Eine Studie hat den Zusammenhang zwischen Cannabis und Psychosen untersucht – aber sie hat einen Haken

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Wie gut oder schlecht ist Cannabis für die Gesundheit? Darüber streiten sich Befürworter und Gegner seit jeher und je wahrscheinlicher eine Legalisierung von Cannabis in Deutschland wird, desto heftiger und einseitiger werden die Argumentationen. Die Befürworter sagen, dass Cannabis bei schweren Erkrankungen helfen kann und das besonders der nicht-psychoaktive Stoff Cannabidiol, einer der Hauptbestandteile im Cannabis, gesundheitsfördernd ist (Wir haben hier ausführlich aufgeschrieben, wie Cannabidiol wirkt) und zum Beispiel bei Entzündungen und entzündungsbedingten Schmerzen, Epilepsie, schizophrenen Psychosen, Stress, Burnout, Schlafstörungen, Migräne, Übelkeit und sogar Erbrechen hilft. Gegner argumentieren, dass vor allem der psychoaktive Stoff THC in Cannabis zu Nebenwirkungen wie Angstzuständen, Depressionen, Halluzinationen, Gedächtnisschwäche oder verminderter psychomotorischer oder kognitiver Leistungsfähigkeit führen kann.

Beim Konsum von Cannabis gibt es also zwei Seiten einer Medaille. Cannabis, das zu medizinischen Zwecken eingesetzt wird, hat dann auch einen THC-Gehalt von unter 0,2 Prozent. Cannabis, das als Rauschmittel eingenommen wird, hat dagegen einen extrem hohen THC-Anteil. Tetrahydrocannabiol produziert das berüchtigte High und kann tatsächlich zu einer psychischen Abhängigkeit führen. Je mehr THC in einer Pflanze vorhanden ist, desto geringer ist der CBD-Bestandteil. Da viele Menschen, die Cannabis rauchen, high werden wollen, kann das Verhältnis von THC zu CBD in einigen Cannabis-Pflanzen 250 zu 1 betragen.

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Weed, explained

The oldest traces of recreational cannabis date back a stunning 2,700 years. Pot has co-evolved with humans ever since.

But what does the future hold for this plant?

Watch this week’s episode of Explained, all about weed, featuring Michael Pollan and narrated by Kevin Smith, now on Netflix: netflix.com/explained

Posted by Vox on Wednesday, July 25, 2018

Hier kommt nun eine neue Studie des Instituts für Psychiatrie, Psychologie und Neurowissenschaften des Londoner King's College ins Spiel, die sich vor allem auf die negativen Begleiterscheinungen des Cannabis konzentriert und jetzt herausgefunden hat, dass täglicher Cannabis-Konsum vermehrt zu Psychosen führen kann. Die Studie wurde zwischen Mai 2010 und April 2015 in 11 Ländern an über 2000 Probanden im Alter von 18 bis 64 Jahren durchgeführt, der vollständige Bericht wurde im Fachblatt "Lancet Psychiatry" veröffentlicht.

Zunächst ermittelten die Forscher die Zahl der Psychose-Neuerkrankungen und baten die Erkrankten um Teilnahme an der Studie. Zu den 901 Erkrankten kamen 1237 gesunde Probanden. Die Studie ermittelte, dass dort, wo Cannabis frei erhältlich ist, zum Beispiel in Holland, mehr Menschen an Psychosen erkrankten. Personen, die täglich Cannabis konsumierten, sollen dabei dreifach häufiger an Psychosen erkrankt sein als Nicht-Konsumenten. Jene Probanden, die Cannabis mit einem besonders hohen THC-Anteil, also besonders hoher psychoaktiver Wirkung, konsumierten, sollen sogar fünf mal so anfällig gewesen sein.

Abschließend ist nicht geklärt, dass Cannabis Psychosen hervorruft

Die Studie fand aber auch heraus, dass die an Psychosen Erkrankten täglich deutlich mehr Cannabis konsumierten als die gesunden Probanden. Außerdem bevorzugten die Psychotiker Cannabis mit einem deutlich höheren THC-Anteil. Und genau das ist die Krux an der Studie: Sie kann "keinen klaren Beweis für Cannabis als Ursache von Psychosen" herstellen, wie der Tagesspiegel schreibt. Oder einfacher ausgedrückt: Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Menschen, die bereits an Psychosen leiden, eher Drogen wie Cannabis einnehmen als psychisch gesunde Menschen.

Für Cannabis-Gegner ist die Studie also ein gefundenes Fressen, ungeachtet der Tatsache, dass "medizinisches" Cannabis nicht psychoaktiv wirkt, nicht abhängig macht und dem Körper sogar mehr Gutes tut als schadet. Vor allem aber beschäftigt sich die Studie auch nicht mit der Wirkung anderer, teilweise legaler Drogen, deren Einnahme durch die Probanden angegeben wurde: Alkohol und Tabak beispielsweise führen im Gegensatz zu Cannabis zu Abhängigkeit, auch wenn sie nicht psychoaktiv wirken.

So ist die Studie durchaus ernst zu nehmen. Cannabis als Pflanze, die so viel mehr kann, als nur high zu machen, wird sie damit aber nicht gerecht.

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