Wie sinnvoll sind die neuen Verwarnungskarten gegen sexistische Werbung?

© Matze Hielscher

Schon seit einigen Monaten setzt sich der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gegen Sexismus in der Werbung ein und erntet für die Aktion zurecht viel Lob. Nun wurde ein Leitfaden herausgegeben, der es Bürgerinnen und Bürgern noch leichter machen soll, Unternehmen auf ihre sexistische Werbung hinzuweisen und deutlich zu machen, dass damit keine Kunden und vor allem Kundinnen gewonnen, sondern verloren werden. Denn die vermeintliche Käuflichkeit weiblicher Körper sollte nicht als Werbebotschaft für Produkte verwendet werden.

Neben einer Kriterienliste, woran man sexistische Werbung erkennt, sowie einer Reihe von Meldestellen und deren Kontaktdaten enthält der Leitfaden auch eine Postkarte, die KonsumentInnen an Unternehmen schicken können. Darauf steht "Herzlichen Glückwunsch! Sie haben gerade mit Ihrer sexistischen, diskriminierenden und frauenfeindlichen Werbung eine Kundin verloren. Und Sie wissen: Eine Kundin zieht 10 weitere nach sich". Das kann man als einen Teil der Strategie ansehen, auf möglichst vielen Wegen Kritik an sexistischer Werbung zu üben und damit bis in die Briefkästen und auf die Schreibtische der Verantwortlichen zu gelangen. Denn Mails und Anrufe kann man ignorieren, handfeste Post nicht. Oder zumindest nicht so gut.

So sieht die Vorderseite der Karte aus. © Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg
Und so die Rückseite. © Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg

Wer drohen muss, wirkt schnell persönlich beleidigt und machtlos.

Allerdings stellt sich die Frage, wie ernst ein Unternehmen, dass mit sexistischen Inhalten für sich wirbt, eine kleine rote Karte mit einer passiv-aggressiven Botschaft inklusive Drohung nimmt. Mit dieser Kommunikationsstragie macht sich der/die KartenschreiberIn und damit die gesamte Kampagne schwächer, als sie eigentlich ist. Wer drohen muss, wirkt schnell persönlich beleidigt und machtlos. Und wohl kaum eine Firma wird wegen roter Verwarnungskarten eine neue Werbestrategie in Auftrag geben. Sinnvoller wäre gewesen, Online-Petitionen zu starten oder die zuständige Aktionsgruppe dafür zu nutzen, im großen Stil die verantwortlichen Werbeagenturen sachlich auf Augenhöhe zu kontaktieren. Eine schlechte Idee sind die Karten grundsätzlich nicht, aber eine Botschaft, die so viele Menschen betrifft, sollte rational und kommunikativ so klug angegangen werden, wie es seine Relevanz gebietet.

Wohl kaum eine Firma wird wegen roter Verwarnungskarten eine neue Werbestrategie in Auftrag geben.
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