Das sind die Pläne für das RAW-Gelände
Im März 2015 berichteten wir das letzte Mal ausführlich über das RAW-Gelände. Damals wurde bekannt, dass die Kurth Immobilien GmbH den Westteil des Geländes mit Astra, Urban Spree, Cassiopeia und Suicide Circus für 20 Millionen Euro kaufte. Seitdem schwieg sich Lauritz Kurth, Juniorchef der Kurth-Gruppe, über die Pläne für das Gelände aus und ließ die Clubs im Unsicheren über ihre Zukunft. Gleichzeitig versicherte er aber, dass die bisherige kulturelle Nutzung erhalten beziehungsweise ausgebaut werden solle.
Nun wurde bekannt, was Kurth vorhat, wie die Berliner Zeitung berichtet. Fest steht: Es wird gebaut (ab wann ist noch nicht klar) und zwar vier- bis fünfmal so viele Gebäude, wie sich jetzt auf dem Gelände befinden. Das erste Szenario sieht mehrere sieben- bis achtgeschossige, dicht aneinander gebaute Neubauten vor.
Das zweite Szenario zeigt weniger Neubauten, allerdings soll an der Warschauer Straße ein 14-geschossiges Hochhaus entstehen.
Egal, welches Szenario am Ende Wirklichkeit wird, in beiden Fällen werden die kleineren Clubs und Bars wie Astra, Suicid Circus, Urban Spree und die Bar zum Schmutzigen Hobby weichen und an einem anderen Ort auf dem Gelände wieder eröffnen müssen. Schon häufiger mussten in Berlin Clubs schließen, umziehen und (immerhin) erfolgreich wiedereröffnen, zuletzt etwa die legendäre Hafenbar, Heideglühen, Magdalena, Privatclub oder YAAM. Aber nicht etwa, weil es ihnen an dem ehemaligen Standort zu langweilig wurde, sondern weil sie aufgrund von Investoreninteressen verdrängt wurden – und das ist das Problem. Auch auf dem RAW-Gelände.
Kurt versichert zwar, dass die kulturellen Projekte und das Nachtleben erhalten bleiben sollen und er "kein cleanes Gelände" wolle, wie es zum Beispiel gerade 100 Meter Luftlinie weiter um die Mercedes-Benz-Arena entsteht. Dennoch solle das Areal "aufgewertet" werden – zum Beispiel mit einem Biomarkt, kleine Designerläden Handwerker, einer Drogerie oder einem Kaiser’s. Soweit, so langweilig.
Warum muss in Berlin alles immer "aufgewertet" werden?
Warum muss in Berlin aber alles immer "aufgewertet" werden? Wer bestimmt, was nicht wert genug ist, dass es so bleiben kann, wie es ist? Das RAW-Gelände hat deshalb so viel Kultur und Kreativität hervorgebracht, weil es die offenen Strukturen dafür hatte, weil es Menschen den nötigen Freiraum gegeben hat, um sich kreativ auszuleben. Warum denken Politiker, dass Kreativität in einem geregelten Umfeld entsteht, in dem man aufpassen muss, dass man keine Farbe auf den neuen Beton kleckst und mit seiner Bandprobe Mieterbeschwerden erhält?
Kurth meint, dass das Gelände komplett in Stand gesetzt werden müsse. Wege, Strom-, Wasser- oder Sanitärleitungen seien überaltert. Aus Investoren- und potenzieller Mietersicht natürlich verständlich. Wer zieht schon für viel Geld in ein marodes Haus oder investiert Millionen in ein Gelände, das er dann nicht gewinnbringend sanieren kann. Und natürlich: Das alles ist ein normaler Teil der Stadtentwicklung, die uns immer wieder zwingt, neue (kreative) Räume zu erschließen.
Es ist noch nicht absehbar, wie sich das RAW-Gelände – auch für die ansässigen Clubs und Projekte – entwickelt. Aber der jetzige Charme wird mit den Bauarbeiten nicht aufrecht erhalten werden können.