Zusammen getrennt leben – Für zwei Wohnungen in einer Beziehung

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"Und, wo wohnt ihr?" Tja, wo wohnen wir? Ich in Kreuzberg, mein Partner in Mitte. Das irritiert die meisten Fragenden. Wer so lange wie wir zusammen ist – acht Jahre immerhin – der wohnt doch wohl zusammen? Alles andere wäre doch komisch. Und teuer! Und irgendwie unromantisch.

Unromantisch, aber hilfreich war auch die Erkenntnis, dass wir als Wohngemeinschaft einfach nicht taugen. Das liegt zu großen Teilen daran, dass ich im Allgemeinen nicht für Wohngemeinschaften tauge. Selbst meine beste Freundin ist an mir und meinem Ordnungswahn gescheitert. Nach einem Jahr verließ sie unsere Berliner WG und mein Freund zog ein. Das Einzige, das sich daraufhin änderte, war, dass ich ab da von seinem herumstehenden Geschirr genervt war, statt von ihrem.

Stinkesocken statt Rosen

Wenn sich ein hausgemachter Chaot und eine Ordnungspedantin verlieben, führt das zwangsläufig zu Problemen. Wir waren wie Romeo und Julia – mit Putzplan. Es hätte so schön sein können, aber bei diesen Vorzeichen hatten wir keine Chance. Ohne Kompromissbereitschaft wird es schwer für zwei Menschen, die so unterschiedlich ticken wie wir. Und mit Anfang 20 hatte ich einiges, aber sicher kein Interesse an Kompromissen.

Heute denke ich, ich war einfach zu jung zum Zusammenziehen. Ich war enttäuscht darüber, dass es zu Hause nicht so lief wie in all den romantischen Komödien. Also so, wie ich mir das Zusammenleben mit meinem Freund als Teenie immer vorgestellt hatte. Stinkesocken statt Rosen, na vielen Dank. Irgendwann waren wir nur noch wütend aufeinander, trennten uns und er zog aus. Das war unsere Rettung.

Paar_Streit
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Und so wohne ich in Kreuzberg und er in Mitte. Und ja, das ist tatsächlich teuer und vielleicht auch unromantisch. Aber es ist auch ein Luxus, den sich – davon bin ich überzeugt – deutlich mehr Paare leisten würden, wenn sie es könnten. Seit in meinem Freundeskreis vermehrt zusammengezogen wird, werde ich regelmäßig daran erinnert, wie viel besser wir beide als Paar funktionieren, seit wir getrennt wohnen. Wir haben seit drei Jahren quasi nicht mehr gestritten, zumindest nicht über Haushaltsthemen. Und es ist schön, sich auch nach acht Jahren noch aufeinander zu freuen.

Manchmal verfluche ich aber auch unser Anti-Konventionen-Hipster-Wohnmodell. Dann zum Beispiel, wenn ich mich nach einem langen Arbeitstag einfach nur ausjammern will und dann gemeinsam Chips fressend auf dem Sofa liegen – er aber sagt, er bleibt in Mitte (wo es weder ein Sofa noch meine Katzen gibt). Oder wenn ich mich in ein teures Möbelstück verliebt habe, was ich mir nur durch zwei geteilt leisten könnte. Aber diese Momente sind selten und die gewonnene Harmonie, der sie dienen, ist es mir wert.

Schlafen wie die Queen

Für viele Paare scheint es selbstverständlich, irgendwann in einer gemeinsamen Wohnung zu leben. Ich kann das verstehen, es hat auf eine romantische Art etwas Verbindliches und man kann sich die Miete (und teure Möbel) teilen. Aber natürlich spielt hier auch die Tradition eine Rolle. Und wie sinnvoll ist eine Tradition, wenn sie Paare auseinanderbringt, die eigentlich funktionieren würden? Die Queen und der Duke hatten auch getrennte Schlafzimmer – wie soll man es sonst bitte 73 Jahre miteinander aushalten? 

Man spürt, wann man bereit ist, sein Leben auf so intime Weise mit jemand anderen zu teilen, wie man es beim Zusammenwohnen tut. Manche brauchen dafür wenige Monate, andere zehn Jahre. Wieder andere ziehen selbst das gemeinsame Kind in zwei Wohnungen auf, obwohl sie nicht getrennt sind. Der einzige falsche Weg ist es, um der allgemeinen Erwartung Willen nicht auf das eigene Gefühl zu hören. Liebe braucht ihren Raum, um zu wachsen. Wenn sie von den Stinkesocken des anderen daran gehindert wird, dann ist man eben noch nicht soweit. 

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