Geld in Beziehungen: Hört hier die Liebe auf?
"Putzschwamm: 0,99 Euro" – kann ich das wirklich eintragen? Schon ein bisschen lächerlich, so einen kleinen Betrag in die App zu tippen, mit deren Hilfe mein Freund und ich unsere Finanzen regeln. Andererseits ist das ja auch unser Schwamm, nicht nur meiner. Warum sollte ich ihn dann allein bezahlen? Nö, denke ich und schiebe meinen Stolz beiseite. Das wird jetzt eingetragen.
Das Schwäbische Erbe
Manchmal frage ich mich, ob ich zu lange in der Nähe von Stuttgart gelebt habe. Ein olles Klischee, ich weiß, aber dass mich eine Freundin einmal um 50 Cent Fahrtgeld fürs Heimfahren gebeten hat, ist eine wahre Geschichte. War ich früher knauserig, gebe ich inzwischen, zurück in der Berliner Heimat, gerne für meine Liebsten Geld aus – aber ausgerechnet beim Allerliebsten, nämlich meinem Freund, kommt immer mal wieder die Schwäbin in mir durch.
Warum ist Geld in Beziehungen eigentlich ein so sensibles Thema, frage ich mich, während ich überlege, ob ich neben dem Schwamm noch weitere Haushaltsutensilien geshoppt habe, die ich abrechnen könnte – habe ich gerade abrechnen gesagt?! Manchmal habe ich das Gefühl, er schuldet mir etwas, weil er so viel mehr verdient als ich. Gut, er arbeitet auch acht Jahre länger als ich. Bei einer Freundin wird das trotzdem berücksichtigt: Sie zahlt für die gemeinsame Wohnung mit ihrem Partner prozentual weniger, weil sie weniger verdient. Wenn sie in den Urlaub fahren, handhaben sie das genauso. Mein Freund sagt, das sei Quatsch. Er habe als Student schließlich auch keine ältere, wohlhabende Freundin gehabt, die ihn finanzierte. Punkt für ihn.
Alles, was sie kaufen, kaufen sie für sich zusammen.
An einem anderen Extrem hat gerade ein guter Freund von mir zu knabbern. Er war mit seinem Partner im Urlaub und sitzt seitdem auf den Hotelkosten. Warum er die Hälfte des Geldes nicht einfach zurückverlange, frage ich ihn. Er traue sich nicht, habe Angst, damit die Stimmung zu ruinieren, verrät er mir. Obwohl mir als Schwamm abrechnende Person dafür jegliches Verständnis fehlt, gibt die Statistik ihm recht: Geld ist einer der häufigsten Streitgründe unter Paaren. Gerade Frischverliebte haben oft die Sorge, knauserig zu wirken und sich damit unattraktiv zu machen. Ich hingegen finde es seltsam, einfach davon auszugehen, dass man auf den gemeinsamen Urlaub eingeladen wurde.
Was ich allerdings ebenfalls seltsam finde, ist das gemeinsame Konto eines befreundeten Pärchens. An sich eine kluge Sache, gerade wenn man sich die Miete teilt. Aber sie haben eben nur dieses eine Konto. Selbst Paypal teilen sie sich. Beide Gehälter gehen zu hundert Prozent auf das dieses Konto. "Führt das nicht zu noch mehr Streit?", frage ich sie. Was, wenn sich eine*r der beiden mal etwas Teures gönnen möchte? Muss die andere Person dann offiziell zustimmen? Das Problem habe es nie gegeben, erzählen sie mir. Alles, was sie kaufen, kaufen sie für sich zusammen. Wenn sie in den Urlaub fahren, dann gemeinsam. Tatsächlich ist das gar nicht so selten: Unter den 30 bis 40-Jährigen haben mehr als die Hälfte aller Paare nur ein gemeinsames Konto. Das nenn’ ich mal Commitment.
Die Hufeisentheorie des Geldes
In meinem Umfeld ergeben sich vier sehr unterschiedliche Arten, wie man in einer Beziehung mit Geld umgehen kann: die 50/50-Aufteilenden, die prozentual Aufteilenden, die Totschweigenden und die Alles-Teilenden. Und wer macht es nun richtig? Auf den ersten Blick erscheint mir das letzte Paar am harmonischsten. Aber ist es gesund, wenn es gar kein "meins" mehr gibt, sondern nur noch "unsers"? Mir geht das zu sehr in Richtung symbiotische Beziehung. Außerdem scheint es, als würde hier am Ende auch nur vermieden, dass über Geld gesprochen werden muss. Mir kommt die Hufeisentheorie in den Sinn: Die Alles-Teilenden und die Totschweigenden sind die beiden Extrem-Pole, die am Ende dann doch gar nicht so weit voneinander entfernt sind.
In meinem Umfeld gibt es die 50/50-Aufteilenden, die prozentual Aufteilenden, die Totschweigenden und die Alles-Teilenden: Und wer macht es nun richtig?
Eine Mischung aus prozentualer und 50/50-Aufteilung erscheint mir am sinnvollsten für einen harmonischen Umgang mit Geld in der Beziehung. Miete, Lebensmittel und vor allem (!) Schwämme können ruhig beide zu gleichen Teilen zahlen. Auch wenn eine*r mehr verdient als der*die Andere. Wer schon einmal nach einer Trennung den Haushalt aufteilen musste, weiß, warum es sinnvoll ist, dass niemand mehr "Anspruch" auf das gemeinsame Gut hat als der*die Andere. Beim Urlaub oder Essengehen kommt es für mich drauf an: Der Freund meiner prozentual aufteilenden Freundin zum Beispiel legt mehr wert auf fancy Unterkünfte und geht gern mal teuer essen. Sie hingegen wäre auch mit Camping fein und will sich ein teures Hotel eigentlich nicht leisten. Der Kompromiss: Er zahlt entsprechend seines Einkommens etwas mehr und bekommt dafür ein richtiges Bett statt einer Isomatte.
Bei all dem "unser" muss es auch mal "meins" geben
Bei meinem Partner und mir ist es genau andersherum: Er hat mehr Geld, aber auch weniger Ansprüche. Ich habe weniger Geld und ein Faible für schicke Hotels und teure Einrichtung. Also spare ich so lange, bis ich mir meine Wünsche erfüllen kann. Ich will gar nicht, dass mir das jemand anderes abnimmt. Das Gefühl, es sich verdient zu haben, ist für mich fast das Schönste am Urlaub oder an einer edlen Kristallvase. Bei all dem "unser" muss es auch das ein oder andere "meins" geben. Außerdem – und das ist wahrscheinlich der eigentliche Grund – könnte ich andernfalls nicht mehr reinen Gewissens Putzschwämme abrechnen. Und das würde mir doch sehr fehlen.