Diese Gedenkstätte für einen Obdachlosen soll den Berlinern die Augen öffnen

© Annik Walter

Vor genau einem Monat, am 05.12., fährt die Polizei in Friedrichshain zu einem Einsatz. Ein obdachloser Mann liegt leblos unter der Brücke an der S-Station Frankfurter Allee. Als die Polizei eintrifft, kann sie nur noch seinen Tod feststellen. Unter der Brücke entsteht eine Gedenkstätte für Waldemar, so der Name des Mannes, errichtet von einem Unbekannten. An dem Ort, an dem die Menschen sonst auf dem Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen in Gedanken versunken vorbeilaufen, bleiben jetzt viele stehen. Eine Gedenktafel erzählt Waldemars Geschichte – und richtet den Blick der Passanten auf die Schicksale der Stadt, die sie im Alltag oft ignorieren.

Waldemar stammte ursprünglich aus Polen. Vier Jahre arbeitete er in Berlin als Selbstständiger. Durch Rückstände an Zahlungen verlor er seinen Beruf, seine Wohnung und schließlich jeglichen sozialen Rückhalt. Weil er nicht aus Deutschland kam, wurden ihm gewisse Sozialleistungen verwehrt. Die letzten Monate verbrachte er auf der Straße. Schließlich starb er, weil er schwer krank war.

Die Kerzen und Schilder unter der Brücke an der Frankfurter Allee erinnern uns daran, dass wir nicht wegschauen sollten, wenn es um Obdachlose geht. Nicht alle wählten ihr Schicksal freiwillig. Es gibt unter ihnen viele, die wieder Arbeiten und sich ein Leben aufbauen wollen. Anstatt betreten zur Seite zu schauen und vorschnell zu urteilen, sollten wir das nächste Mal eher überlegen, wie wir helfen könnten. Schließlich geht es immer noch um Menschen.

Gibt es denn keine Lösungen?

Es gibt viele Organisationen, Ausstellungen und Hilfsprojekte, die auf das Problem der rund 52.000 Menschen ohne Unterkunft (Zahlen der Bahnhofsmission Zoologischer Garten) in Berlin aufmerksam machen. Denn wer einmal obdachlos ist, schafft es selten allein wieder zurück in ein normales Leben. Ohne Wohnung keinen Job, ohne Job keine Wohnung. Beispiele für diese Zwickmühle gibt es zu genüge. So suchten vor einiger Zeit zwei Obdachlose über ebay eine Wohnung, da sie anders im wahrsten Sinne des Wortes keinen Fuß in die Tür bekamen.

Waldemars Geschichte ist nur eine Erinnerung an die großen sozialen Probleme, die wir auf der Straße, vor unseren Augen finden können – und von denen wir uns nicht abwenden sollten. Die Gedenkstätte auf der Frankfurter Allee könnte zumindest manchen Leuten die Augen öffnen.

Zurück zur Startseite