Feminismus und Ehe – wie passt das zusammen?

© Maraike Rosanski

"Wenn du heiratest, ist alles gut" – schon als kleines Mädchen durfte ich mir den Spruch anhören, denn als Cis-Frau in einer heterosexuellen Beziehung steht fest: Irgendwann wird geheiratet, da gibt es keine Diskussion. Für mich war das jahrelang ein Grund auf keinen Fall zu heiraten, denn bei solchen Bemerkungen übernimmt die trotzige Rebellin in mir: "Nö, dann mache ich das aus Prinzip nicht". Tja, Spoiler: Ich bin seit über einem Monat glücklich verheiratet und weiterhin überzeugte Feministin.

Für mich war das jahrelang ein Grund auf keinen Fall zu heiraten, denn bei solchen Bemerkungen übernimmt die Rebellin in mir: Dann mache ich das aus Prinzip nicht.

Auch wenn es nicht mehr ganz so im Vordergrund steht: Heiraten ist auch im Jahr 2023 für viele noch ein riesiges Lifegoal. Allein 2022 wurden über 390.000 Eheschließungen in Deutschland durchgeführt. Um das besser einordnen zu können: 20 Jahre vorher, im Jahr 2002, gab es nur ca. 1.000 Eheschließungen mehr. Und obwohl viele Frauen heute selbstbestimmt und feministisch leben, scheint es so, als würde sich bei weißen Kleidern und langen Schleiern plötzlich das Gehirn ausschalten. Denn hinter den alten Traditionen verstecken sich nun mal patriarchale Strukturen.

Ich selbst war schockiert, als ich mich zum ersten Mal mit vielen unserer Bräuche auseinandersetzte und die Ursprünge recherchierte. Als Frau darf man erst seit 1976 wählen, ob man den Namen des Mannes annimmt oder den eigenen behält. Den Namen der Frau darf der Mann erst seit 1994 (!!!) annehmen, wenn er möchte. Aber eigentlich ist es selbst heute noch gang und gäbe, den Namen des Mannes anzunehmen. Und warum? Weil man es halt so macht.

Excuse me?! Wir haben 2023

Als ich mit meinem Partner über die Namensänderung sprach, waren wir uns schnell einig, dass ein gemeinsamer Name ganz schön ist. Für uns bestärkt er das Gefühl der Zusammengehörigkeit. Also welchen nehmen wir? Die Wahl fiel nicht schwer, denn zur Auswahl standen Schröder und Rosanski. Es wurde mein Name – Rosanski – denn er ist schlichtweg schöner und etwas außergewöhnlicher. Für mich war das selbstverständlich und ich war felsenfest davon überzeugt, jede andere Person hätte an unserer Stelle die gleiche Entscheidung getroffen. Aber nein, meinem Mann wurde Bewunderung ausgesprochen: "Ach, das ist ja cool, dass du ihren Namen annimmst!" Offensichtlich ist er jetzt ein Held.

Weiter ging es mit Bräuchen wie dem weißen Kleid, der Brautübergabe oder dem Brautstraußwurf. Das weiße Kleid steht für Reinheit und Keuschheit. Der Zug war bei mir zwar längst abgefahren, ein weißes Kleid trug ich trotzdem, weil ich es schön fand. Eine Übergabe von Brautvater zu Bräutigam kam für mich von Anfang an nicht infrage. Was von einigen als süße Geste empfunden wird, war für mich die schreckliche Vorstellung, wie das Objekt eines Mannes in den Besitz eines neuen Mannes übergeben zu werden. Nein, danke.

Und der Brautstraußwurf? Zu "All the Single Ladys" von Beyoncé um den heißbegehrten Brautstrauß kämpfen? Es wurde weder Beyoncé gespielt, noch die heiratsfähigen Single-Ladys auf die Bühne gebeten. Stattdessen durften alle Gäste ihr Glück versuchen, wenn sie wollten. Immerhin hatte man die Chance auf einen wunderschönen Blumenstrauß for free.

Es ist ok als Feministin zu heiraten

Bisher kann ich es als Feministin ganz gut mit mir vereinbaren, verheiratet zu sein. Immerhin geht es doch im Feminismus auch darum, dass ich als Frau meine eigenen Entscheidungen treffen darf. Ob die Ehe als gesellschaftliches Konstrukt überholt ist? Ja, auf jeden Fall. Viel mehr Menschen sollten anfangen (können), bestimmte Bräuche und Traditionen zu hinterfragen und sie zu brechen. Trotzdem finde ich es gut, dass es gesetzlich anerkannte Beziehungsformen gibt. Welche Form sollte dabei komplett egal sein, aber falls etwas passiert, ist die vertraute Person da und kann Entscheidungen für mich und mit mir fällen.

In meinem Fall ist die Wahl eben auf meinen Ehemann gefallen, mit dem ich beschlossen habe, eine liebevolle und gleichberechtigte Ehe auf Augenhöhe zu führen.

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