Stadt fragt Stadt #3: Hamburg, seid ihr wirklich alle so unterkühlt?

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Mit Vergnügen gibt es in vier schönen Städten Deutschlands: BerlinHamburgMünchen und Köln. Wir Redakteur*innen sprechen via unserer digitalen Endgeräte beinahe jeden Tag und trotzdem bemerken wir immer wieder, dass wir die Eigenarten der einzelnen Städte gar nicht so gut kennen! Was bedeutet in Köln eigentlich Fründe? Was macht man, wenn man in Hamburg keine Fischbrötchen mag? Wieso ist Bier in Bayern ein Grundnahrungsmittel und wer hat eigentlich den Pfeffi erfunden, liebe Berliner*innen? Jede Woche könnt ihr jetzt unsere Antworten dazu lesen bei "Stadt fragt Stadt".

Hachja, es ist DER Klischee-Satz, der sich an Hamburger*innen (und meist auch Norddeutsche im Allgemeinen) richtet: "Ihr seid ja alle so kühl, ne?" Nee. Wir sind nur nicht so hyper-freundschaftlich zu allen und jedem wie andere Städte und Regionen.

Fremden gibt man ein Küsschen?!

Wieso wir nicht gleich allen Fremden um den Hals fallen und ihnen unsere tiefsten Geheimnisse anvertrauen? Äh, weil es fremde Menschen sind. Hier im Norden halten wir uns am Anfang etwas zurück, wenn es um neue Bekanntschaften geht. Bis wir so richtig warm geworden sind, dauert es meist etwas.

Woran das wohl liegen mag? Vielleicht bekommen wir hier oben zu wenig Sonne ab und das schlägt auf unser Gemüt. Aber ne, mal im Ernst: Das anfängliche zurückhaltende Verhalten der Hamburger*innen hat einige Vorteile. Man kann sich erstmal beschnuppern. Vorsichtig antasten, wie sich der oder die Gegenüber so verhält, ob man denn auch zusammenpasst. Bevor man sich beim ersten Treffen ewige Liebe verspricht und dann doch nichts draus wird. Das ist doch für beide Seiten bitter! Man könnte das ein bisschen mit dem Sprung ins Wasser vergleichen – da schaut man ja auch erstmal, ob irgendwo Felsen aus dem Wasser ragen und fühlt mit dem großen Zeh mal vor, wie die Temperatur so ist. Und hüpft dann erst mit Arschbombe rein. Vielleicht liegt es daran, dass wir von Gewässern umgeben sind, dass wir etwas vorsichtiger sind.

Ins Wasser hüpft man schließlich auch nicht kopfüber rein, ohne vorher die Temperatur zu überprüfen und auf gefährliche Felsen zu checken.

Dass wir uns nicht mit dem Kopf voran in jede Freundschaft oder Partnerschaft stürzen, hat nicht nur den Vorteil, wirklich zu wissen, wer Freund*in und wer vielleicht doch lieber nur Bekannte*r ist. Man hält seinen Kreis so auch klein und innig – und verschwendet wertvolle Freundlichkeit nicht unnötig. So erwartet in Hamburg niemand, dass du mehr als Smalltalk mit deiner neuen Nachbarin hältst. Wenn man nicht will, dann muss man auch in den nächsten Jahren nicht mehr als freundlich "Moin" im Treppenhaus sagen. Und das ist doch gut so!

Entschuldigung, ist hier noch Platz?

Umgedreht sind wir übrigens völlig überfordert von der rheinischen Frohnatur. Wenn uns jemand direkt voller Freude begegnet, womöglich sogar noch mit Körperkontakt – wissen wir oft nicht, wie wir mit der Situation umgehen sollen. Schließlich kennen wir uns doch gar nicht! Auch die Biergartenkultur ist für Hamburger*innen manchmal etwas befremdlich: Einfach an einen Tisch dazu setzen? Schluck. Aber nur, nachdem man höflich gefragt hat, ob der Platz denn noch frei sei. Das mag auf andere arrogant wirken, ist im Grunde aber nur höfliche Unsicherheit. Und nach der ersten Maß quatschen wir auch mit euch. Ehrlich!

Aber nun zur Beantwortung eurer Frage: ja, wir Hamburger*innen sind vielleicht zu Beginn etwas kühler. Und wir haben unsere Gründe dafür. Wenn wir aber jemanden kennenlernen und die Chemie stimmt, dann sind wir da – an guten wie an schlechten Tagen, bei Schietwetter und bei Sonnenschein. Und zwar für immer.

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Titelbild: © Unsplash | Claudio Schwarz | Jonas Tebbe | Philipp Bachhuber | Glenn Carstens-Peters

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