Das sind die Menschen, die den Flüchtlingen in Moabit helfen
Diana Hennigs hält drei Mobiltelefone in der Hand, eines am Ohr. Sie läuft nervös hin und her, bleibt dann plötzlich stehen und jubelt: „Das ist ja fantastisch!“ Dann legt sie auf und ruft in die Runde: „Wenn die Nachrichten stimmen, dann übernimmt hier bald eine karitative Einrichtung die Organisation.“
Man kann sich das wohl nicht so richtig vorstellen, wenn man nicht schon seit knapp einer Woche dabei ist. Da gibt es einen Flüchtlingsansturm auf das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo), das für die Erstaufnahme von Flüchtlingen zuständig ist. Hunderte Flüchtlinge campieren seit mehreren Wochen auf dem Gelände des alten Krankenhauses, um eine Registriernummer und einen Schlafplatz zu erhalten – denn ihr Schlafplatz ist ein Pappkarton unter freiem Himmel. Und keiner kümmert sich.
Diana ist bei "Moabit hilft" tätig und koordiniert seit dem 5. August die Hilfeleistungen vor Ort.
Mareike hilft seit dem 4. August bei der Organisation.
Runa hat sich letzte Woche "Moabit hilft" angeschlossen. Eigentlich ist sie im Marketing tätig.
Das LaGeSo ist mit der Situation überfordert, bei der Stadt Berlin sind scheinbar alle im Sommerurlaub; nur ein paar Bürger lesen die Nachrichten und werden über das Nachbarschaftshilfswerk „Moabit hilft“ auf die Zustände vor Ort aufmerksam. Kurzfristig wird ein bisschen Wasser und Essen besorgt, um die Frauen und Männer, Kinder und Alte bei brütend heißen 40 Grad zu unterstützen. Als die Nachricht des Einsatzes der freiwilligen Helfer durch die Medien geht, strömen immer mehr Menschen in die Turmstraße 21 und bringen Lebensmittel, Getränke, Kleidung, Matratzen, Schlafsäcke, Hygienebedarf dort hin.
Die Zustände vor Ort sind zu Beginn chaotisch. Erst nach und nach stellt sich heraus, was die Menschen am dringendsten brauchen. Wasser. Auf dem Gelände gibt es genau einen Wasserhahn, dessen Wasserqualität erst noch von den Berliner Wasserbetrieben überprüft werden muss. Erst am Montag wurde ein zweiter, provisorischer Wasserhahn installiert, erzählt Susanne, eine Krankenschwester, die seit letzten Freitag ihren Urlaub gegen die Hilfe vor Ort getauscht hat. Mittlerweile unterstützt Spreequell mit Wasserlieferungen, sagt mir Runa im Vorbeigehen, die die Koordination des Hilfsprojektes unterstützt.
Susanne ist Krankenschwester. Sie hat eigentlich Urlaub, hilft aber seit Freitag freiwillig bei der Versorgung mit Wasser.
Die Syrer Mohammed und Omar sind erst seit einem Monat in Berlin und wollten unbedingt helfen.
Im Haus R des Geländes stehen die Helfer derweil nebeneinander in einer Schlange und reichen 6er-Packs Wasserflaschen von einem zum anderen. In einem anderen Raum schneiden Frauen und Männer Obst, Gemüse, Baguettes und andere Lebensmittel in kleine Häppchen, verteilen sie in Dosen, reichen sie weiteren Helfern, die damit auf Streifzug über das Gelände gehen und an die im Schatten wartenden Flüchtlinge verteilen. Von irgendwoher schreit es in die Runde: „Könnte jemand einen Kühlschrank aus dem Wedding abholen?“
Auf einem grünen, schattigen Platz steht ein kleines, buntes Zelt. Ringsherum liegen Spielzeug, Bälle, Kinderschminke, eine Plastik-Eisenbahn. Zwischen zwei Bäumen ist eine Slackline gespannt, auf dem ein Helfer einen kleinen Jungen balanciert. Eine junge Frau hat gelbe Farbe im Haar, ein Farbbombe sei vorhin beim Spielen zerplatzt. „Die Kinder haben Spaß hier. Besonders weil sie so lange keinen mehr hatten.“, sagt Jasmin, eine Studentin, die beim Kinderzelt aushilft.
Jasmin ist Studentin und hat gerade Semesterferien. Sie betreut seit dem 6. August die Kinder.
Mariam hilft ebenfalls beim Kinderzelt aus.
Was hier in weniger als einer Woche von den Helfern aufgebaut wurde, ist unfassbar. Unfassbar auch deshalb, weil sich darum nicht Ehrenamtliche kümmern sollten, sondern die Stadt selbst. Diana kann sich nun auch offiziell freuen, denn am 11. August, eine Woche nach Bekanntwerden der Bedingungen in der Turmstraße 21, hat der Berliner Senat endlich einen Maßnahmenplan vorgestellt, der in höchster Not zusammengeschustert wurde und längst überfällig ist. Ein Koordinierungsstab soll alle Maßnahmen bündeln und Personal rekrutieren, wie der RBB berichtet. Vielleicht können sie und ihre Unterstützer dann bald ihre tiefen Augenringe ausschlafen und wieder ihrem eigentlichen Job nachgehen.
Ioan hilft seit Montag beim Austeilen von verschiedenen Hilfsgütern.
Rafa couchsurft gerade bei Julia. Sie hat ihn am Montag überredet zu helfen. Seit Montag nehmen sie gespendete Nahrungsmittel entgegen.
Herbert ist Pensionär. Er sorgt seit Montag für Ordnung beim Güterhaus.
Vera und Felix sind Freunde. Sie verteilen seit Dienstag Lebensmittel an die Flüchtlinge.
Auf dem Gelände der LaGeSo campieren hunderte Flüchtlinge im Freien
Wenn ihr auch helfen wollt, dann geht einfach auf das Laegso-Gelände in der Turmstraße 21 zum Haus R und fragt, wo Hilfe benötigt wird. "Moabit hilft" ist von 8 bis 18 Uhr vor Ort. Wie ihr den Flüchtlingen in Berlin außerdem helfen könnt, lest ihr hier.
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Fotos: © Charlott Tornow