Zum Tod von Christoph Schlingensief
Es ist vier Jahre her. Ich war in Clärchens Ballhaus, um einen Absacker zu trinken und da sah ich Christoph Schlingensief mit ein paar Freunden feiern. Schnell im Internet nachgeschaut, um die Vermutung zu bestätigen, dass er an dem Tag Geburtstag hat. Ich war fasziniert in welch kleinem Kreis er das tat und wie angenehm einfach die Umgebung war. Kein Nobelrestaurant, kein Udo Kier, kein Champagner. Einfach im schönen Clärchens, wo jeder ein bisschen schwofen kann mit den besten Freunden Weinschorle trinken. Hinreissend.
Das erste Mal habe ich Christoph Schlingensief 1997 im elterlichen Wohnzimmer im Fernsehen gesehen. Da gab es diese Talkshow. Talk 2000. Der hektische Moderator mit der Igelfrisur war mir sofort sympathisch und der Irrsinn, den er veranstaltete elektrisierend. Schlingensief schrie wild herum, sprang auf und ab, brach mitten in der Sendung ab, um noch einmal von vorn zu beginnen. Natürlich ohne Schnitt. Er versuchte Beate Uhse zu der Beichte zu bringen, dass sie verantwortlich dafür ist, dass Menschen durch ihre Pornovideos Aids bekommen. Er sang mit Otfried Fischer und verliess seine eigene Sendung, weil er nicht mit Harald Schmidt mithalten konnte. Diese unerschrockene, aufrichtige und ehrliche Art und dieser Mut nicht geliebt zu werden - und gerade dafür geliebt zu werden - hat mich tief beeindruckt. Und nie mehr los gelassen.
Wenn ich heute, einen Tag nach seinem Tot, an ihn denke, dann sehe ich ihn im Ballhaus zum DJ gehen und sich ein Lied wünschen. Ich sehe wie er kurze Zeit später über die Tanzfläche springt und sehr wild und sehr ausgelassen tanzt. Dieses Bild werde ich behalten.
Das war der Song.