"Humanitäre Katastrophenlage" – Die Situation vor dem LaGeSo in Moabit hat sich immer noch nicht verbessert
Für kurze Zeit sah es so aus, als hätte sich die Lage vor dem Landesamt für Soziales und Gesundheit in Berlin-Moabit entspannt, wo seit mehreren Wochen hunderte Flüchtlinge campen. Die Bürgerinititaive "Moabit hilft", die seit Anfang August ehrenamtlich die organisatorische Leitung vor dem LaGeSo übernommen hat, sollte diese Woche von dem Wohlfahrtsverband Caritas abgelöst werden. Mittlerweile ist die Situation weiter eskaliert.
"Moabit hilft" berichtete gestern zunächst in einer Pressemitteilung, dass Unterstützung von offizieller Seite weiterhin fehle und die Caritas nicht vor Ort sei. Diana Henniges, Pressesprecherin von "Moabit hilft", bestätigte mir heute in einem Telefonat: "Die Caritas macht hier genau nichts, außer ein paar Kisten schleppen." Vor Ort seien drei Helfer, die sich derzeit in die logistischen und organisatorischen Abläufe einarbeiteten. Henniges beklagt, dass die Caritas am LaGeSo zwar für eine Woche unterstützend helfen soll, aber das eben auch nur für eine Woche. Wie es dann weitergehe, ist auch nach mittlerweile zwei Gesprächen mit dem Leiter des LaGeSo, Franz Allert, und Vertretern der Politik, noch nicht klar.
Die Caritas macht hier genau nichts
Mittlerweile geht es nicht nur um die Grundversorgung mit Lebensmitteln (die von "Moabit hilft" durch privat gespendetes Catering und einen Kühlwagen derzeit noch sichergestellt wird, aber Montag endet), sondern auch um ärztliche Notfälle. Henniges erzählt, dass die Johanniter-Unfall-Hilfe zwar einen Notarzt und zwei Sanitäter vor Ort bereitgestellt haben, aber nicht schlimmere Verletzungen behandeln können. Es gäbe Flüchtlinge mit Verbrennungen, offenen Wunden, infektiösen Krankenheiten, Knochenbrüche und Suizidversuche, berichetet Henniges und "wir bezahlen noch verschreibungspflichtige Medikamente aus eigener Tasche".
"Weder Mario Czaja (Sozialsenator von Berlin; Anm. d. Red.), noch Bürgermeister Michael Müller waren bisher hier. Es gibt kein Statement.", beklagt Henniges die Unfähigkeit und Untätigkeit der Politik. Natürlich könne ein Bürgerverein nicht professionelle humanitäre Hilfe leisten. "Wir haben hier eine humanitäre Katastrophenlage, aber natürlich möchte die Politik das nicht so betiteln.", sagt Henniges.
Dennoch gebe es Fortschritte in der Kommunikation. In einem neuen Statement berichtete "Moabit hilft", dass sich das Verhältnis zur LaGeSo verbessert habe. Auf der Facebook-Seite heißt es:
- Die Kommunikation mit dem LaGeSo konnte optimiert werden.
- Es wurde versprochen, sich um die unhaltbaren hygienischen Zustände in den für die wartenden Menschen vorhandenen Toiletten zu kümmern.
- Eine Lösung für eine Rückzugsmöglichkeit und schnellere Bearbeitung, also verkürzte Wartezeit für Schwangere und Familien sowie verletzte, kranke und traumatisierte Menschen soll noch diese Woche gefunden werden.
- Die Caritas soll als verbessertes Sprachrohr zwischen "Moabit hilft", dem LaGeSo und dem Senat fungieren.
- Die medizinische Versorgung soll und muss optimiert werden.
- Bis morgen wird ein Forderungskatalog fertig gestellt, der dann morgen von den Mitarbeiter*innen der Caritas in dem vom Senat einberufenen Planungsstab vortragen wird, um die Lage hier längerfristig und sicher zu entspannen.
Jedoch liege "sowohl die medizinische Versorgung, die über ehrenamtliche Ärzte läuft, als auch die Betreuung der Menschen, weiterhin in unserer Verantwortung, die wir so nicht tragen können", heißt es weiter.
Warum die Politik die Lage dermaßen eskalieren und nicht nur die Hilfsbedürftigen, sondern auch die ehrenamtlicher Helfer so lange im Stich lässt, kann Henniges nicht beantworten. "Ich weiß es einfach nicht."
–
Fotos: © Charlott Tornow