11 Tipps, wie du Fake News & Verschwörungsmythen erkennst – eine Checkliste

© S. Hermann & F. Richter | Pixabay

Jeden Tag, beinahe jede Stunde ändert sich die News-Lage. Corona verlangt uns allen auf verschiedenen Ebenen viel ab und bringt abseits der medizinischen Herausforderungen auch noch weitere Probleme auf die Tagesordnung. Da tauchen auf einmal fragwürdige YouTube-Doktoren auf, die behaupten der Coronavirus sei eine Verschwörung von der WHO und Bill Gates, um die Demokratie abzuschaffen. Oder ein etablierter Finanzprofessor, der sich in einem Interview zu virologischen Zahlen äußert, die Fakten darin völlig verdreht und schlussfolgert, die Pandemie sei längst vorbei. Wir machen das alles hier also nur zum Spaß? Tja, leider stellte sich kurze Zeit später heraus, dass es sich bei besagtem Professor um einen AfD-Unterstützer der ersten Stunde handelt und er einfach mal die Legende zur Grafik nicht gelesen hat. Bei allem Respekt dafür, dass es verschiedene Meinungen und eine Debattenkultur geben darf und muss – gerade Zeiten wie diese, in denen nichts mehr so scheint wie vorher, sind der perfekte Nährboden für Fake News (ein Begriff, den übrigens Donald Trump selbst erfunden hat) und auch der Moment, in dem Verschwörungstheoretiker*innen auf der Matte stehen.

Es ist mühsam, Falschmeldungen zu entlarven, weil man die ohnehin schon komplizierte Faktenlage gegenchecken und evaluieren muss. Und nicht jede Falschmeldung ist per se böse Absicht, sollte aber – wenn möglich – immer richtig gestellt werden. Diese Arbeit ist unverzichtbar. Es gibt viele gute Journalist*innen wie Daniel Bröckerhoff, der auf seinem Instagram-Kanal unermüdlich Aufklärungsarbeit leistet, damit sich solche Falschmeldungen und Verschwörungsmythen nicht weiter verbreiten. Oder Faktenfinder, für die sich Menschen den ganzen Tag nichts anderem als der Recherche von Nachrichten widmen. Letztendlich sind wir aber alle dazu angehalten, mit wachen Augen zu lesen, mit offenen Ohren zuzuhören und im Zweifel eine Meldung selbst zu prüfen, bevor wir oder andere sie weitergeben, mal eben bei Facebook posten oder WhatsApp verschicken. Denn das geht in Zeiten von Social Media ruckzuck. Deshalb folgt hier eine kleine Checkliste mit 11 Tipps, die ihr im Hinterkopf behalten solltet, wenn ihr Nachrichten und Social Media konsumiert – ganz besonders dann, wenn ihr das Gefühl habt, da stimmt doch was nicht.

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1. Was ist eigentlich der Kern der Botschaft?

Fake News und Verschwörungsmythen zeichnen sich oft dadurch aus, dass sie nicht in erster Linie dazu beitragen, über einen Sachverhalt faktenbasiert, objektiv und wertungsfrei zu informieren. Eine Nachricht oder News im klassischen Sinne sollte das aber tun. Häufig werden über Falschnachrichten vor allem negative Stimmungen und Emotionen transportiert, die im Sinne des*r Urheber*in möglichst schnell und öffentlichkeitswirksam weiter verbreitet werden sollen. Wenn ihr so etwas beim Lesen oder Hören einer Nachricht bemerkt, seid skeptisch und kontrolliert am besten direkt, ob der oder die Verfasser*in im Sinne eines aktuellen wissenschaftlichen Konsens berichtet, der auch in anderen seriösen Medien Status Quo ist. Oder will er oder sie einfach nur ihre*seine Meinung kundtun, die aber nicht auf gesicherten Fakten basiert? Um so etwas zu überprüfen, behaltet immer die Frage im Hinterkopf, was hier eigentlich der Kern der Botschaft sein soll? Das hilft zur ersten Einordnung meistens schon ganz gut.

2. Unvoreingenommen bleiben!

Ein Phänomen, das immer wieder auftritt und von dem wir uns wohl alle nicht immer hundertprozentig frei machen können, ist das Wertekonzept der Sympathie. Wir alle neigen dazu, uns von Inhalten überzeugen zu lassen, die unseren Ansichten und Gedanken schmeicheln, die wir ohnehin schon kennen und die uns in unserer Identität bestätigen. Wenn wir im Netz oder in den Sozialen Medien News oder andere Inhalte konsumieren, sollten wir versuchen, zunächst so unvoreingenommen wie möglich an die Sache heran zu gehen. Wenngleich das nicht heißt, unvorsichtig zu sein. Wenn man einen Artikel gelesen hat, sollte man ihn mit dem nötigen Abstand noch einmal vor seinem inneren Auge Revue passieren lassen, die eigene Haltung so gut es geht von der des Textes abgrenzen und erst dann eine mögliche und vor allem sachliche Schlussfolgerung ziehen.

3. Autor*innen-Check: Wer steckt hinter der News, dem Clip oder Post?

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich schaue mir (allein schon aus Interesse) immer an, von wem der Text ist, den ich gelesen habe. Wenn ihr ein Video schaut, einen Post oder einen Text lest, solltet ihr auch immer im Blick haben, wer der oder die Urheber*in ist und ob ihr schon mal etwas von dieser Person gelesen oder gesehen habt. Wer ist der*die Autor*in? Was hat sie bisher gemacht? Und was macht sie aktuell? Ihr könnt den Namen zuerst googeln und schauen, in welchen Kontexten die Person noch auftaucht. Das geht recht schnell. Ihr findet vermutlich andere Texte, Beiträge oder Clips von ihr. Falls nicht, ist das zumindest erst einmal verwunderlich und es stellt sich die Frage: Wo kommt diese Person plötzlich her?

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4. Profil anschauen und Kommentare unter Beiträgen in Foren lesen

Checkt auch die Social-Media-Profile der Autor*innen und schaut, was dort gepostet wurde und wie sich die Followerschaft dazu verhält. Ploppen da kritische Kommentare in Bezug auf den Beitrag auf? Oder bekommt der oder die Initiator*in nur sehr viel Beifall für den Beitrag? Äußert sich der*die Urheber*in zu den Kommentaren? Wird auf den Facebook-, Instagram- oder YouTube-Profilen sachlich und ausgewogen diskutiert oder gar Meinungsmache mit flachen Parolen betrieben? Das alles können Hinweise für den Gehalt einer Nachricht sein, den ihr ja prüfen wollt. Noch eine Stütze: Instagram signalisiert durch einen blauen Haken, dass ein Profil auf Echtheit geprüft wurde und zeigt zudem an, dass es sich nicht um ein Fake-Profil handelt, von denen leider viele im Umlauf sind.

5. Vergleichen: Wo ist die Geschichte noch erschienen?

Wenn ihr bei einem bestimmten Inhalt Zweifel habt, dass er der Wahrheit entspricht oder ihr verdrehte Fakten entdeckt, checkt, ob es eine zweite Quelle gibt, die auf dasselbe Thema eingeht. Welche anderen seriösen und ernst zu nehmenden Medien haben eventuell vorher schon über dieses Thema berichtet? Wie wird das Thema dort aufgezogen? Oftmals trifft man im Netz bereits schneller als man denkt auf andere Quellen, die die Problematik bereits skizzieren, eure Vermutungen ähnlich beschreiben oder vielleicht findet ihr sogar Richtigstellungen. Findet ihr keine Quelle, die den fragwürdigen Inhalt unterstützt, kann das im Zweifel schon ein Indiz dafür sein, dass es sich hier um eine Fake News oder – im worst case – auch einen Verschwörungsmythos handelt.

6. Bilder-Check: Von wann und wo sind die Bilder und Grafiken?

Ihr kennt den Spruch. "Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte". Das Problem mit vielen Fotos, die im Netz kursieren, ist aber, dass man nur schlecht nachvollziehen kann, wann sie entstanden sind und ob sie auch im Zusammenhang mit der News oder dem Post erstellt wurden. Ein tückische Masche ist nämlich, dass alte Bilder als angeblich neu deklariert oder mit Photoshop überarbeitet werden, um so die Botschaft oder Aussage des Senders zu verstärken. Folgender Trick, den wir bei Klickwinkel gefunden haben, nimmt zwar ein wenig Zeit in Anspruch, gibt aber Aufschluss darüber, woher ein Bild kommt, ob es eventuell nicht mehr aktuell ist und/oder schon bzw. wann es in anderen Artikeln verwendet wurde. Speichert das betreffende Bild (via Rechtsklick) ab, ladet es in der Google-Bildersuche hoch und schon erhaltet ihr die sogenannte Rückwärtsbildersuche, also eine Übersicht darüber, wo und wann das Bild noch aufgetaucht ist. Auch hier solltet ihr natürlich wieder darauf achten, dass die Seiten vertrauenswürdig wirken. Arbeitet ihr im Chrome-Browser ist die Rückwärtsbildersuche einfach über einen Rechtsklick auf das Bild abrufbar.

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7. Kann das jemand bestätigen?

Wenn euch eine These oder Behauptung unschlüssig oder seltsam vorkommt, dann könnt ihr diese zunächst – wie oben erläutert – stichpunktartig in die Suchmaschine eures Vertrauens eingeben, um weitere Quellen zu finden. Je nachdem, worum es geht, kann man auch die Stadt oder lokale Medien aus der Gegend hinzufügen, aus der die News stammt. Lokale Zeitungen sind hier oft gut informiert. Wenn ihr auf diese Weise nicht weiter kommt, könnt ihr darüber hinaus Expert*innen um Rat bitten, indem ihr eine Mail mit der Bitte um Erklärung oder Einschätzung schreibt oder einfach anruft. Viele Institute und Ämter stellen auch auf ihren Webseiten bereits viel Material zum Gegenchecken zur Verfügung. Diese Form der Faktenchecks sollten sich vor allem Journalist*innen und Redakteur*innen zu eigen machen, bevor sie Inhalte publizieren.

8. Gibt es ein aktuelles Impressum?

Jede ernstzunehmende Webseite, jedes Profil und jede Organisation hat ein vernünftiges Impressum, in dem man eine*n Ansprechpartner, eine aktuelle Adresse und andere Kontaktdaten findet. Ist das nicht vorhanden, sollte einen das schon skeptisch stimmen. In den meisten Fällen findet sich auf seriösen Websites auch eine sogenannte "Über uns"-Rubrik, auf der man weitergehende Informationen über Tätigkeitsfelder, Intentionen und Aufgabenfelder der entsprechenden Personen oder Organisationen findet. Diese Rubriken sind meistens sehr aufschlussreich und helfen beim Verstehen weiter.

9. Reißerische Headlines und Zitate hinterfragen

Ähnlich wie mit Bildern verhält es sich auch mit Headlines, die manchmal sehr reißerisch getextet werden, um Aufmerksamkeit zu generieren und Emotionen hervorrufen sollen – das kann von Mitleid über Traurigkeit oder Ekel alles sein. Wichtig ist, dass man sich bewusst macht, auf welcher Ebene eine Überschrift die Menschen triggert und zum Klicken der  vermeintlichenFalschnachricht in den sozialen Netzwerken animieren soll, wo Fake News sich besonders rasant verbreiten. Ebenfalls vorsichtig sollten wir mit Zitaten sein, die aus dem Zusammenhang gerissen wurden und (bewusst oder unbewusst) falsch zitiert werden können; leider auch für Zwecke, die nichts mehr mit dem Ursprung des eigentlich Wortlauts zu tun haben. Checkt, ob ihr das Originalzitat und den Kontext findet, aus dem es gerissen wurde, oder schaut euch gegebenenfalls ganze Interviews an. Das ist manchmal mühsam, aber wichtig, um Dinge nicht in falsche Zusammenhängen zu setzen.

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10. Nutzt Faktenchecks seriöser Websites und Medien

Wenn ihr die oben erwähnten Tipps anwendet, seid ihr schon ein gutes Stück weiter, wenn es darum geht, eine Fake News oder einen Verschwörungsmythos zu entlarven. Das ist wichtig, damit wir widersprechen, Fragen stellen und mitdiskutieren können. Kommen wir aber bei bestimmten Sachen nicht weiter, gibt es auch Hilfen von Profis, die sich täglich mit dem Thema, der Recherche und der Richtigstellung von Fake News beschäftigen. Ihre Ergebnisse werden transparent und öffentlich zugänglich gemacht, damit sie einen kollektiven Beitrag für einen medialen Diskurs leisten können. Verlässliche Seiten, bei denen ihre eure Anfragen übrigens auch einreichen könnt, sind zum Beispiel der Verein Mimikama.at aus Österreich, das Recherchenetzwerk Correctiv.org oder der Faktenfinder der Tagesschau. Die Seite Hoaxmap.org hat sich spezialisiert und geht vor allem Falschmeldungen rund um das Thema Geflüchtete nach.

11. Sich bewusst machen, wie Verschörungstheorien funktionieren

Zwischen Fake News und Verschwörungsmythen sollte man unbedingt noch einmal unterscheiden, denn Falschnachrichten können mehr oder weniger auch in Umlauf geraten, ohne dass eine nachweisbar böse Absicht dahinter steckt. Hinter allen Nachrichten, die oft unter Zeitdruck entstehen und veröffentlicht werden, stehen Menschen. Und Menschen machen Fehler. Trotzdem sollten wir alle unser Bestes geben, um keine Falschnachrichten zu verbreiten, uns gegenseitig unterstützen und sachlich sowie kritisch korrigieren. Bei Verschwörungstheorien ist das etwas anderes, denn die werden gezielt eingesetzt und erfunden, um Angst, Panik oder Hass zu verbreiten. Deshalb gilt es hier besonders aufmerksam zu sein. Den meisten Verschwörungsmythen, die auf die immer gleichen Narrative zurückgreifen, liegt ein Misstrauen einer gesellschaftlichen Gruppe gegenüber einer anderen zugrunde. Verschwörungstheoretiker*innen wollen uns vorgaukeln, dass sie die Welt auf einfache Art und Weise erklären können. Es gibt in ihren Gedankenkonstrukten immer ein Gut und ein Böse, wie in einem Märchen. Meistens ziehen darin die Mächtigen verdeckt im Hintergrund mit bösen Absichten irgendwelche Fäden. Doch so leicht ist das alles leider nicht. Die Welt funktioniert komplexer. Verschwörungsmythen enthalten durchaus oft Fakten, die nachprüfbar sind, mischen sich aber mit seltsam erfundenen Behauptungen und populistischen Tendenzen. Wenn ihr mehr darüber erfahren wollt, wie Verschwörungstheorien im Detail funktionieren, schaut zum Beispiel auf der Seite der Landeszentrale für politische Bildung nach, die hervorragende Aufklärungsarbeit leisten. Und auch Franzi von Kempis "Anleitung zum Widerspruch" gibt einen guten Einblick in die Thematik und wie man am besten mit Menschen umgeht, die an Verschwörungstheorien glauben und diese verbreiten.

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