Koreanisch, karibisch, amerikanisch – Eine Reise durch Berlins BBQ-Szene

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Es ist nicht einfach, in einer Stadt wie Berlin kulinarische Trends festzumachen. Seit Jahren schießen die Burgerbuden wie Pilze aus dem Boden, zeitgleich hat sich die koreanische Küche kultiviert, über Makro- und Molekularküche muss man nicht mehr sprechen. Und bei alldem hält sich eine Sache, die es schon immer gibt, so könnte man meinen. Das Barbecue, kurz: BBQ. Es kreuzen sich Elemente aus der Burgerszene, Korean BBQ ist längst keine Neuheit mehr und was Makro- und Molekularküche so alles mit Rippchen anstellen, wollen wir gar nicht wissen. Aber woher kommt BBQ ursprünglich und welche Einflüsse lassen sich in Berlins heißesten Burgerbratereien probieren? Wir wagen den Versuch einer historisch-kulinarischen Rundreise.

BBQ als historisch-kulinarischer Mix unzähliger Einflüsse

Obwohl man zu denken geneigt ist, BBQ sei eine uramerikanische Angelegenheit, muss man doch einräumen, dass es ohne Zuwanderung auch kein BBQ gäbe. Das BBQ ist eine Sache, die ihre Wurzeln in den Südstaaten hat und somit geprägt ist von mexikanischen Einwanderern, Sklaverei und bisweilen auch deutschen Immigranten. Das ursprüngliche mexikanische Wort für Barbecue, barbacoa, bezeichnete das Holzgerüst, auf dem ehedem indigene Einwohner das Fleisch gegrillt hatten, es ging also zunächst um eine Zubereitungsart.

Das ursprüngliche mexikanische Wort für Barbecue, barbacoa, bezeichnete das Holzgerüst, auf dem indigene Einwohner das Fleisch grillten.

Weil nun schwarze Sklaven in der Regel minderwertiges Fleisch zur Verfügung hatten, bedienten sich diese der aus der Karibik bekannten Methoden, das Fleisch so lange einzulegen und heiß zu räuchern, bis es schmackhaft ist – was auch immer es vorher gewesen war. Aus der Karibik kam also die Zubereitungsart, aus Mexiko die Jalapeños, Salsas und Tortillas und aus Deutschland die Würste und der Coleslaw. Man sieht, das BBQ ist immer schon ein historisch-kulinarischer Mix unzähliger Einflüsse gewesen. Und so verwundert es auch nicht, dass wir auf der Speisekarte des dieser Zeit meist gehypten BBQ-Ladens, des Chicago Grills, nicht nur Ribs und Slab finden. Sondern eben auch Pastrami, Salsiccia, Stullen und Merguez.

Die Berliner BBQ-Szene hat die geographischen Grenzen des American BBQ längst überschritten

Dabei wird deutlich, dass die Berliner BBQ-Szene zumindest die geographischen Grenzen des American BBQ überschritten hat. Überhaupt, braucht es bloß eine Fahrt durch Kreuzberg, um zu bemerken, dass sich auf dem Kottbusser Damm bei Ssam hervorragend Korean BBQ einzuverleiben lässt, bei FES am Südstern hingegen leckerstes Turkish BBQ und in der Lychener Straße am Prenzlauer Berg der auf diesem Niveau wohl beste Japanese-BBQ-Laden namens Ushido wohnt. Dass BBQ auch aus anderen Ländern als dem amerikanischen Großraum kommt, ist für uns Europäer neu und somit innovativ.

Unlängst landen alle Möglichen Fleisch- und Wurstsorten auf Burgern, die sonst Burger Buns nur aus der Ferne kennen.

So landen unlängst alle Möglichen Fleisch- und Wurstsorten auf Burgern, die sonst Burger-Buns nur aus der Ferne kennen. Pastrami, beispielsweise, könnte auch eine besonders saftig zubereitete und interessant gefaltete Dönervariante sein. Ist es aber nicht, sondern ein jiddisch-amerikanisches Gericht, das auf keinem Food-Market der letzten Jahre hat fehlen durfte. Und nein, auch eine Merguez ist keine einfache Bratwurst! Sondern eine aus Rinds- und Lammhackfleisch hergestellte Bratwurst aus Maghreb. Bulgogi, hierorts vor allem bekannt durch koreanisches Bulgogi-Burger (= "Feuerfleisch"), ist in dünne Scheiben geschnittenes und mariniertes Prime-Cut-Beef. Als Beilage auf keinen Fall fehlen darf Kimchi, und auch Pajori, ein Frühlingszwiebelsalat, ist zum koreanischen BBQ ein Muss.

BBQ muss nicht immer aus Fleisch sein

Und überhaupt muss ja auch nicht immer alles aus Fleisch sein. Das wussten die Mexikaner und US-Amerikaner damals tendenziell nicht. Wir schon, darum essen wir auch "Pulled Soja", oder "Pulled Oats". Letztgenanntes ist ein skandinavischer und veganer Versuch von Pulled Pork, der durchaus schmeckt, wenn man keinen Wert auf Pork legt. Zumindest haben die vegetarischen und veganen Variationen eine einigermaßen lange Halbwertszeit in der BBQ-Evolution, so sie nur neu und interessant sind. Wie in der Mode gibt hier ein Trend dem nächsten die Grillzange in die Hand und so mancher Hype gerät schnell in Vergessenheit – oder in die Supermarktregale und damit in die Mitte der Gesellschaft.

Pulled Pork beispielsweise gibt es inzwischen sogar in Edekas Tiefkühlfächern. Und jeder weiß, dass, wenn es jene Dinge in Edekas Tiefkühlfächern gibt, zumindest der Pulled-Pork-Stand in der Markthalle kein Geheimnis mehr ist. Und jeder weiß auch, was mit Dingen passiert, die das eitle Dasein als Geheimnis verlassen: sie werden gewöhnlich.

Die Zukunft des BBQ in Berlin: Hauptsache anders

Längst etabliert: Pulled Pork Burger – © Jerry Huddleston | FlickrCC BY 2.0

Der Berliner BBQ-Trend hat es dennoch weit gebracht, denn bei Chicago Williams in der Torstraße ist die Bude voll. Es gibt Pastrami, Pulled Pork, Merguez, BBQ Chicken und Salsiccia. Dazu gibt es Mash & Gravy, Mac & Cheese und Cyder. Und, ähm, Apfelmus.

Welche BBQ-Gattung nun den ewigen Kampf der kulinarischen Evolution in der Großstadt gewinnt, ist schwer zu sagen. Gut aufgestellt sind jedenfalls alle, die auf einen großen Gen-Pool, sprich viele kulinarische Einflüsse, zurückgreifen können. Wie ein Beef-Burger (BBI) namens „Flash Gorgonzo“ mit Gorgonzola-Riesling-Sauce, Aioli und Kartoffel-Rösti. Über Realness lässt sich lange streiten – über die Frage nach dem Ursprung noch viel länger. Let's make Berlin gravy again – mit Bulgogi, Gans und Gewürzpaste!

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