Zwei statt einem: Suspended coffee.

Montags hat das Floor's bei mir in der Schönleinstraße geschlossen. Die Menschen dort arbeiten am Wochenende, deswegen ist montags zu und ich schlurfe ohne dampfenden Kaffee in der Hand Richtung U-Bahn. Unten angekommen fällt mein Blick auf die Anzeigetafel: Narf, noch acht Minuten. Ich mag warten nicht. Also kaufe ich bei dem kleinen Kiosk, dessen Teemaschine lustig brummelt, einen Kaffee. Neben dem Töpfchen für das Trinkgeld steht noch ein Becher mit kleinen Kassenzettelchen. Jedes Zettelchen ermöglicht jemandem, der sich keinen Kaffee kaufen kann, ein Heißgetränk.

Schon neulich bin ich im Netz einmal über einen Artikel gestolpert, bei dem das Konzept Suspended Coffee für amerikanische Cafés erklärt wurde. Seitdem halte ich eigentlich immer die Augen offen, ob nicht auch in Deutschland Imbisse und andere Kaffee-Verkaufsstellen mitmachen. Bisher finde ich aber kaum Läden, die das kleine runde Logo sichtbar irgendwohin kleben.

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Die Sache mit dem Suspended Coffee ist eigentlich ganz einfach: Wer einen Kaffee bestellt und Lust hat, jemandem etwas zu spendieren, bezahlt einfach zwei. Den einen Kaffee darf man mitnehmen, trinken oder verschütten. Der zweite Kaffee wird quasi aufgehoben für jemanden, der ihn sich eigentlich nicht leisten kann. "Gute Idee", dachte ich, "aber macht da überhaupt jemand mit?". Ich habe gestern einfach mal nachgefragt bei der netten Frau mit den Locken in dem Schönleinstraßenkioskkabuff. Sie lacht immer so freundlich, selbst morgens halb acht, da kann man ja mal fragen. "Wir machen die Leute darauf aufmerksam", sagt sie, "Wir sprechen Menschen an, von denen wir glauben, sie würden sich gerade über einen heißen Kaffee freuen, können ihn sich aber nicht leisten. Das Konzept wird von den meisten sehr gerne angenommen, aber wir müssen schon selbst sagen: Hey, jemand schenkt dir einen Kaffee, möchtest du ihn annehmen? Die wenigstens kannten das Konzept vorher, aber es spricht sich langsam herum."

Es gibt eine wirklich kurze Liste mit Cafés, die hier in Deutschland teilnehmen, drei davon nur in Berlin. Ich kann nicht sagen, wie aktuell diese Liste wirklich ist, denn der kleine Sushi-Chai-Kaffee-Laden unten an der Schönleinstraße steht auch nicht drauf. Vielleicht erzählt ja auch ihr die Sache mit dem Suspended Coffee weiter oder fragt mal bei den Läden eures Vertrauens nach. Ihr wisst schon. Ich fänd's gut, wenn sich viel mehr Orte und Menschen dieses Prinzip zu eigen machen und vielleicht auch auf Mahlzeiten übertragen würden.

Ich kauf jetzt morgens immer zwei Kaffee, die kosten zusammen auch nur so viel wie ein einziger Lattefrappudings.

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