innen noch die Landwirt*innen können dieses Mega-Projekt alleine stemmen. Eine echte Ernährungswende, artgerechte Tierhaltung und Klimaschutz, können wir nur als Gemeinschaft erreichen. Es müssen sich alle beteiligen.

19 Prozent Mehrwertsteuer auf Fleischprodukte sind richtig. Sie sind ein Zeichen des guten Willens der Politik, Rahmenbedingungen zu setzen, damit wir etwas verändern in der Zukunft, weiterkommen, nicht noch weiter stagnieren. Aber sie sind noch lange nicht genug. Das ist wirklich nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

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