11 Dinge, die du zur Europawahl 2019 wissen musst
Am 26. Mai 2019 ist Europawahl. Wenn ihr in Deutschland gemeldet seid, hattet ihr wahrscheinlich in den letzten Tagen schon einen hübschen kleinen Umschlag in eurem Briefkasten, auf den das Wort "Wahlbenachrichtigung" gedruckt ist. Und was macht ihr nun damit? Diese Europawahl ist wohl wichtiger denn je und ihr wollt bestimmt die Möglichkeit nutzen, Europa mitzugestalten – aber was genau passiert am 26. Mai eigentlich? Was genau wird da gewählt, und welche Parteien stehen überhaupt zur Wahl? Welche Themen werden bei der diesjährigen Europawahl besonders wichtig sein? Diese 11 Dinge solltest du zur Europawahl wissen.
1. Wann wird gewählt?
Ja klar, am 26. Mai – aber nicht überall. In Deutschland wird traditionell immer sonntags gewählt, die Bundestags- oder Kommunalwahlen zum Beispiel finden ja auch immer sonntags statt. Deshalb ist in Deutschland auch die Europawahl für einen Sonntag angesetzt. In anderen Ländern finden Wahlen an anderen Wochentagen statt, weshalb die Europawahl nicht in ganz Europa an einem einzigen Tag stattfindet, sondern innerhalb einer Zeitspanne. Diese Zeitspanne beginnt dieses Jahr am 23. Mai und endet am 26. Mai. Innerhalb dieser vier Tage steht es den Mitgliedsstaaten der EU frei, wann sie ihre Bürger*innen zur Wahl bitten. Alle fünf Jahre findet eine neue Europawahl statt.
2. Wie wird gewählt?
Ihr kennt diesen Satz vielleicht noch aus dem Politikunterricht in der Schule: Die Abgeordneten für das Europäische Parlament werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier und geheimer Wahl bestimmt. Das gilt für alle EU-Mitgliedsstaaten. Trotzdem gibt es Unterschiede in den verschiedenen Ländern: Die Stimmen der EU-Wähler*innen haben nämlich je nach Land unterschiedliches Gewicht. Das liegt zum einen daran, dass es in manchen EU-Staaten unterschiedliche Prozent-Hürden für den Einzug von Parteien ins EU-Parlament gibt – in Deutschland gibt es bei der Europawahl keine Sperrklausel. Außerdem ist die Zahl der Abgeordneten eines Landes nicht genau proportional zu deren Einwohnerzahl. In manchen Staaten (zum Beispiel Belgien oder Luxemburg) besteht außerdem Wahlpflicht zur Europawahl, was natürlich dort für eine höhere Wahlbeteiligung sorgt.
3. Wer darf wann wo wählen?
Jeder EU-Bürger darf ab dem Alter von 18 Jahren bei Europawahlen wählen. Die einzige Ausnahme: In Österreich darf man bereits ab 16 an der Wahl teilnehmen. Viele Parteien fordern, dass auch in Deutschland und anderen EU-Staaten die Altersgrenze auf 16 herabgesetzt wird. Wer für die Europawahl wahlberechtigt ist, kann in seinem Heimatland wählen – oder in dem Land, in dem er seinen Wohnsitz angemeldet hat. Am 26. Mai kannst du dann in dem Bezirk, in dem du gemeldet bist, persönlich zur Wahl erscheinen. Mitbringen musst du deine Wahlbenachrichtigung und deinen Personalausweis oder ein anderes offizielles Ausweisdokument (Reisepass oder Führerschein). Die Wahllokale sind an diesem Tag bis 18 Uhr geöffnet.
4. Kann ich auch per Brief wählen?
Auch bei der Europawahl kann man Briefwahl beantragen, wenn man am Tag der Wahl nicht zuhause ist, körperlich eingeschränkt ist oder aus irgendwelchen anderen Gründen nicht persönlich zur Urne gehen kann. Die Unterlagen für die Briefwahl bekommt ihr zugeschickt, indem ihr den Vordruck zur Briefwahl abschickt, der sich auf der Rückseite eurer Wahlbenachrichtigung befindet. Ihr könnt die Briefwahl aber auch ganz easy online beantragen: Das läuft dann meistens direkt über die Gemeinde, in der ihr gemeldet seid. Ihr googelt also zum Beispiel einfach "Berlin Kreuzberg Europawahl Briefwahl", gebt eure Daten ein und fertig. Den ausgefüllten Wahlschein solltet ihr sicherheitshalber spätestens drei Werktage vor der Wahl (also bis zum 23. Mai) zurückschicken, damit alles rechtzeitig ankommt. Innerhalb Deutschlands kostet das übrigens nichts – wer sich im Ausland befindet, kann auch per Briefwahl in Deutschland wählen, muss dann allerdings das Porto bezahlen.
5. Was genau wird überhaupt gewählt?
Okay, ihr wisst, wie ihr wählen könnt, so schwer ist das Ganze ja auch gar nicht. Aber was genau wird am 26. Mai gewählt? Nun, das Parlament der Europäischen Union hat 750 (mit dem Präsidenten 751) Sitze und jedes EU-Land bekommt davon eine bestimmte Anzahl. Für Deutschland sind es zum Beispiel 96 Sitze. Bei der Europawahl werden nun die Abgeordneten für das Parlament gewählt. Hierbei hat jede*r Wahlberechtigte nur eine Stimme (so etwas wie die Zweitstimme bei der Wahl des deutschen Bundestages gibt es nicht). Auch hier gibt es aber Unterschiede in den EU-Mitgliedsstaaten: Bei manchen kann man auf dem Wahlzettel direkt ein Kreuz bei bestimmten Kandidaten setzen, bei anderen (auch in Deutschland) stehen nur die Parteien auf dem Wahlzettel, die die Rangfolge ihrer jeweiligen Kandidaten selbst bestimmen.
6. Was ist die Funktion des EU-Parlaments?
Das Europaparlament vertritt die Interessen der EU-Bürger*innen. Dabei werden vor allem Gesetze verabschiedet. Das EU-Parlament entwirft und beschließt Gesetze, die für die gesamte EU gelten; das läuft so ab, dass die Europäische Kommission einen Gesetzesentwurf vorlegt, der dann vom Parlament beschlossen wird. Außerdem kann das Parlament über den EU-Haushalt mitbestimmen, also mitentscheiden, wofür wie viel Geld ausgegeben wird. Außerdem wählt das EU-Parlament den Präsidenten oder die Präsidentin er Europäischen Kommission. Die Abgeordneten im EU-Parlament sind bei den Abstimmungen über neue Gesetzesentwürfe unabhängiger als zum Beispiel die Abgeordneten im Bundestag; sie können bei jeder Abstimmung selbst entscheiden, für welchen Entwurf sie stimmen, weil sie nicht an Regierungs- und Oppositionsparteien gebunden sind.
7. Wer steht zur Wahl? Welche Parteien gibt es?
In jedem Land treten nationale Parteien zur Europawahl an. Das sind in Deutschland die Parteien, die zum Beispiel auch bei den Bundestagswahlen zur Wahl stehen: CDU, SPD, die Grünen und so weiter. Die Kandidaten dieser Parteien, die schließlich ins Europaparlament einziehen, werden dort dann Teil von einer der neun Fraktionen, denn die nationalen Parteien schließen sich zu sogenannten Europaparteien zusammen. Es ist also wichtig, sich vor der Wahl darüber zu informieren, zu welcher dieser Fraktionen sich welche Partei zuordnet. Die deutschen "Grünen" gehören zum Beispiel auch im Europaparlament zu den "Grünen" – logisch. Andere Fraktionen haben aber natürlich ganz andere Namen; die SPD gehört zum Beispiel zur "Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten", die FDP zur "Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa" und die CDU zur "Europäischen Volkspartei". Eine Auflistung der Fraktionen im Europäischen Parlament findet ihr zum Beispiel hier.
8. Wer sind die Spitzenkandidaten?
Bei der letzten Europawahl 2014 gab es zum ersten Mal überhaupt Spitzenkandidaten. Das hatte zum Ziel, die Europawahlen mehr mit Persönlichkeiten zu verknüpfen und den jeweiligen Parteien somit ein Gesicht zu geben. Allein in Deutschland treten für die verschiedenen Parteien insgesamt 1380 Kandidatinnen und Kandidaten an. Da die Wähler*innen in Deutschland ihre Stimme für eine Partei abgeben und nicht direkt für einen Kandidaten, ist die Reihenfolge auf der Kandidatenliste einer Partei entscheidend; vor allem bei kleineren Parteien, für die oft nur eine oder zwei Personen ins Parlament einziehen. Wer auf dem ersten Listenplatz der deutschen Parteien steht, könnt ihr zum Beispiel hier nachschauen.
9. Wie ging die letzte Europawahl aus?
Bei der letzten Europawahl vor fünf Jahren lag die Wahlbeteiligung in Deutschland gerade mal bei 48,1 Prozent. Die CDU bekam damals 30 Prozent der Stimmen, gefolgt von der SPD mit 27,3 Prozent. Bei der Verteilung der Fraktionen im EU-Parlament nimmt die Europäische Volkspartei (EVP), zu der die CDU gehört, mit 216 Sitzen den größten Anteil ein; die Sozialdemokraten halten aktuell noch 185 Sitze. Die EKR (Europäische Konservative und Reformer) haben mit 77 Sitzen momentan den drittgrößten Anteil, gefolgt von den Liberalen (69 Sitze) und den Grünen (52 Sitze).
10. Was sind die wichtigsten Themen bei dieser Europawahl?
Ja, was passiert denn nun eigentlich mit Großbritannien? Wie der Brexit vonstatten gehen wird und was danach kommt, das weiß immer noch keiner so genau. Großbritannien ist nicht das einzige Land, in dem EU-kritische Stimmen immer lauter werden – die Spannungen vor der diesjährigen Europawahl sind deshalb wohl größer als je zuvor. In zahlreichen europäischen Ländern bekommen rechtspopulistische Parteien und Strömungen immer mehr Zulauf; bei dieser Europawahl ist es also wichtiger denn je, seine Stimme gegen Rechts und somit gegen Rassismus, Intoleranz und Hetze einzusetzen. Außerdem Auch das Thema Umweltpolitik wird bei dieser Wahl wohl eine große Rolle spielen.
11. Was passiert, wenn ich nicht wähle?
Europa betrifft uns alle. Das EU-Parlament ist das einzige direkt gewählte Organ der Europäischen Union – jede*r sollte also diese Möglichkeit nutzen, die Zukunft der EU mitzubestimmen. Viele politische Entscheidungen werden nicht mehr auf der Ebene eines einzelnen Staates getroffen, sondern sind für alle Mitgliedsstaaten der EU verbindlich, deswegen ist es umso wichtiger, dass die Interessen von allen Bürger*innen der EU auch im Parlament vertreten werden. Und ganz ehrlich: aus Protest gegen die aktuelle Politik nicht zu wählen, ergibt einfach keinen Sinn. Wer seine Stimme nicht nutzt, lässt andere über seine eigene Zukunft entscheiden – und im Zweifel haben so die Stimmen der Parteien, mit deren Grundsätzen man wirklich überhaupt nicht übereinstimmt, mehr Gewicht. Jede Stimme zählt!