Woran liegt es, dass so viele unserer Pläne fürs Wochenende scheitern?

© Kerstin Musl

Freitag, 16 Uhr. Die ganze Woche habe ich für diesen Moment gelebt. Das Wochenende ist zum Greifen nah. Nur noch schnell drei-, viertausend Dinge von der To-Do-Liste abarbeiten, die angesammelten Kaffeetassen aus einer Woche aus dem Büro zusammenräumen und dann ab zurück ins echte Leben. Erst zum Dinner mit Freunden, dann was trinken in der Lieblingsbar und dann, ja dann geht's erst richtig los. Abtanzen im Club, nochmal weiterziehen und im Morgengrauen nach Hause. Dann am Samstag das Ganze nochmal auf Repeat. In spätestens einer Stunde befinde ich mich bereits auf dem Weg ins brodelnde Nachtleben. Ach was, ich BIN das Nachtleben, ich spüre es förmlich – Hände hoch, Wochenende! Oder wie das heißt.

Freitag, 17 Uhr. Ich liege mit dem Gesicht nach unten im Bett und sabbere dösend ins Kissen. Wie soll ich jemals wieder aufstehen? Wer war diese Person, die vor einer Stunde noch die Tanzflächen der Stadt unsicher machen wollte? Ich jedenfalls ganz sicher nicht. Ich wünsche mir jetzt nichts sehnlicher als eine Tasse Tee, eine Aromaöl-Massage und einen Netflix-Marathon. Bis Montagfrüh werde ich mein Bett nicht mehr verlassen, so viel ist sicher. Vielleicht sollte ich noch jemanden finden, der mich alle 6 Stunden umdreht, damit ich nicht wundliege. Gut, dass mir gerade eine Freundin schreibt, die frage ich doch direkt, während ich im gleichen Atemzug unsere Verabredung absage. "Hä, was ist denn passiert? Vorhin warst du doch noch voll motivert?", fragt sie.

Mit Vollgas ins Erschöpfungsloch

Zu Recht. Was ist passiert? Ich kann mir den plötzlichen Energieverlust und 180°C-Stimmungsumschwung selbst nicht wirklich erklären. Diese Phase am Freitagnachmittag, zwischen Mittagstief und Feierabend, sie ist heikel. In der Transitphase zwischen unserem Selbst als Kollege oder Kollegin und Wochenend-Ich tut sich ein kleines Leck auf. Zwischen Verlässlichkeit, Pünktlichkeit und Verantwortungsbewusstsein und der Person, die auf der Tanzfläche das Airhorn mitsingt, gibt es diesen einen Moment der Verletzlichkeit und wer nicht mehr genügend Schwung mitbringt, um wie bei Mario Kart darüber hinwegzuschanzen, der fällt hinein ins Erschöpfungsloch.

Rien ne va plus – weil man plötzlich merkt, wie fertig man eigentlich ist. Von der aktuellen Arbeitswoche und der Woche davor und der Woche, die noch kommt und überhaupt. Wenn man den Fehler macht, in sich hineinzuhorchen, fällt einem die eigene Anspannung, das innere Stresslevel und das Lebenstempo plötzlich viel zu bewusst auf. So, wie wenn im Zug aus dem Fenster sieht und nicht auf den langsam vorbeiziehenden Horizont blickt, sondern nach unten schaut auf die vorbeirasenden Gleise. So ein Moment ist der Freitagnachmittag.

Zum Arbeiten braucht man Energie – zum Erholen aber auch

Einzige Lösung auf diesen Schock: eine Vollbremsung mit quietschenden Reifen. Intuitiv entsteht der Wunsch, sich sofort einzurollen und sich mit Nichtstun, also dem anderen Extrem, zu kurieren. Kann ja nur helfen und überhaupt ist man schon viel zu ausgelaugt, um sich jetzt noch ein Alternativprogramm zu überlegen. Aber ist das eigentlich so clever, mit dem eigenen Lebenstempo auf diese Art und Weise Ping-Pong zu spielen? Freilich nicht. Meistens bekommt man zwar nach einer etwas längeren Nachmittagspause dann doch wieder genügend Lebensenergie zurück, um nicht zwei Tage komplett unterzutauchen. Aber ein wenig Bedrückung bleibt: Sollte man nicht mit mehr Energie in die Freizeit starten?

Ich finde: ja. Wer die Situation kennt, freitagabends dann doch entgegen der eigenen Pläne komplett ausgeknockt einfach liegen zu bleiben, der sollte dringend seinen Energiehaushalt überprüfen. Dass die eigene Kraft für die Arbeit reicht, ist gut, aber auch für bewusste und gute Erholung braucht man welche. Nicht umsonst spricht man von aktiver und passiver Erholung. Daher mein Tipp: realistisch planen und auch von vornherein die Downtime ins Wochenende einplanen. Und nein, einen Kater auszuschlafen zählt nicht als Downtime.

Ich zumindest werde nächsten Freitag eine heiße Homeparty veranstalten und frühestens Samstagnachmittag wieder ans Tageslicht treten. Auf der Gästeliste: Heizdecke, alle Filme mit allen Schauspielern, in die ich jemals verliebt war (Hugh Grant, Tom Schilling, Fiete von den Pfefferkörnern) und einer Flasche Grauburgunder (Werbegeschenk). Wer mitmachen möchte, ist herzlich ausgeladen und soll sich gefälligst ein eigenes Programm überlegen. Ceeeelebrate good times, come on!

Nein, einen Kater auszuschlafen zählt nicht als Downtime.
Zurück zur Startseite