In Berlin soll ein Mahnmal für Verkehrstote entstehen – brauchen wir das?

© Marcello Zerletti

Berlin soll ein neues Mahnmal erhalten, das zukünftig daran erinnert, wieviele Menschen jedes Jahr durch Verkehrsunfälle ums Leben kommen. Das fordert jetzt ein neu gegründetes „Personenbündnis für einen zentralen Gedenkort der Bundesrepublik für die im Straßenverkehr Getöteten“. Geplant sei ein Denkmal, das direkt gegenüber des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur an der Invalidenstraße in Berlin Mitte entstehen soll. 

Das Bündnis wirbt für seine Idee mit dem Slogan „Über 700.000 Tote sind genug“ und beruft sich dabei auf neue Statistiken, nach denen die Zahl der im Verkehr ums Leben Gekommenen in den vergangenen Jahren wieder angestiegen ist. Allein in Berlin gab es im Jahr 2018 rund 45 Tote bei Verkehrsunfällen, das sind 20 Prozent mehr als noch 2017 – und besonders oft hat es leider mal wieder Fahrradfahrer getroffen. Deutschlandweit liegt die Zahl sogar bei über 3000 Toten. Die 700.000 aber, von denen hier die Rede ist, beziehen sich auf die Gesamtheit aller Verkehrstoten in Deutschland seit 1950. Bei vielen Abgeordneten und auch in der rot-rot-grünen Koalition trifft die Mahnmal-Idee trotzdem auf Zustimmung.

Denkmäler reduzieren keine Unfälle

Ja, die hohe Anzahl an Verkehrstoten ist schmerzhaft und sehr traurig. Sie sollte uns aber in erster Linie die Augen öffnen, wie wichtig permanente Aufmerksamkeit und Sicherheitsvorkehrungen im Straßenverkehr jeden Tag sind. Und ja, natürlich braucht es Orte, an denen man gemeinsam Opfern gedenken kann. In diesem Fall drängt sich jedoch die Frage auf, ob eine Investition in dringend benötigte Sicherheitsmaßnahmen und längst überfälliges Handeln der Politik zunächst nicht wichtiger wären, als Gelder für ein Mahnmal auszugeben?

Ein Beispiel: 1970 gab es in Deutschland so viel Unfalltote wie noch nie zuvor. Damals existierte noch keine Gurtpflicht. Nach der Einführung einer solchen Pflicht ist die Zahl der bei Unfällen Umgekommenen rapide gesunken. Weil eine Sicherheitsmaßnahme konsequent umgesetzt wurde.

Was ich damit sagen will: In Anbetracht dessen, dass sich zukünftig immer mehr Fahrzeuge auf den Straßen befinden werden, müssen wir gewährleisten, dass beispielsweise Fahrradfahrer ausreichend geschützt sind, indem Radwege ausgebaut werden, indem endlich Rechtsabbiegeassistenten bei Lkws eingeführt werden und indem Tempolimits konsequent umgesetzt werden. All diese Punkte sind längst aufgeschrieben worden, im sogenannten Mobilitätsgesetz. Anstatt eines Mahnmals, muss die Priorität zuerst darauf liegen, die Maßnahmen jetzt zügig umzusetzen, damit die Zahl der Verkehrstoten wieder sinkt. Die Umsetzung des Mobilitätsgesetzes rettet Leben. Ein Mahnmal hingegen nicht.

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