40 DAYS OF EATING 2015 #9 – Ars Vini
Käse, Käse und nochmal Käse gibt es heute im Ars Vini, das sich ganz der brodelnden Fondue-Erlebnisgastronomie verschrieben hat.
1.Maria, erzähl von deinem Tag.
Es stürmt in Berlin. Und wie. Irgendwie kommt alles von der Seite: Wind, Regen, umher wirbelnde Plastiktüten, motzende, alte Männer. Berlin ist schlecht drauf. Ein jeder blökt rum. Sophia und ich kommen zu dem Entschluss, dass das an der Nicht-Existenz der Sonne liegen muss. Seit Monaten ist die blöde Kuh (sonne) nur zu erahnen. Der kollektive Vitamin-D oder -B oder --was-auch-immer-Mangel verwandelt die eher friedliebende Berliner in Pitbulls. Selbst das um die 00er Jahre so beliebte Sonnengelb als Fassadenanstrich für Mehrfamilienhäuser wirkt dieser Tage eher beige. Und während der Regen inzwischen sogar von unten kommt, mache ich mich auf den weiten erschwerlichen weg nach Prenzlauer Berg. Eingemummelt in Mülltüten mit Regenschirm, Cape, Gummihandschuhen und Gummistiefeln.
2. Wo habt ihr heute gegessen?
3. Was hast du bestellt und wie hat das geschmeckt?
Da wir in den letzten Tagen übertrieben viel Fleisch und Fisch gegessen haben, gibt es heute nur vegetarisches und veganes Fondue. Richtig gehört: veganes Fondue. Gemüsecracker, welche in Brühe gekocht werden sowie hausgemachtes Brot, welches in Käselawa getunkt wird. Oh, wie erfrischend. Als Vorspeise gibt es Oliven und überbackenen Ziegenkäse im Aluschiffchen zur Einstimmung auf die folgende Käseschlacht. Käse passt ja bekanntlich gut zu Käse. Unsere heutige Fotografin Tabea lebt vegan und hat ein ganzes Fondue für sich allein, denkt sie. Ich klaue hemmungslos. Sophia und ich teilen uns ein Käsefondue, denn die Portion für 1 Person reicht locker für uns beide. Brot und Käse (gibt es ein anderes Wort für Käse?) liegen dann doch relativ schwer im Magen. Irgendwann schwebt auch ein Schokobrunnen durch den Raum, landet aber am Nachbartisch. Es wird applaudiert und der kunstvoll angerichtete Obstdrachen verschwindet erst im Brunnen, dann in den Gästen. Erlebnisgastronomie mal anders. Dinge aus Töpfen pulen und versuchen, sich nicht an selbigen zu verbrennen – nicht so meins, um ehrlich zu sein. Mir ist Käsefondue immer ein wenig zu mächtig und dann doch irgendwie einseitig. Das hier ist ok, geschmacklich haut es mich jedoch leider nicht vom Hocker und es sind Kräuter in der Masse, die nach einiger Zeit ein wenig grau wurden.
4. Wie ist der Service dort?
Gut bürgerliche Gastfreundschaft. Es wird im Berliner Dialekt gesprochen.
5. Was gefällt dir an dem Restaurant besonders, was nicht?
Das Ars ist sehr gemütlich, muss ich schon sagen. Eventuell hätte man mit dem Holzeinsatz bei der Inneneinrichtung ein wenig sparsamer umgehen können. Bordeauxrot ist an den Wänden auch ziemlich angesagt. Der Laden strahlt eine angenehme Wärme aus, was aber durchaus an den offenen Feuerchen an jedem Tisch liegen kann.
6. Wie würdest du die Menschen in dem Restaurant beschreiben?
Brandenburg in the city. Viele Menschen mittleren Alters, die mit der Familie lustig essen gehen wollen. Denn lustig ist es hier wirklich. Es wird immer wieder an verschiedenen Tischen applaudiert und gequiekt.
7. Mit wem würdest du definitiv nicht hierher kommen und warum?
Mit der Chefredakteurin der Vogue. Außerdem sollte man bedenken, dass das Gebrutzel und Geblubber der verschieden Massen in den Töpfen durchaus seine Duftspuren an der Kleidung hinterlässt.
8. Worüber habt ihr gesprochen?
Über das Auswandern, das Leben in L.A., feste Beziehungen und darüber, dass man ja mit Mitte 20 eher liebevolle Freundin war und heute eher Femme Fatale ist – und wie arschcool das ist.
9. Was hast du Neues über (deine Schwester) gelernt?
Wo Käse ist, da findet sich auch irgendwas, was man da reintunken kann.
10. Das Beste an diesem Essen...
Die eingelegten Pilze aus der Salatbar mit dem Käse. Irre Kombi.
11. Möchtest du noch etwas sagen?
Ich bin nicht so der Brotfan. In Hamburg gibt es einen Fondueladen, wo man Gemüse zum Reintunken bekommt. Gefällt mir besser. Außerdem bekommt #mariafailinginlife eine neue Dimension: Die Schwerkraft ist mein Feind. Rosenkohl, der auf den Tisch plumpst, Gemüse, welches in der Lava verloren geht, ein Champignon, der im Rotwein landet, Zungenverbrennung, weil der Brotbatzen zu groß ist. Ich bin eindeutig zu tollpatschig und grobmotorisch für Fondue.
1. Sophia, erzähl von deinem Tag.
Glamouröses Blogger-Leben, wo bist du bitte? Statt Goodie-Bags gibt es für mich eher Tränensäcke. Irgendwann lässt die Eitelkeit eben doch nach, wenn einfach keine Zeit mehr für das morgendliche Aufmotzen bleibt. Da schlafe ich lieber 'ne halbe Stunde länger! Die Kollegen haben sich auch schon daran gewöhnt und die Begrüßung fällt von Tag zu Tag weniger schockiert aus. Außerdem habe ich unsere Vitra-Fokus-Kiste für mich entdeckt. Das ist eine kleine abgeschirmte Kammer mit Schreibtisch und Sichtschutz drum herum. Endlich mal niemanden sehen! Endlich Ruhe! Und vor allem: Endlich mal nicht angesehen werden! Ich genieße die Zeit in absoluter Isolation sehr und verlasse die kleine Kammer nur widerwillig, wenn es Mittag gibt. Aber wenn der Chef Spinat mit Ei in der Agenturküche zaubert, verlässt sogar das scheueste Agenturhäschen den sicheren Bau.
2. Wo habt ihr heute gegessen?
Heute gibt es Berliner Fonduekultur im Ars Vini im Prenzlauer Berg.
3. Was hast du bestellt und wie hat das geschmeckt?
Alles Käse, oder was? Heute wird es ein bisschen "cheesy", denn heute gibt's Käsefondue. Das Ars Vini hat sich ganz der brodelnden Erlebnisgastronomie verschrieben und bietet gefühlt 50 verschiedene Sorten Fondue an. So kann man hier Tiere oder wahlweise Gemüse in Brühe tunken, Obst in Schokolade, oder – wie in unserem Fall – Brot in geschmolzenen Käse. Dass es hier ein veganes Fondue gibt, finden alle Anwesenden Profi-Esser extrem cool und das wird auch hart abgefeiert. Brühe, Gemüse, top. Dazu gibt es All you can eat von einer Salatbar mit vorwiegend sauer eingelegtem Gemüse und anderem grünen Gedöns. Da sich Maria nicht allzu sehr für geschmolzenen Käse erwärmen kann, habe ich den cremigen Batzen ganz für mich alleine. Ich habe erst zwei oder drei Mal in meinem Leben Fondue gegessen und kommen schlussendlich zu folgendem Ergebnis: Ich bin zwar großer Käsefan und auch geschmolzener Käse fetzt, aber Käsefondue gehört trotzdem nicht zu meinen Lieblingen. Mir fehlt da einfach die Abwechslung, unterschiedliche Geschmäcker, die mich immer wieder überraschen. Vielleicht hätte ich doch einen brodelnden Topf mit Brühe nehmen sollen. So ein Käse.
4. Wie ist der Service dort?
Sehr freundlich, sehr zuvorkommend und absolut angenehm.
5. Was gefällt dir an dem Restaurant besonders, was nicht?
Nee, is dit gemütlich hier! Der Gastraum ist in warmen Farben gehalten, an den Wänden türmen sich die Weinflaschen. Wein finden wir ja schon mal prima! An den riesigen Holztischen können die Gäste auf gigantischen Holzstühlen Platz nehmen. Erinnert alles ein bisschen an Almhütte, nur eben mehr auf modern gemacht.
6. Wie würdest du die Menschen in dem Restaurant beschreiben?
Überall quiekt, lacht und schnattert es. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Großfamilie am Nachbartisch gerade einen runden Geburtstag feiert. Alle haben sich schick gemacht, Onkel Hans trägt ein weißes Hemd (gefährliche Outfitwahl. Kleckeralarm!) und bei jedem neuen Gang wird anerkennend geraunt. Die lustige Damenrunde weiter hinten feiert auch irgendwas, Wein und Käse fließen in Strömen und es wird auffallend laut gelacht.
7. Mit wem würdest du definitiv nicht hierher kommen und warum?
Noch mal mit Maria. Die ist einfach zu schusselig.
8. Worüber habt ihr gesprochen?
Tabea, Maria und ich wollen gerne nach Kalifornien auswandern, einen Bus kaufen, uns durch den kompletten Staat futtern und darüber berichten. Vorerst. Dann kommt der nächste Staat, und dann der nächste, danach kommt noch einer und wenn dann noch Platz im Bauch ist, nehmen wir uns den Rest der Welt vor.
9. Was hast du Neues über (deine Schwester) gelernt?
Maria träumt insgeheim von den gleichen Sachen wie ich. Darüber hätte man ja auch mal vorher reden können. Dann wären wir jetzt schon längst unterwegs.
10. Das Beste an diesem Essen...
Das Brot zum Tunken und das Erlebnis, wenn man am Tisch sein Essen selbst kocht.
11. Möchtest du noch etwas sagen?
So ein ganz klein bisschen neugierig bin ich ja schon, wie das thailändisches Fondue mit Hähnchenbrust, Lachsfilet und Black Tiger Gambas zum Garen in asiatischer Curry-Brühe mit Kokosnussmilch schmeckt. Vielleicht beim nächsten Mal!
Beim letzten Mal waren die Zwillinge im Crackers essen. Alle Folgen 40 DAYS OF EATING gibt es hier.
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Location: Ars Vini, Sredzkistraße 27, 10435 Berlin
Fotos: Tabea Mathern
Text: Maria und Sophia Giesecke
Mit freundlicher Unterstützung von Fissler