11 Dinge, die ich nicht wusste, bevor ich selbstständig wurde

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Es hätte alles so schön werden können. Ein voller Auftragskalender, Zeit, die ich mir selbst einteilen kann, maximale Entspannung zwischendurch und ein Steuerberater-Freund, der sich um meine Finanzen kümmert. Ich habe mir die Selbstständigkeit so schön vorgestellt, bis mich die kalte Realität einholte.

1. Das Finanzamt will ständig Geld von mir haben

Natürlich war mir bewusst, dass ich Steuern zahlen muss, relativ hohe Steuern sogar. Aber ich wusste nicht, dass meine Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit doppelt besteuert werden. Ich zahle Einkommenssteuer und Umsatzsteuer. Es gibt jedoch einen Umsatzsteuerfreibetrag. Und die Kleinunternehmerregelung. Und wer würfelt eigentlich die Steuervorauszahlungen im Finanzamt? Ich glaube, das Steuersystem ist nur so unübersichtlich, um einer ganzen Branche eine Daseinsberechtigung zu geben. Was mich direkt zum nächsten Punkt bringt.

2. Ein Steuerberater ist gar nicht mal so günstig

Nennt mich naiv, aber ich bin davon ausgegangen, dass mein Steuerberater überhaupt nicht teuer sein könnte, bedenkt man, wieviel Geld mir nach Abzug der Steuern bleibt. Das sieht das seltsame Steuerrecht ganz offensichtlich anders. Nichtsdestotrotz ist mir meine Lebenszeit zu wertvoll und ich werde weiter den gar nicht mal so günstigen Steuerberater diesen Kram mit den vielen Zahlen für mich machen lassen. Jedem Menschen ohne Zahlenphobie und mit geringem Einkommen würde ich aber dazu raten, das alles alleine zu machen.

3. Selbstständigkeit wird nicht als vollwertiger Beruf erachtet

In meinem Umfeld gehen die meisten Menschen offensichtlich davon aus, dass ich als Selbstständige jeder Zeit verfügbar bin. Und auch davon, dass ich im Grunde eh nicht wirklich arbeite. Ich glaube, ich werde jetzt einfach allen erzählen, dass ich ab nächstem Monat für die Regierung arbeite. Alles Top-Secret!

4. Ein Arbeitsplatz in einer Bürogemeinschaft oder einem Co-Working-Space ist teuer und während Corona unmöglich

Nachdem ich die Utopie aufgegeben habe, dass ich zu Hause wirklich produktiv arbeiten könne, hatte ich mir den Plan zurecht gelegt, mir einfach einen Schreibtisch zu mieten. Was kann so ein Tisch mit Stuhl und einer kleinen Lampe schon kosten? 200 Euro Monatsmiete und mehr holten mich dann aber schnell zurück auf den Boden der Tatsachen zurück, Corona sowieso. So viel muss ich ja erst mal verdienen. Wenn jemand von euch einen günstigen Schreibtisch zu vermieten hat, lasst es mich wissen!

5. Ich bin nebenbei auch Sales-Managerin. Für mich selbst.

Wenn ich etwas niemals werden wollte, dann ist das eine Sales-Managerin. Ich wollte doch nie etwas verkaufen müssen. Und jetzt muss ich nicht nur irgendetwas verkaufen. Ich muss MICH verkaufen. Als Selbstständige gibt es keinen Raum für Selbstzweifel. Ich trainiere jetzt also mein Ego, indem ich mir jeden Tag vor dem Spiegel sage, wie klug, talentiert und toll ich bin.

6. Versicherungen abschließen ist wie Pokemon Go spielen

Es gibt Selbstständige, die können sich kein Leben ohne ihre zahlreichen Versicherungen vorstellen. Arbeitsunfähigkeitsversicherung, berufliche Haftpflicht, private Altersvorsorge und so weiter. Sie haben viel Zeit investiert, um herumzurennen und alle Versicherungen abzuschließen. You gotta catch them all! Und dann gibt es mich. Das Versicherungen-Fieber ist irgendwie an mir vorbei gegangen. Und jetzt habe ich das Gefühl, ich habe den Anschluss verpasst. Ich hoffe nur, es ist noch nicht zu spät mir die wichtigsten Versicherungs-Mons zu fangen.

7. Ich arbeite die meiste Zeit alleine.

Kollegen können echt voll nervig sein. Aber wenn man sehr viel alleine arbeitet, fängt man an, selbst den nervigen Günther aus der Marketing-Abteilung zu vermissen. Mein Ziel ist es in jedem Fall, mehr Projektarbeit zu machen, denn auch der Input von nervigen Menschen kann sehr anregend sein. Und es ist schön, gemeinsam für ein Ziel zu arbeiten.

8. Um Feedback muss ich bitten

Niemand meiner Auftraggeber hat ein wirkliches Interesse daran, dass ich besser werde. Warum auch?! Wenn ich schlecht bin, suchen sie sich halt jemand anderen. Darum muss ich um Feedback zu meiner Arbeit immer bitten, um mich verbessern zu können.

9. Beziehungen sind alles

Bei der Suche nach meinem ersten Praktikum während des Studiums wurde mir dies schmerzlich vor Augen geführt: Beziehungen sind alles! Meine Eltern kennen einen guten Zahnarzt und wissen, welcher Küchenschrank der beste ist, aber Beziehungen zur Medienbranche haben sie leider keine. Ich musste lernen, Beziehungen aufzubauen und zu pflegen. Am schwersten fällt es mir dabei bis heute, die Balance zwischen geschäftlichem und privatem Kontakt zu halten.

10. Selbstorganisation raubt 30% meiner Zeit. Mindestens.

Wenn du für kein Unternehmen arbeitest, dass mit seinen Strukturen vorgibt, welche Vorgehensweisen die besten sind, musst du wirklich viel Zeit damit verbringen, deine eigenen Strukturen und Vorgehensweisen zu erproben und zu optimieren. Ich habe angenommen, ich sei durch mein Studium gut darauf vorbereitet. Spoiler: Bin ich nicht! Der Vorteil ist aber ganz eindeutig, dass ich selbst bestimmen darf, welche Herangehensweise für mich am besten funktioniert.

11. Mein Chef ist ein fauler Penner

Oh Moment, mein Chef, das bin doch ich?! Ja richtig, ich bin ein fauler Penner. Und meine innere Motivation wird tagtäglich zum Endgegner. Wie kann das sein? Ich liebe doch, was ich tue? Motivation entsteht durch Erfolgserlebnisse. Und diese sind besonders zu Beginn der Selbstständigkeit eher spärlich gesät. Ich versuche mich, so oft es geht, mit anderen faulen Pennerm zu verbünden, damit wir uns gegenseitig in den Arsch treten können. Und sollte das nicht klappen: Ich arbeite gerade an einer Arschtrittmaschine mit Selbstauslöser.

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