Mit Robben & Wientjes verliert Kreuzberg mehr als einen Autoverleiher
Update vom 19.02.2018: Vor einigen Tagen berichteten wir, dass sich der traditionsreiche Autoverleiher Robben & Wientjes aus Kreuzberg zurückziehen wird. Mittlerweile wurde bekannt, dass ab Ende Mai auch in Prenzlauer Berg keine Fahrzeuge mehr verliehen werden. Wie auch das Kreuzberger Grundstück wurde das Gelände an der Prenzlauer Allee nun von den Gründern Dietmar Robben und Ulrich Wientjes verkauft. Käufer ist aber nicht der vormalige Konkurrent Buchbinder, der das Geschäft im vergangenen Jahr vom scheidenden Duo übernommen hat, sondern ein anderer, bisher namentlich nicht bekannter Immobilieninvestor. Zugleich verkündete der Neueigentümer Buchbinder, dass in den verbleibenden Filialen in der Neuköllner Lahnstraße, der Scharnweberstraße in Reinickendorf und künftig auch in der Lichtenberger Siegfriedstraße ebenfalls ab Mai Fahrzeuge erstmals online gebucht werden können.
Mit dem Verkauf der Stammimmobilie ist das Aus des traditionsreichsten Standorts von Robben & Wientjes besiegelt. Vor 40 Jahren eröffneten Dietmar Robben und Ulrich Wientjes ihren ersten Autoverleih in der Kreuzberger Prinzenstraße. Bereits im vergangenen Jahr verkündeten die beiden Geschäftsführer, dass sie ihr Unternehmen an den Konkurrenten Buchbinder veräußert hätten. Nun wurden mehrere Grundstücke in einem gesonderten Verfahren an den Kölner Projektentwickler Pandion verkauft, der auf den Flächen Platz für neue Gewerbetreibende schaffen möchte. Spätestens Ende Mai rollt das letzte Auto vom Gelände.
Kreuzberg muss künftig also auf Robben & Wientjes verzichten. Das ist insofern schmerzlich, da das Traditionsunternehmen seit vielen Jahrzehnten fest zum Stadtbild gehört. Wann immer man in der Gegend rund um den Moritzplatz unterwegs war (später auch auf der Prenzlauer Allee und in der Lahnstraße), sah man die Pritschen und Kastenwagen mit der lustigen Robbe als Marken-Print neben dem grandiosen Namen der Firmengründer, die mal ungeübt langsam, mal im Sausetempo kreuz- und quer über die Straßen schossen, um Berlinern und Zugezogenen ein tapferer Begleiter bei ihren Umzügen zu sein. Eine Spontanbefragung in unserem Büro ergab, dass bisher noch alle Kollegen auf die günstigen Fahrzeuge zurückgegriffen hätten, die es ab 2,50 Euro pro Stunde gibt und die mittlerweile ohne Reservierung nicht mehr (oder nur noch mit ganz, ganz viel Glück) zu haben sind.
Die kettenrauchenden und stets verkatert wirkenden Mitarbeiter von Robben & Wientjes, die noch immer mit analogen Wochenplänen arbeiten, sind Unikate auf dem hipsterisierten Start-up-Markt
Doch nicht nur der günstige Preis machte das Unternehmen so wertvoll, auch die lässige Berliner Attitüde war stets faszinierend. Es gibt heute wohl kaum noch ein Unternehmen, das mit mehr Lässigkeit unterwegs ist. Werbung und Social Media – es existiert nicht einmal eine Facebook-Seite – sind Robben & Wientjes ebenso egal wie schlechte Bewertungen und meckernde Kunden, die mit derbster Berliner Schnauze aus dem Laden komplimentiert werden, insofern sie nicht einfach mit Ignoranz gestraft werden.
Überhaupt sind die Mitarbeiter Unikate auf dem hipsterisierten Start-up-Markt. Wo erlebt man heute noch Menschen im Servicebereich, die ihren Kaffee runterspülen, sich eine Fluppe anzünden (auch das ist in der Berliner Landschaft singulär!) und mürrisch auf der Suche nach einem Fahrzeug, das nicht völlig verkeimt ist, durch die Gegend schielen. Hatte man dann endlich sein Gefährt, stellte man nicht selten fest, dass der Tank mehr als leer war und man noch auf dem Hof stecken blieb. Dafür fand sich an anderen Tagen Werkzeug und Geld in den Fahrzeugen. Mit etwas Glück hatte man so die Miete gleich wieder raus.
Ob der Geist der beiden Firmengründer auch noch im Unternehmen weiterlebt, wenn es einige Zeit bei Buchbinder etabliert ist, bleibt fraglich. Zumindest aus dem Stadtbild sollen die Robben nicht verschwinden, mehr noch: Im April wird in Lichtenberg sogar eine neue Filiale eröffnet. Spätestens dann zeigt sich, in welche Richtung sich Robben & Wientjes entwickeln wird.