Mit Hose im Home Office – Wie ein bisschen Alltag die Krise erträglicher macht

Wenn ich morgens aufwache, dann muss sich mein Kopf kurz aus dem Nebel der Nacht kämpfen und dann ist sie da: die Erkenntnis. Gerade ist alles anders. Mein erster Griff gilt dem Smartphone. Nicht unüblich, doch anstatt mich wie sonst durch lustige Stories zu klicken, öffne ich den SPIEGEL-Newsticker. Grenzschließungen, Infiziertenzahlen, Reisewarnungen prallen auf mich ein und schnüren mir meinen Hals schon vor dem Frühstück ein wenig zu.

Ich weiß, dass ich mich ebenso wie meine Familie und viele meiner Freund*innen aktuell in einer privilegierten Situationen befinde. Wir können ohne großen Aufwand Home Office machen, unsere Jobs sind nicht, wie zum Beispiel bei Ladenbesitzer*innen oder Eventmanager*innen direkt von dieser Krise betroffen, wir haben ein Dach über dem Kopf und können einkaufen gehen.

Was mich aber in jeder Minute, in der ich mich nicht ablenke beschäftigt, ist die Ungewissheit. Nicht zu wissen, was morgen ist, nächste Woche und erstrecht nicht in zwei oder drei Monaten. Wie lange wird das noch gehen? Wie lange werde ich im Home Office arbeiten?

Wie sieht unsere Welt aus, wenn diese Krise vorbei ist? Und wird sie das überhaupt sein?

Ich bin der Typ Alles-Durchdenker. Schwierige Zeiten für Menschen wie mich. In der Vergangenheit habe ich Down-Phasen immer überstanden, indem ich mich auf etwas positives in der Zukunft fokussiert habe. Ein Urlaub, eine Feier, ein Ausflug, ein Essendate oder ein Wiedersehen. Jetzt fehlen mir diese Fixpunkte und ich komme ins Strudeln.

Diese Situation war für alle neu und sie wird bestimmt nicht nächste Woche vorbei sein. Deswegen taste ich mich langsam daran, mich in diesem Durcheinander zu ordnen und meine Ängste besser zu verstehen. Was brauche ich, um mich sicherer zu fühlen? Und das sind ganz klar: Routinen.

Ganz schnell habe ich festgestellt: in Corona-Zeiten brauche ich keine Auszeit vom Alltag. Ich brauche das Alltägliche.

Mache ich sonst Home Office, freue ich mich auf einen Tag in der Jogginghose. Ganz schnell habe ich festgestellt: in Corona-Zeiten brauche ich keine Auszeit vom Alltag. Ich brauche das Alltägliche. Also stehe ich zur gewohnten Zeit auf, frühstücke, dusche, schminke mich, ziehe mir eine Hose an – und setze mich dann an den Esstisch. Alles gleich, nur der Weg zur Arbeit fehlt.

Mein Tagesablauf gibt mir eine Struktur, in der ich mein Gedankenchaos zügeln kann. Mittagessen wie gewohnt um 12:30 Uhr, der Nachmittagskaffee auf dem Balkon und Feierabend mit ausgeschaltetem Laptop. Der anschließende Spaziergang um den Block ist fast wie der Nachhauseweg aus dem Büro.

Da auch mein Fitnessstudio natürlich dicht hat, werde ich drei Mal die Woche abends ein Home-Workout einrichten. Ha! Das wäre öfter, als ich es ins Studio schaffe.

All das lenkt mich ab von der Zukunftsangst, der Ungewissheit und Unsicherheit. Ich werde versuchen, mir neue Fixpunkte zu suchen: der Facetime-Call mit der Familie zum Abendbrot, die Umarmung von meinem Partner – und die Hoffnung auf einen Sommer, in dem wir wieder gemeinsam in den Straßen sitzen. Denn der wird kommen, da bin ich mir ganz sicher.

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