True Crime in Berlin: 11 wahre Verbrechen

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Nicht erst seit Volker Kutschers Kriminalreihe rund um den Kommissar Gereon Rath wissen wir, dass in Berlin längst nicht alles bunt und lustig ist. Wir können kaum noch zählen, wie oft die arabischen Clans in den Schlagzeilen sind, wie viele Serien um die dunkle Seite Berlins gesponnen wurden. Jenseits der Fiktion wurden in der Hauptstadt aber auch wirklich krasse Dinger gedreht und schlimme Verbrechen begangen. Wir erinnern uns vermutlich alle noch an den spektakulären KaDeWe-Raub vor einigen Jahren, als in nur 79 Sekunden Schmuck und Uhren im Wert von über 800.000 Euro gestohlen wurden. Kennt ihr auch diese 11 Verbrechen, die so wirklich in Berlin passiert sind?

1. Kreuzberg: Der Serienmörder Carl Großmann

Wir alle kennen die schreckliche Geschichte des Frauenmörders Fritz Honka, nicht zuletzt durch das Buch "Der goldene Handschuh"  von Heinz Strunk. Eine ähnlich schreckliche Geschichte erzählt aber auch Berlin. Carl Großmann soll im Zeitraum von 1918 bis 1921 für das Verschwinden von 100 jungen Mädchen und Frauen verantwortlich sein. Im verarmten und von Arbeitslosigkeit geprägten Kreuzberg nach dem ersten Weltkrieg lud er vor allem Prostituierte und allein reisende Frauen zu sich nach Hause ein, um dort als "Wirtschaftlerin" zu arbeiten. Zur gleichen Zeit beunruhigten die Polizei die regelmäßigen Leichenteilfunde im nahegelegenen Engelbecken. Am 21. August 1921 riefen Nachbarn von Großmann die Polizei, weil sie Schreie hörten. Als diese die Wohnung stürmten fanden sie Großmann nicht nur vor seinem letzten Opfer, sondern auch verkohlte menschliche Hände im Ofen. Lediglich zwei weitere Morde gestand Großmann, 23 weitere werden ihm zugeordnet, doch bevor die Verhandlungen begannen, nahm sich Großmann in seiner Zelle das Leben. Er gilt als der Serienmörder mit den meisten Opfern in Deutschland, der nicht dafür verurteilt wurde.

2. Moabit: Die Geldschrankknacker Franz und Erich Sass

Franz und Erich Sass wuchsen in ärmlichen Verhältnissen im Moabit der Weimarer Republik auf. Was also tun, um nich auch ärmlich weiterzuleben? Richtig, man besorgt sich einen Schneidbrenner, um künftig professionell Tresore zu knacken. Das taten zumindest Franz und Erich 1927, auch wenn viele Versuche schief liefen, u.a. weil der Schneidbrenner zu viel Sauerstoff verbrauchte und ihnen somit die Luft zum Atmen nahm – Tresore befanden sich zumeist in Kellern. Zwei Jahre später klappte es dann endlich: In wochenlanger Arbeit gruben sie einen Tunnel vom Nachbarhaus zum Keller der Diskontobank am Wittenbergplatz, bis sie an die Außenwand des Tresorraums kamen. Insgesamt 179 der 181 Schließfächer haben sie damals geknackt und ausgeräumt. Und es hätte alles gut gehen können, wäre ihnen der Kriminalsekretär nicht wegen der vielen Fehlversuche auf die Schliche gekommen wäre. Doch die erste Festnahme wurde aus Mangel an Beweisen wieder aufgehoben und das, obwohl die beiden keinen Hehl aus ihrem Reichtum machten, mit Journalist*innen über Filmangebote sprachen und in Moabit in Robin-Hood-Manier Geldscheine in die Briefkästen der Armen steckten. Im Januar 1933 erschien es den Brüdern klüger nach Dänemark auszuwandern, doch ausgerechnet die dänische Polizei schaffte es, ihnen Einbrüche nachzuweisen und sie zu vier Jahren Haft zu verurteilen. Anschließend wurden sie direkt nach Deutschland ausgewiesen, erneut verhaftet und bei der Überführung in das KZ Sachsenhausen "auf Befehl des Führers" erschossen.

3. Schöneberg: Der KaDeWe Raub

79 Sekunden. Länger hat der arabische Clan im Jahr 2014 nicht gebraucht, um das Erdgeschoss des KaDeWes um satte 15 Uhren und Schmuckstücke im Wert von rund 817 000 Euro zu erleichtern. Absurder hätte den Raub kein Drehbuchautor schreiben können: Ein Audi parkt vor dem Eingang, fünf maskierte Männer steigen aus, stürmen mit Hammer, Machete und Reizgas bewaffnet hinein, brechen Vitrinen auf und stecken ein, was sie finden können und fliehen wieder. In nicht einmal 80 Sekunden ist alles vorbei. Die Ermittlungen führen zu einem arabischen Clan, zwei Brüder, die mutmaßlich bei der Tat dabei waren, ebenso wie deren Vater wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Von der Beute fehlt bis heute jede Spur.

4. Mitte: Der Goldmünzenraub

Und wir bleiben gleich bei Raub, denn wir sind uns jetzt schon sicher, dass der Goldmünzraub des Bodemuseums von 2017 in die Geschichte eingehen wird. Vielleicht nicht als gefährlichster, aber definitiv als einer der spektakulärsten – und wohl auch komischsten. Mitten in der Nacht sind die Täter*innen ins Bodemuseum eingestiegen und haben die 100 Kilogramm schwere Goldmünze "Big Maple Leaf" gestohlen. Mit einer Schubkarre sollen sie – einem Video nach zu urteilen – die Münze über die S-Bahntrasse abtransportiert haben. Bis heute gibt es keine Spur von der 3.8 Millionen Euro wertvollen Münze und wir würden auch behaupten, dass es die Münze wohl nicht mehr in einem Stück gibt.

5. Charlottenburg: Arno Funke alias Dagobert als Kaufhauserpresser

Arno Funke, besser bekannt als Dagobert, ging Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre in die deutsche Geschichte ein. Er erpresste 1988 das KaDeWe, in dem er zwei Bomben dort platzierte. Entzündet wurde nur eine, 500.000 DM konnte er sich dadurch ergaunern. Vier Jahre später erpresste er den Konzern Karstadt, in deren Filiale in der Mönckebergstraße in Hamburg er eine Rohrbombe platzierte – und zündete – es folgten fünf weitere Bomben. Nach einem langen Versteckspiel gelang es der Berliner Polizei 1994 ihn schließlich zu fassen. Den Spitznamen Dagobert erhielt er übrigens, weil er seine Geldübergaben immer über eine Zeitungsannonce kommunizierte: "Dagobert begrüßt seine Neffen".

6. Kreuzberg: Die RAF-Entführung von Peter Lorenz

Peter Lorenz war Landesvorsitzender der Berliner CDU und der CDU-Spitzenkandidat für die Wahl des Bürgermeisters. Am 27. Februar 1975, drei Tage vor der Wahl, wurde er von Mitglieder*innen der Terrororganisation Bewegung 2. Juni entführt. Sein Dienstwagen wurde gerammt, sein Chauffeur niedergeschlagen und Lorenz in einen Keller in Kreuzberg gesperrt, der von den Entführer*innen als "Volksgefängnis" bezeichnet wurde. Am Tag darauf schickten die Entführer*innen der dpa ein Polaroid von Lorenz mit einem Schild, auf dem sie die Freilassung von sechs RAF-Terrorist*innen forderten. Während für die CDU das Leben Lorenz im Vordergrund stand, stellte sich amtierender Bundeskanzler Helmut Schmidt gegen einen Austausch. Dennoch entschied sich die Bundesregierung für den Austausch und flog die sechs RAF-Mitglieder*innen nach Aden und Lorenz kam frei. Es war der einzige erfolgreiche Versuch der Bewegung 2. Juni, Strafgefangene gegen eine Geisel auszutauschen.

7. Mitte: Die Gladow-Bande

Raubüberfälle, Morde und der Schwarzmarkthandel gehen nicht erst seitdem arabische Clans in Berlin ihr Unwesen treiben auf das Konto von Banden, denn bereits zum Ende des Zweiten Weltkrieges haben sich hier immer wieder Banden zusammengeschlossen. Eine der berüchtigsten in Berlin war die Gladow-Bande, die nach deren Gründer Werner Gladow benannt ist. Er scharte Jugendliche um sich herum – er selbst war noch keine 18 Jahre alt, die kleinere Diebstähle für ihn ausübten. Weil er aber großer Fan von Al-Capone und Kriminalromanen war, wollte er seinen Vorbildern immer weiter nacheifern, trug schwarze Maßanzüge, führte eine weiße Krawatte als Erkennungsmerkmal ein und wickelte immer größere Deals ab. Da die West- und Ostpolizei fast nicht zusammenarbeiteten, versteckte er sich nach den Taten immer im anderen Teil der Stadt, das Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei sorgte so zumindest  lange in der Bevölkerung für Amusement, bis es bei größeren Banküberfällen zu Schwerverletzten und Toten kam. Als der junge Werner Gladow gerade einmal 18 Jahre alt war, verriet ihn die Ehefrau eines verhafteten Bandenmitglieds und er wurde als einer der ersten DDR-Bürger*innen zum Tode verurteilt. Das Leben Gladows wurde mehrfach verfilmt.

8. Schöneberg: Der Kiez-König Klaus Speer

Klaus Speer begann seine Karriere als Boxpromoter und machte sich in den 1960er Jahren als Kiez-König im Rotlichtmilieu einen Namen. Er arbeitete sich vom Lagerarbeiter zum Geschäftsführer das Apollo 11 auf der Potsdamer Straße hoch und sorgte mit Gewalt und der Unterstützung eines Bordellinhabers dafür, dass er als "Ordnungsfaktor" im Milieu etabliert wurde. Als Kiez-König sorgte Speer mit seiner Bande aber nicht nur für Ordnung, sondern trug mit Waffengewalt auch Auseinandersetzungen mit iranischen Zuhältern aus und kämpfte um die Macht im West-Berliner Rotlichtmilieu. Bei einer legendären Schießerei auf der Bleibtreustraße, die jahrelang von Berliner*innen nur noch "Bleistreustraße" genannt wurde, gab es ein Todesopfer und viele Verletzte. Im Zuge dessen wurde Speer zu 27 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Nach dem Absitzen wurde er wieder Boxtrainer und ging in die Immobilienbranche, die Kontakte zum Rotlichtmilieu brach er allerdings nie ab.

9. Mitte: Der erste durch Blutartnachweis aufgeklärte Mordfall Lucie Berlin

1904 entdeckten zwei Abfischer ein Packpapierbündel in der Spree in Mitte unter dem der Rumpf eines ca. achtjährigen Mädchens trieb, der Anzeichen auf ein Sexualverbrechen aufwies. Es wurde schnell klar, dass es sich um die vermisste Lucie Berlin aus Gesundbrunnen handelte. Der Gerichtsmediziner schreibt, dass Lucie vergewaltigt und anschließend erwürgt wurde, die Gliedmaßen seien durch "ungeschickte Hände" abgetrennt worden. Verschwunden ist Lucie aus dem elterlichen Haus, als sie auf Toilette gehen wollte (sie lag eine halbe Etage tiefer). Laut verschiedener Aussagen soll sie mit einem hinkenden Mann zwischen 30 und 40 Jahren vom Hof gegangen sein. Während der Ermittlungen stießen die Beamten auf die Prostituierte Johanna Liebetruth, deren Lebensgefährte Theodor Berger auf diese Beschreibung passt – er wurde zum Hauptverdächtigen. Bei den Verhören sagte Liebetruth aus, dass aus der Wohnung ein weißer Reisekorb fehlte und genau dieser Reisekorb wurde später von einem Bootsmann gefunden und der Polizei übergegeben. Er wurde nicht nur von Liebetruth als ihr Eigentum identifiziert, am Korb fanden sich auch Faserspuren von der Kleidung des Mädchens und Blutspuren. Erst 1901 hatte der Bakteriologoe Paul Uhlenhuth einen Test entwickelt, der Menschen- und Tierblut unterscheiden konnte. Im Fall Lucie Berlin war dies das letzte Indiz, das zur Verurteilung Theodor Bergers führte.

10. Köpenick: Hauptmann von Köpenick

Der Hauptmann von Köpenick, der eigentlich Schuhmacher war und Friedrich Wilhelm Voigt hieß, ist wohl der bekannteste Hochstapler der Stadt: Als Hauptmann verkleidet schaffte er es 1906 zunächst an der Militärbadeanstalt Plötzensee zwei Soldatentrupps unter sein Kommando zu stellen und vorbei an gutgläubigen Soldaten bis ins Rathaus Köpenick, vorzudringen und dieses zu besetzen. Er verriegelte alle Eingänge, untersagte den Verkehr auf den Gängen und verhaftete "im Namen seiner Majestät" den Bürgermeister. Er wies den Kassenrendanten an, einen Rechnungsabschluss zu machen und beschlagnahmte die Stadtkasse, wobei er die vom Rendanten erbetene Quittung mit dem Nachnamen seines letzten Gefängnisdirektors unterschrieb (von Malzahn). Nachdem er sich das Bargeld hatte ordnungsgemäß verpacken lassen, gab er seinen Truppen den Befehl, das Rathaus eine weitere halbe Stunde zu besetzen und verschwand. Zehn Tage später wurde er verhaftet und zu vier Jahren Gefängnis verurteilt.

11. Zehlendorf: Der Banküberall von Tunnel-Toni

Die Gebrüder Sass, die bereits 1927 mittels eines Tunnels den Tresorraum einer Bank leer geräumt hatten, haben 1995 Nachahmer gefunden. Die beließen es allerdings nicht beim Tunnelgraben, sondern entschieden sich dazu, ein Ablenkungsmanöver der ganz besonderen Art einzubauen. Tunnel-Toni und seine Bande gruben von einer angemieteten Garage aus einen Tunnel bis zu einer Commerzbank-Filiale. Während die Jungs unten die privaten Schließfächer leer räumten, mimten zwei Bandenmitglieder oben mit Handgranaten und Schusswaffen einen Überfall der Filiale inklusive Geiselnahme und einer Lösegeldforderung von 5 Millionen DM. Während die Polizei oben abwartete, floh die Bande inklusive Lösegeld durch den Tunnel. Gefasst wurden sie später allerdings trotzdem, übrigens von einem Ermittlerteam, von dem ein Mitglied auch den Kaufhauserpresser Dagobert schnappte.

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