Ein Meister aus Berlin: Kann Union die Bayern schlagen?

© Dominik Schelzke

"Es war heute kein verdienter Sieg, es war kein schöner Sieg", sagte Rani Khedira vergangene Woche nach dem 2:1-Sieg von Union Berlin über RB Leipzig. Und der Berliner Kapitän hatte Recht. "Wir wissen auch nicht immer ganz genau, warum wir diese Spiele dann ziehen." Ja, Rani, da kannst du dem Stammtisch, allen Expert*innen und dem Rest der Republik die Hand geben. Niemand weiß, warum Union in dieser Saison ständig solche Spiele gewinnt. Warum sie Bayern-Verfolger Nummer Eins sind. Alle fragen sich, woher dieses Berliner Selbstverständnis kommt. Aber weiter noch, ob das reicht, um am Ende die Bayern zu schlagen und Meister zu werden.

Im Sport schauen die Menschen ja gerne auf Zahlen. Weil sie das Unerklärliche einfangen wollen. Wie, wenn in Berlin die CDU stärkste Kraft wird und die Zahlen erklären, dass eh nur alte Deutsche gewählt haben. Beim Fußball ist es ähnlich klar, niemand hat Bock drauf und am Ende gewinnen doch die Bayern. In der ewigen Bundesligatabelle sind die Seriensieger aus dem Süden weiter vom zweiten Platz entfernt als Union vom letzten. Als die Münchner das letzte Mal nicht die Schale gewonnen haben, war "Gangnam Style" in den Charts (2012). Und auch die Kaderwerte könnten nicht unterschiedlicher sein: Mit dem Geld für Bayerns Innenverteidigung kann man sich die ganze Mannschaft aus Köpenick kaufen.

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Aber, Moment. Ein Team, das weniger Geld ausgibt als die Konkurrenz und dennoch Meister wird? Da war doch was. 2016 gewann Leicester so die englische Liga. Mit Leidenschaft – und vier Spielern, die danach zu Weltstars wurden. Niemand tritt Rani Khedira zu nahe, wenn er bezweifelt, dass der noch zu einem N’Golo Kanté wird. Die Transferpolitik der Köpenicker mag nicht solche Spitzen hervorbringen, aber erfolgreich ist sie dennoch. Besagter Khedira war bis 2017 bei RB Leipzig – und schaffte es am Ende nicht mal mehr in den Kader. Letztes Wochenende hat er RB als Kapitän von Union geschlagen.

Köpenicker Spannung und Entspannung

Wahrscheinlich werden die Bayern trotzdem über Berlin stehen, wie es halt immer so ist. Aber falls nicht, dann liegt das an Köpenicker Entspannung und Anspannung gleichzeitig. Die Ruhe, die vom Trainerteam um Urs Fischer ausgeht, hat sich inzwischen auf die Mannschaft übertragen. Nicht umsonst dreht Union diese Saison gefühlt jedes Spiel. Weil sie nicht hektisch werden, sondern wissen, dass sie jederzeit zurückkommen können. Weil sie ein System aus resoluter Abwehr, flüssigem Umschaltspiel, akribischen Standards und höchster Effizienz gefunden haben, das bis jetzt nicht decodiert werden konnte. Und, weil alle an diesen Verein glauben. Womit wir auch bei den Fans wären.

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