Helfen ist einfach – Ein Nachmittag bei der Berliner Obdachlosenhilfe

© Marit Blossey

Es ist ein sonniger Frühlingsnachmittag, die ersten wirklich warmen Sonnenstrahlen haben Berlin in den letzten Tagen wieder zum Leben erweckt. Rund um den U-Bahnhof Pankstraße im Wedding ist viel los, Radfahrer rasen vorbei, die Leute vor den Spätis trinken ihr erstes Bier um 13 Uhr. Ich biege ab in eine Seitenstraße, die Buttmannstraße. Die Räume der Obdachlosenhilfe befinden sich dort, direkt im Erdgeschoss, die Eingangstür steht weit offen.

Die Berliner Obdachlosenhilfe ist ein Verein von Ehrenamtlern, der 2013 gegründet wurde. Dreimal die Woche (mittwochs, samstags und sonntags) treffen sich hier in den Vereinsräumen Freiwillige, um eine "Hilfstour" zu organisieren. Erst werden Brote geschmiert, warme Gerichte gekocht und Kleiderspenden sortiert, anschließend wird alles in einen kleinen Bus geladen. Drei Stationen werden dann von diesem Bus am frühen Abend angefahren: erst der Leopoldplatz im Wedding, dann der Alexanderplatz, zum Schluss das Kottbusser Tor. Dort werden Essen, warme Getränke, Hygiene-Artikel, Kleidung und Schlafsäcke an Menschen verteilt, die auf der Straße leben. Viele ihrer Gäste kommen sehr regelmäßig, erzählt mir Basti, einer der sogenannten "Stammhelfer" der Obdachlosenhilfe. Man kennt sich, unterhält sich über dies und das.

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Jeder kann mitmachen

Als "Neuling" werde ich sofort herzlich begrüßt und gebeten, mir als allererstes gründlich die Hände zu waschen. Dann bekomme ich eine kurze Einweisung. Im hinteren Teil der Vereinsräume befindet sich eine große Küche: Hier werden gerade kiloweise Kartoffeln für einen vegetarischen Eintopf geschält, dabei läuft über eine kleine Box laut Hip-Hop. Am Tisch im vorderen Raum, gleich neben einer kleinen Küchenzeile mit zwei vollgepackten Kühlschränken, werden währenddessen haufenweise Brote geschmiert: Frischkäse, Gouda, Salami. Je zwei Brote werden in kleine Plastiktüten abgepackt und in den großen Kisten gestapelt, die überall herumstehen, genauso wie jede Menge andere Lebensmittel: Joghurt, Obst, Süßigkeiten. Alles Spenden von Supermärkten oder Bäckereien. Die meisten haben knapp das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten, sind aber noch genießbar.

Obdachlosenhilfe
© Marit Blossey

Viele helfende Hände

Beim Broteschmieren komme ich gleich mit zwei Mädels ins Gespräch, die ebenfalls zum ersten Mal da sind. Während wir uns die Toastbrot-, Margarine- und Käsepackungen hin- und her reichen und uns unterhalten, kommen ständig neue Leute an, setzen sich zu uns oder verschwinden in der Küche. Ich bin wirklich positiv überrascht, wie viele Leute vorbeischauen und helfen wollen: "An manchen Tagen ist es hier so voll, dass wir gar nicht genug Platz haben für so viele Helfer", verrät Basti mir. Menschen aus allen möglichen Ländern, Altersgruppen und Lebenssituationen sind darunter, von Studenten über Vollberufstätige bis hin zu Arbeitslosen. Es wird im Wechsel Deutsch, Englisch und Französisch gesprochen. Jeder kann natürlich kommen und gehen, wie er mag und Zeit hat: Manche kommen nur nachmittags zum Vorbereiten, andere stoßen erst abends zur Tour dazu, wenn sie Feierabend haben.

Obdachlosenhilfe
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Das Highlight des Tages: Die Schoko-Hasen

An motivierten Hilfskräften mangelt es also gar nicht in erster Linie. Wohl aber an Geld- und Sachspenden, denn auf die ist der Verein ebenso dringend angewiesen. Vor allem, weil die Obdachlosenhilfe plant, zum Ende des Jahres in größere Räumlichkeiten umzuziehen, damit es endlich mehr Platz für all die Spendenkisten und helfenden Hände gibt.

Die Zeit vergeht schnell, denn obwohl wir mittlerweile locker 15 Helfer sind, hat jeder alle Hände voll zu tun. Gegen 18 Uhr wird der Bus beladen und es geht los. Am Alex erscheinen immer die meisten Gäste, wie mir Basti schon vorher berichtet hat. Tatsächlich scheint die Schlange der Menschen, die sich entlang unserer mit Lebensmitteln gefüllten Boxen einreihen, gar kein Ende zu nehmen. Auch unter den Gästen sind alle möglichen Altersgruppen vertreten, die meisten sind wahrscheinlich um die 50 Jahre alt. Vor allem sind sie fast alle unglaublich freundlich und dankbar für das Essen. Probleme gibt es so gut wie nie, wurde mir von anderen Stammhelfern vor der Tour erzählt; in den letzten fünf Jahren habe es vielleicht drei oder vier Mal eine Auseinandersetzung mit aggressiven oder alkoholisierten Gästen gegeben, meistens verläuft alles sehr friedlich. Der vegetarische Eintopf kommt heute besonders gut an. Am beliebtesten sind an diesem Abend aber die goldenen Lindt-Osterhäschen, die die Obdachlosenhilfe jetzt, zwei Wochen nach Ostern, kistenweise gespendet bekommen hat.

Obdachlosenhilfe
© Marit Blossey

Nach der Tour geht es noch einmal zurück zu den Vereinsräumen, um abzuspülen und aufzuräumen. Gegen 22.30 Uhr ist der Tag zu Ende – ich bin erschöpft, aber um viele Eindrücke und nette Bekanntschaften reicher.

Die Hilfstouren finden immer mittwochs, samstags und sonntags statt. Für alle Touren gilt: Man braucht sich nicht anmelden, sondern kann vorbeikommen, wann immer man möchte. Mittwochs und samstags fährt der Bus abends zum Leopoldplatz, Alexanderplatz und Kottbusser Tor, sonntags findet die Ausgabe am Hansaplatz statt. Die Vorbereitungen starten immer um 13.30 Uhr in den Vereinsräumen der Obdachlosenhilfe, Buttmannstraße 1A, 13357 Berlin-Wedding. Auf der Website der Obdachlosenhilfe könnt ihr außerdem mit nur wenigen Klicks Geld an den Verein spenden.

© Marit Blossey
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