So viel (oder wenig) verdienen Berufsanfänger in Berlin

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Berlin, das oft gelobte Startup-Mekka, das goldene Land der Berufseinsteiger und hippe Auffangzone für alle, die nicht mehr in ihrem Geburtskaff leben wollen. So viele Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung gibt es sonst wohl nur in wenigen Städten auf der Welt. Und dann ist Berlin auch noch im Vergleich zu anderen großen europäischen Städten sooo günstig. Berlin ist schon wirklich toll, keine Frage. Aber seien wir mal ehrlich: Das Gehalt für Berufsanfänger ist so ein bisschen beschissen. Besonders für diejenigen, die was mit Medien machen wollen.

Das wissen nicht nur alle, die schon mal versucht haben, ein bezahltes Praktikum zu bekommen, sondern auch jene, die mit Uniabschluss in der Tasche einen Job finden wollen, mit dem sie ihre kleine Wohnung oder wenigstens das WG-Zimmer bezahlen können. Dabei unterscheiden sich die Gehälter freilich von Branche zu Branche, wobei "was mit Startups" die neue brotlose Kunst sind.

"Was mit Startups" ist die neue brotlose Kunst

Eine neue Studie von Jobspotting in Zusammenarbeit mit BerlinStartupJobs.com und der Hochschule Aalen gibt nach langer Laufzeit jetzt einen Überblick über die Gehaltsstrukturen in Berlin und die Zufriedenheit der hier arbeitenden Menschen im Bereich Startups. Das Institut für Strategieentwicklung IFSE definiert dabei in einem Paper Startups als Unternehmen, die bis 5 Jahre alt sind, ein skalierbares Businessmodell haben und undenkbar ohne das Internet wären.

Laut dem IFSE arbeiten hier 13.200 Menschen in 620 Startups, was Berlin zu dem wichtigsten Startup-Ökosystem der Welt macht. Aber, und das ist einer der interessanten Punkte, nur wenige Unternehmen machen bisher big money. "Wir müssen eine Berliner Startup-Kultur entwickeln, die Profitabilität mit Sinnstiftung und Innovation mit nachhaltigen Geschäftsmodellen verbindet.", steht in dem Paper. Heißt: Es gibt zwar viele junge Internet-Unternehmen, aber mit Ausnahmen von großen Playern wie Delivery Hero, Foodpanda, Hello Fresh oder Zalando ziehen nur wenige wirklich großes Geld an – was eben im Umkehrschluss heißt, dass die meisten Startups nur selten angemessene Gehälter zahlen können.

Augen auf bei der Berufswahl

Aber was ist überhaupt angemessen? Laut der Jobspotting-Studie bekommen Berufseinsteiger mit bis zu zwei Jahren Berufserfahrung bis 2000 Euro brutto, was ein Nettogehalt von ungefähr 1.200 Euro ergibt. Das Gehalt steigt freilich mit der Berufserfahrung und ist auch abhängig vom Berufsfeld: Manager und Software-Entwickler verdienen – nicht überraschend – mehr als Designer und Mitarbeiter im Verkauf, die durchschnittlich am wenigsten verdienen. Frappierend ist dabei der Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern, der in Berlin bei 25% und damit sogar noch über dem deutschen Durchschnitt liegt.

"Aber 2000 Euro brutto als Berufsanfänger ist doch ganz schön viel Geld", heißt es dann, wenn man sich über das Gehalt beschwert, nachdem man in den Jahren davor Demut ob der kostenlosen 40-Wochenstunden-Praktika und Volontariate für 800 Euro zeigen musste. Hauptsache einen Job haben. Man hat sich damit abgefunden, dass man als Medienarbeiter eben nicht ganz so viel verdient

Aber ist das Klagen berechtigt? Statistiken zeigen, dass der deutsche Durchschnitt auch nur knapp 1.300 Euro verdient. Hinzu kommt, dass das deutsche Durchschnittseinkommen in den letzten Jahren stetig steigt und auch das Bruttogehalt in Berlin 2015 um 1,8 Prozent gestiegen ist.

Nur, und das ist ja das Problem, die Gehälter steigen nicht so schnell wie die Lebenshaltungskosten und die Mieten in Berlin, besonders innerhalb des Rings. Die IFSE behauptet, dass der Berliner Mietpreis im Durchschnitt bei 7,18 Euro pro Quadratmeter liege. Die Angabe scheint noch aus dem Jahr 2013 zu stammen, denn neuste Statistiken sprechen eine andere Sprache. Für eine 30m²-Wohnung liege der durchschnittliche Mietpreis aktuell bei 12,17 Euro pro Quadratmeter, bei einer 60m²-Wohnung bei ca. 9,34 Euro pro Quadratmeter, abhängig natürlich, ob man im Zentrum oder am Rand Berlins wohnen will, wie auch schon der Mietenfahrplan von Immobilienscout gezeigt hat.

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Und nun? In dem IFSE-Paper heißt es: "Wenn wir es richtig machen, kann Berlin zum wichtigsten Startup-Ökosystem der Welt werden, wenn wir die Digitalisierung vorantreiben und Talente und die Gründung von Unternehmen fördern." Eben, kann. Heißt also, dass einerseits die Politik dafür Sorge tragen muss, dass die Lebens- und Arbeitsbedingungen weiterhin stabil und in einem finanzierbaren Rahmen bleiben, damit sich der digitale Nachwuchs und nicht nur die schon gut Situierten das Leben in Berlin leisten kann; dass aber auch durch Investitionen in den Startup-Bereich nicht nur die schon großen Player weiterhin wachsen, sondern auch kleine Unternehmen vom Boom profitieren. Umgekehrt muss es denn Unternehmen selbst gelingen, Talente zu fördern und zu halten und nicht in den ersten zwei Jahren auf dem Markt zu verheizen.

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