Der Holzmarkt muss ab sofort um 21 Uhr dicht machen – droht dem Projekt jetzt das Aus?

© Kerstin Musl

Update: Der Holzmarkt hat nun eine Petition gestartet, um ein Zeichen gegen Sperrstunden, Verbote, Überwachung und die immer weiter voranschreitende Einschränkung von kreativen Freiräumen in Berlin zu setzen. Dabei geht es ihnen nicht nur um das Holzmarkt-Projekt, sondern um die generelle Einschränkung und Verdrängung von Kultur: Von Zugangskontrollen für öffentliche Parks, die Späti-Prohibition am Sonntag oder die Eingrenzung friedlicher Kulturveranstaltungen wie dem Karneval der Kulturen oder dem 1. Mai. Das freie und kreative Berlin soll erhalten bleiben – habt ihr schon unterzeichnet? Hier geht's zur Petition.

Werden bis kommende Woche keine Lösungen gefunden, dann wars das für uns!
Konstantin Krex

Als ich mich am Mittwochabend mit Freunden auf dem Holzmarkt getroffen habe, um einen heißen Tag mit einem Bierchen und in entspannter Atmosphäre ausklingen zu lassen, waren wir gelinde gesagt etwas verwirrt. Viele Bars und Essensstände waren geschlossen – oder hatten (so sah es zumindest aus) gar nicht erst geöffnet. Ungewöhnlich für so einen lauen Sommerabend, dachten wir noch. Nachdem wir dann doch noch eine offene Theke gefunden hatten und mit vielen Gleichgesinnten an einem Tisch saßen, wurden wir gegen 21 Uhr gebeten, unsere Getränke auszutrinken und den Pfand zügig zurückzubringen. Auf Nachfrage, warum das neuerdings so sei, sagte man uns, dass es ab sofort eine Sperrstunde gibt, um neun ist Schicht im Schacht.

Gestern dann war unter anderem beim rbb und in vielen Berliner Zeitungen zu lesen, dass das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg dem Holzmarkt25 mit einer Schließung droht, wenn bestimmte Auflagen nicht eingehalten werden. Offenbar habe es Lärmbeschwerden aus der direkten Nachbarschaft gegeben, hieß es.

Wir brauchen Orte wie den Holzmarkt, sie sind das Rückgrat unserer Gesellschaft

Wir sind große Unterstützer*innen und Fans des Holzmarkts und haben schon viele der langwierigen Verhandlungen des Projektes mit dem Bezirk verfolgt. Wir wissen, dass den Betreiber*innen in der Vergangenheit immer wieder Steine in den Weg geworfen wurden und haben enormen Respekt davor, dass man trotzdem immer wieder zu so tollen Lösungen gefunden hat. Wir brauchen auch in Zukunft Orte wie den Holzmarkt, die Kulturschaffenden Menschen Freiraum bieten und als Begegnungsstätte offen für alle sind – sie sind das Rückgrat unserer Gesellschaft.

Um zu verstehen, wie ernst die Lage gerade ist, haben wir mit Konstantin Krex, dem Pressesprecher der Holzmarkt-Genossenschaft, gesprochen und ihn gebeten, die aktuelle Lage einzuschätzen.

Konstantin, kannst du uns noch mal kurz erklären, was genau passiert ist?

Es sind zwei Dinge: Am Dienstag hatten wir einen überfallartigen Besuch von vier verschiedenen Ämtern auf dem Holzmarkt, die uns damit gedroht haben, den Betrieb Anfang der kommenden Woche durch das LKA (Landeskriminalamt) schließen zu lassen. Hintergrund ist, dass wir unsere damals nur temporär erteilten Genehmigungen (auf fünf Jahre) erneuern lassen wollten. Wir wollten also die exakt gleichen Genehmigungen, die bislang gegolten haben.

Und die bekommt ihr nicht mehr?

Leider sind die Ämter dazu nicht bereit und über die Gründe gibt es Streit. Der ist aber lösbar. Keine von all den Forderungen der Ämter ist für uns so wichtig, dass wir mit einer Verweigerung den Betrieb des Holzmarktes gefährden, 200 Arbeitsplätze und unseren Traum, den wir hier verwirklichen wollen, riskieren würden. Es geht hier teilweise um die Frage, ob ein Container zwei Meter weiter nach links oder rechts gestellt werden muss. Wir hoffen darauf, dass es politische Unterstützung für unser Projekt gibt und wir dann mit allen Ämtern an einen Tisch kommen, um die Probleme aus der Welt zu schaffen. So wird es, das ist jetzt der Stand, vermutlich auch kommen. 

Wieso soll ausgerechnet hier ein so krasses Exempel statuiert werden? 21 Uhr Sperrstunde? Wo gibt es das in Berlin? Es wäre unser wirtschaftliches Ende, denn die Gastronomie finanziert alle gemeinwohlorientierten Projekte auf dem Holzmarkt.
Konstantin Krex

Wieso gibt jetzt eine Sperrstunde? Und wie geht ihr damit um?

Wir können nicht nachvollziehen, warum man auf dem Holzmarkt eine so drastische Sperrstunde fordert, wo es doch sonst sogar in Wohngebieten üblich ist, dass bis 23/24 Uhr auch draußen noch ein Bierchen getrunken werden kann. Wir sind hier aber nicht einmal in einem Wohngebiet, sondern an einer sechsspurigen Hauptstraße, ganz in der Nähe des Fernverkehrs und der S-Bahn als auch der Bundeswasserstraße Spree. Wieso soll ausgerechnet hier ein so krasses Exempel statuiert werden? 21 Uhr Sperrstunde? Wo gibt es das in Berlin? Es wäre unser wirtschaftliches Ende, denn die Gastronomie finanziert alle gemeinwohlorientierten Projekte auf dem Holzmarkt. Die Grünfläche, das öffentliche Spreeufer, die Kita, die Artistenhalle, günstige Ateliers und Studios für Künstler*innen in der Innenstadt. Und schließlich natürlich das Gehalt unserer Mitarbeiter*innen.

Da hängt echt viel dran...

Aber es ist nicht nur das: Wir glauben auch, dass Orte wie der Holzmarkt, mitten in der Stadt, als Gegenentwurf zu grauen Hochhäusern und teuren Eigentumswohnungen wichtig sind. Und wir kämpfen gegen diese neue Spießigkeit in Berlin: Keine Karaoke mehr im Mauerpark? Eintrittsgelder? Solche Entwicklungen machen uns Angst. Das ist nicht die Stadt, in der wir leben wollen. Und wir wissen, dass es vielen so geht.

Also ist die Lage wirklich ernst?

Ernster könnte es nicht sein. Werden bis kommende Woche keine Lösungen gefunden, dann wars das für uns!

© Charlott Tornow

Was kann jede*r einzelne von uns jetzt tun, damit der Holzmarkt eine Zukunft hat?

Krex: Wir brauchen den Druck der Öffentlichkeit, damit die Politik hier Stellung bezieht und bereit ist, den Holzmarkt zu schützen. Dass die beteiligten Ämter an einen Tisch gebracht werden und wir nicht nach Problemen und Konflikten suchen, sondern nach Lösungen. Die Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Hermann, hat das zum Glück gestern unterstützt, nachdem es dazu einen parteiübergreifenden Mehrheitsbeschluss im Bezirksparlament gab – das ist für uns ein ganz wichtiger Schritt. Aber jetzt müssen auf Worte auch Taten folgen und deshalb brauchen wir weiterhin allen Support für den Holzmarkt. Laut, Bunt, Kreativ.

Zurück zur Startseite