"Still zu sein heißt stille Zustimmung" – Wie es ist, derzeit in New York zu leben

© Matze Hielscher

Die gute Nachricht zuerst: Es gibt Hoffnung.

Auch wenn ich mich in Anbetracht der letzten zwei Wochen in New York fühle, als wenn der Anfang des Neuen ein schmerzhaftes Aufwachen ist. Auf den Straßen gibt es kein anderes Thema als die Politik unseres neuen Präsidenten Trump. Lauscht man den Gesprächen, so wird schnell klar: Die New Yorker sind nicht nur not happy, sie sind stinksauer.

Der morgendliche Weg vom East Village zum Büro läuft sich aktuell wie eine Zeitreise zu "MFG" von den Fanta Vier. Denn der Vorhang der Nacht hebt sich hier über die letzten Überbleibsel gestriger Demos und verärgerter Mitbürger. Bunt bemalte Schilder mit Abkürzungen wie SOS, NO KKK oder LGBT säumen den Weg. Bunte Mahnmale aus Pappe und Holz zeichnen das Bild einer weinenden Freiheitsstatue. Aktuell ist so einiges in den USA "nicht okay".

Die New Yorker sind nicht nur not happy, sie sind stinksauer.

Seit einem Jahr leben mein Mann und ich nun in New York City. Diese Stadt ist wie eine Blase, zusammengehalten aus verschiedensten Nationen, Kulturen, Sprachen und Interessen. Noch nie zuvor in meinem Leben habe ich so aktiv und laut meine Stimme genutzt wie hier. Egal ob bei Demos für Black Lives Matter, Frauenrechte, Immigrantenschutz oder für die Rechte von Mexikanern und Muslimen. Für die Freiheit eine Wahl zu haben. Für meine Freunde, die ohne Papiere hier sind. Für eine deutliche Führungsrichtung in der Politik von Donald Trump.

New York hat mich Toleranz gelehrt. Die Leute, mit denen ich auf dieser Insel namens Manhattan auf kleinstem Raum lebe, lehren mich, dass ich eine Stimme habe und es wichtig ist meine Meinung zu vertreten. Still zu sein heißt eben auch stille Zustimmung.

Empfohlener redaktioneller inhalt

An dieser Stelle findest du einen externen Inhalt, mit dem wir den Artikel bereichern.
Du kannst ihn dir mit einem Klick anzeigen lassen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden.
Beim Laden des Inhalts akzeptierst du die Datenschutzerklärung.

A post shared by @thechoirgirls on

New Yorker sind hartnäckig. Schockstarre, Fassungslosigkeit oder Angst sind Antrieb für Bewegung und nicht Grund für Aufgabe. Sichtbar werden. So schnell lässt sich ein New Yorker nicht unterkriegen.

Noch nie zuvor in meinem Leben habe ich so aktiv und laut meine Stimme genutzt wie hier.

“Resist” ist das Wort, das in den letzten Tagen am häufigsten fällt. Ob im Supermarkt, in der U-Bahn oder eben auf Demos. Sticker mit geballten Fäusten aller Hautfarben säumen die Ampeln, die Cafés in unserem Viertel haben sich zusammengetan und verteilen kostenlose Buttons. Anwälte bleiben in Bereitschaft. Einige stehen mit Schildern am Union Square und geben Betroffenen kostenlose Hilfe. “Wir sind die Popular Vote, die Stimme des Volkes und wir rufen Widerstand.” Die Sprechchöre auf den Straßen gehören genau wie kreisende Helikopter über uns mittlerweile zur Tagesordnung. Mal sind es kleinere, mal größere Gruppen, die abwechselnd für das Recht der Immigrants und Refugees ihre Stimme erheben. Denn hier sind alle zu 100% immigrants. Feiernd und klatschend ziehen am Freitag selbst Schulklassen durch die Stadt um das neue Urteil gegen den Einreisestopp zu bejubeln. Während Trump sein Bankett mit Sympathisanten des KKK und Nationalisten schmückt, füllen sich die Straßen New York Citys mit bunter Vielfalt.

Empfohlener redaktioneller inhalt

An dieser Stelle findest du einen externen Inhalt, mit dem wir den Artikel bereichern.
Du kannst ihn dir mit einem Klick anzeigen lassen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden.
Beim Laden des Inhalts akzeptierst du die Datenschutzerklärung.

Meine Freunde aus der Heimat fragen mich am Telefon, ob wir nicht Angst haben, wie sich alles entwickelt. Meine US-Freunde sagen: Völlig klar, was wir jetzt machen. Raus auf die Straße. Zusammen einstehen. An Planned Parenthood spenden. Wer keine Zeit hat, spendet zumindest Kaffee und Sandwiches für die Protestierenden. Tun, was richtig ist, nicht was leicht ist.

Die Sprechchöre auf den Straßen gehören genau wie kreisende Helikopter über uns mittlerweile zur Tagesordnung.

Hier glauben alle daran, dass sich durch Trump ein elementarer Links-Ruck durchs Land ziehen wird. Ein neuer Zusammenhalt wird entstehen. Ein Zeichen an die Menschlichkeit. Das Gute wird gewinnen, die Hoffnung stirbt schließlich zuletzt. Noch im November hat Bürgermeister di Blasio in seiner Rede klar gemacht, dass die Werte dieser Stadt sich keinem Präsidenten Trump beugen werden. Dass er alle erdenklichen Mittel nutzen wird, um für unsere Leute zu stehen. “This is New York. Nothing about who we are changed on Election Day.”

Empfohlener redaktioneller inhalt

An dieser Stelle findest du einen externen Inhalt, mit dem wir den Artikel bereichern.
Du kannst ihn dir mit einem Klick anzeigen lassen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden.
Beim Laden des Inhalts akzeptierst du die Datenschutzerklärung.

A post shared by nasty signs (@nastysigns) on

Das größte Potenzial zur Veränderung kam schon immer durch die Krise. So wird an vielen Fronten der Widerstand geprobt. Auf den Straßen, an Flughäfen, via social media. Viele kleine Schritte, die in der Summe Großes bewegen können. Noch hoffen alle auf den bahnbrechenden Erfolg. Auf ein Einknicken des Präsidenten. Auf einen Appell, der seine Menschlichkeit trifft. Denn irgendwo muss es doch stecken, das Herz im Herrn Trump.

Hier glauben alle daran, dass sich durch Trump ein elementarer Links-Ruck durchs Land ziehen wird.

Maria Christina arbeitet als Consultant und Mentorin in New York City.
Mit ihrer Arbeit ermutigt sie dich, neue Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen und deine Träume zu leben. Ihr nächster Workshop findet im März in Hamburg statt.
Alle Infos gibt’s hier.

Zurück zur Startseite