Englische Küche zum Niederknien – Richwater & Mitchell in Moabit

© Charlott Tornow

Update: Das Richwater & Mitchell hat dauerhaft geschlossen.

Wir müssen an dieser Selle ja nicht mehr erwähnen, dass Moabit das neue Wedding ist, wenn es darum geht, welcher Berliner Stadtteil als nächstes "kommt". In Moabit sind die Mieten noch vergleichsweise günstig, die Nachbarschaft gut gemischt und der Leerstand fordert Gastronomen und andere Gründer geradezu auf, hier hin zu ziehen. Besonders rund um die Arminiusmarkthalle wird gekocht und Getränke gemixt, was die Mägen hergeben und so ist es nicht verwunderlich, dass auch die gehobenere Gastronomie langsam den Blick auf Moabit wirft.

Trotzdem ist es eine kleine Sensation, dass mit dem Richwater & Mitchell ein Restaurant aufgemacht hat, dass sich trotzdem von allen anderen, vor allem auch von allen anderen Restaurants Berlins abhebt. Denn hier kocht das neue Wunderkind der Szene, Anton Michel, "new english cuisine". Soll heißen: Speisen, die von Antons Kindheit in England und dem kulinarischen Einfluss der ehemaligen Kolonien Englands inspiriert sind und durch lokale Zutaten einen neuen Twist bekommen. Das erste englische Restaurant Berlins quasi.

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Anton Michel hat bei Kolja Kleeberg und Tim Raue gelernt und machte vor zwei Jahren mit eine Pop-up-Restaurant am Winterfeldtplatz auf sich aufmerksam. Jetzt hat er zusammen mit Marc Rosenfeld (der die Weinhandelsagentur Weinmichel betreibt, die u. a. VAU, Pauly-Saal und Dottir mit Weinen beliefert, und das Pignut BBQ in der Arminiusmarkthalle mitgegründet hat) das Richwater & Mitchell in einem alten griechischen Restaurant eröffnet. Der Vermieter hat die beiden für verrückt erklärt, hier ein Restaurant zu eröffnen, vor allem aufgrund der Lage, aber natürlich auch wegen des griechischen Interieurs bestehend aus kitschigen Säulen und Verzierungen – die sich jetzt aber unter einer wunderbar grünen Farbe erstaunlich gut als Setting für das hier servierte Essen machen.

Ironischerweise fühlt man sich in dem Restaurant tatsächlich wie in einem kleinen, hübschen englischen Landhaus, auch wenn die Speisen, die auf dem Teller landen, weit weg sind von der englischen Küche, die vor allem für Frittiertes und Fettiges bekannt ist. Man wolle die englische Küche rehabilitieren, erzählen mir Anton und Marc, und zeigen, dass englisches Essen mehr ist als Fish & Chips. Deshalb landet auf den Tellern und in den Gläsern unter anderem auch Originales aus England.

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Die Karte ist klein und übersichtlich, aber klingt trotzdem so lecker, dass wir uns nicht entscheiden können. Also versorgt uns Marc den Abend über (der am Ende vier Stunden lang sein wird) mit verschiedensten Speisen und Weinen. Wir starten mit einem vorzüglichen englischen Prosecco und einer Wattauster, deren Fleisch so zart ist, dass wir gleich noch eine verschlingen könnten. Weiter geht's mit hausgemachtem Sauerteigbrot mit aufgeschlagener Butter und in Marmite karamellisiertem Popcorn. Des Engländers Lieblingssirup wird uns später beim Nachtisch nochmal begegnen und schmeckt in der Kombination so gut, dass wir fast geneigt sind, das bittere Süßzeug vielleicht mal selbst zu kaufen.

Marc ist der perfekte Gastgeber und lässt uns zu den Speisen immer auch den passenden Wein servieren. Fast traurig wirkt er, dass wir einen Wein auslassen müssen, weil wir ein bisschen zu langsam trinken und den zweiten Wein mit in den dritten Gang nehmen. Immerhin sind wir ziemlich glücklich und beschäftigt mit dem, was da so vor uns auf dem Tisch landet: Blätterteigtarte mit Stilton, roter Zwiebelmarmelade und Feldsalat, sautierter Beelitzer Spargel mit Orangenmarmelade, gebratener Kabeljau mit Maissauce, Seewolf mit Sauerampfer und eingelegtem Rhabarber, Ei im Hackmantel (unser Favorit!), geschmorter Schweinebauch mit Apfel und Sellerie und Entrecôte vom Grill mit Triple Cooke Chips. Die Portionen haben allesamt Vorspeisengröße, sodass man perfekt teilen oder einfach von allem etwas essen kann.

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Nach diesem Festessen sind wir eigentlich schon ziemlich erledigt und glücklich, aber Marc überzeugt uns, doch noch einen Nachtisch zu nehmen. Also darf sich unser weit gedehnter Magen noch auf Vanilleeis mit Kendal Mint Cake und eine englische Käseplatte freuen, die mit einem süßen Dessertwein beziehungsweise einem Glas Portwein serviert werden.

Im Richwater & Mitchell lässt es sich zwischen dem schön gemischten Moabiter Kiezpublikum ziemlich gut aushalten und so umtriebig, wie Marc und Anton sind, werden wir sicher sehr bald was neues Ausgefallenes auf unseren Tellern haben.

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Unbedingt probieren: das "Scotch Egg" (Ei im Hackmantel) und die Käseplatte mit Portwein

Veggie: Es gibt eine gute Auswahl an vegetarischen Speisen

Preis: Auster 3 Euro, Speisen 6–23 Euro

Beste Zeit: abends mit genügend Zeit zum genüsslichen Durchprobieren

Richwater & Mitchell | Wiclefstr 30, 10551 Berlin | Donnerstag – Montag: ab 18.30 Uhr | mehr Infos

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