Über das Schreiben, Ängste, Geld und Zukunft mit Tino Hanekamp

© Linda Krieg

Vor knapp zwei Wochen hat Tino Hanekamp, der mit dem Uebel & Gefährlich den besten Club Hamburgs ins Leben gerufen und betrieben hat, im KaterHolzig gelesen. Vor dem Übel & Gefährlich war er Betreiber der Weltbühne, und warum dieser Club der Beste der Welt und deshalb zum Scheitern verurteilt war, geht es in seinem Buch «So was von da». Ich durfte ihn eine halbe Stunde vor der Lesung zu einem Gespräch treffen. Und schon fanden wir uns im Restaurant des KaterHolzigs wieder, wo ich versuchte, ihm Details über ein zweites Buch zu entlocken. Irgendwie vergeblich. Dafür kamen wir aber auf andere Dinge, die wahrscheinlich viel interessanter sind.


Tino, du bist jetzt in Berlin im Rahmen des Literarischen Colloquiums, was machst du hier genau?
Mein Lektor hat gesagt, ich solle mich da mal bewerben. Hab ich gemacht, hat geklappt. Man bekommt dann einen Ort zum Wohnen und Geld. Und dann sitzt man da in einer Art Hotelzimmer und schreibt. Oder auch nicht.

Und nächstes Jahr kommt dein neues Buch?
Nee, nächstes Jahr kommt noch nichts.

Warum dauert das denn so lange?
Weil, es ist so, ich bin sehr dumm und ich brauche sehr lange, um so ein Buch zu schreiben. Es ist wahnsinnig anstrengend, vor allem es so zu schreiben, dass es sich so liest, als wäre es nicht anstrengend gewesen, das so zu schreiben.

Das ist doch frustrierend!?
Genau, aber damit muss man halt leben, wenn man schreibt. Das geht ja vielen Menschen so, die sich irgendwie künstlerisch betätigen: Man hat da was im Kopf, aber es kommt einfach nicht so raus, wie man sich das vorstellt. Ich fand' mein Buch auch anfangs fürchterlich, weil es nicht exakt das war, was ich wollte, aber besser habe ich es halt nicht hingekriegt.

Und mittlerweile?
Mittlerweile geht’s. Mittlerweile find' ich es ganz gut. Durch den Abstand, den man dazu gewinnt. Und durch das, was die Leute dazu gesagt haben, das waren ja ganz tolle Sachen. Und irgendwann war das so erdrückend toll und so erdrückend viel, dass das nicht mehr zu leugnen war, dass das irgendwie toll ist.

Und das neue Buch, zum Thema „Die Rettung der Welt“, worum geht’s? Wie ist das gemeint?
Na so genau. Es ist aber noch zu früh, um darüber zu reden. Ich schreib' auch die ganze Zeit und schmeiss' dann wieder weg, weil ich das alles noch nicht gut finde. Das war bei dem ersten Buch auch so, dass ich so 2 oder 3 Jahre vor mich hingeschrieben habe.

Wie viel Verschleiss hattest du?
Keine Ahnung, unglaublich viel, hunderte von Seiten, man ahnt es nicht. Aber jetzt, ich weiß es noch nicht, mehr kann ich nicht sagen, außer, dass es ein paar Spinner sind, die versuchen die Welt zu retten.

Dein erster Roman war ja zu 53 Prozent, die Zahl hast du mal gesagt, autobiografisch. Ist das beim neuen Buch auch so zu erwarten?
Es wird nicht so doll, weil dann müsste ich darüber schreiben, wie es als Jungschriftsteller ist, der auf Lesereise geht, da hab ich keine Lust drauf.

Hast du Angst, dass Schreiben als Beruf irgendwann nicht mehr funktioniert, Beispiel zweites Buch?
Ich weiß noch nicht mal, ob ich wirklich ein Zweites schreibe, also, ob das irgendwann mal fertig wird. Mal gucken... Und es gibt ja noch so viele andere aufregende Dinge, die man machen kann. Ich bin ja nicht auf die Welt gekommen, um Schriftsteller zu werden, ich sehe mich auch nicht unbedingt als einer. Ich hatte natürlich immer den Drang, ein Buch zu schreiben, sonst wäre das auch nicht so passiert, sonst wäre es nicht irgendwann mal fertig gewesen. Aber ich habe da keine Angst vor, dass es das jetzt war. Mein Lektor hat letztens gesagt: „Tino, du brauchst jetzt mal 'nen Plan, weil ab nächstes Jahr ist Dein Geld alle.“ Und dann meinte ich:„Ja dann geh' ich halt arbeiten, wenn ich kein Geld mehr habe.“

Oder du machst halt wieder einen Club auf. Machst du das Uebel & Gefährlich noch?
Nein, ich bin da ausgestiegen. Ich war durch damit. Da musste mal frischer Wind rein. Ich geh' da ab und zu hin und freue mich, dass alle noch da sind und dass es denen gut geht und der Laden super läuft.

Und was würdest du machen, wenn du das Buch nicht schreibst, was bedeutet Arbeiten gehen?
Keine Ahnung. Ne Mauer bauen, Rasen mähen, Kugelschreiber zusammen bauen? Im Moment arbeiten wir zum Beispiel am Theater. Das Buch wird am Schauspielhaus in Hamburg inszeniert. Am 12. Januar ist Premiere, und das ist natürlich sehr aufregend, dass man solche Sachen machen kann. Gerade gehen die Proben los - da jetzt zu sitzen mit tollen Schauspielern, der Regisseurin und den Möglichkeiten eines Theaters und da so rumzuspinnen. Das ist irre. Und 1000 Robota machen Musik zu dem Stück.

Welche Bücher erscheinen bei Amazon, bei: „Die Kunden haben auch folgende Produkte gekauft“: Was würdest du dir wünschen, wer da bei Dir stehen würde?
Es steht definitiv nicht das da, was ich mir wünsche. Da bin ich mir ziemlich sicher. Also, Hemingway, Camus, Thomas Bernhard, Robert Walser – das wird unter Garantie da nicht stehen.

Wahrscheinlich steht da:
Rocko Schamoni, Heinz Strunk, Sven Regener, Stuckrad-Barre..

Wobei das auch nicht so schlecht ist, es könnte definitiv schlimmer sein.
Ja klar, die sind super, gute Nachbarschaft! Und selbst wenn da steht: Die Hundefibel zum selber Ausmalen oder Kochen für Dummies, heißt das nur, dass ich ein breit gefächertes Publikum habe, das ist ja toll, ich will ja nicht nur von Literaturprofessoren gelesen werden.
Aber nee, warte mal, ich ziehe die Aussage von eben zurück, diese Hemingway-Antwort! Was ich mir wirklich wünsche ist, dass da alles kreuz und quer auftaucht, Die Gartenfibel, Kinderbücher, Der Große Demenzratgeber, Die 100 wichtigsten Fußballregeln, zwischendurch auch mal Hemingway, so dass man überhaupt nicht einordnen kann, wer das überhaupt kauft.

Das bedeutet auch eigentlich Erfolg.
Keine Ahnung. Ich freu' mich jedenfalls am meisten, wenn ältere Leute sagen, dass sie das Buch gelesen haben, und denken: Ach, so ist das heute, das ist ja interessant. Ich freue mich am meisten über Schulklassen und Leute über 50. Du zum Beispiel kennst ja eh schon fast alles, was da drin steht.

Also, falls das zweite Buch kommen sollte, was ich mir wirklich sehr wünsche, dann lesen wir das einfach. Ansonsten lesen wir weiterhin seine großartigen Artikel in all den guten Musikzeitschriften. Punkt.

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