Unterwegs zur Geisterstunde – Der Fotograf Romeo Alaeff zeigt eine andere Seite Berlins

© Romeo Alaeff

Der gebürtige New Yorker Fotograf und Künstler Romeo Alaeff hält ein nächtliches Berlin fest, das man vielleicht selbst fast jede Nacht erlebt, das aber so in keinem Reiseführer und hochglanzpolierten Instagram-Profil zu finden ist. Ich habe ihn gefragt, was ihn gerade an der Berliner Nacht fasziniert und wo er seine Motive findet.

1. Romeo, dein Motiv ist die Nacht. Was fasziniert dich an der Nacht im Allgemeinen und der Berliner Nacht im Speziellen?
Ich mache Bilder von anderen Städten in der Nacht, aber die Geheimnisse Berlins entdecke ich gerade erst. Berlin ist so lebendig am Abend, aber es hat viele dunkle Ecken und ich finde, dass diese beiden Dinge in einer sehr poetischen Weise miteinander duellieren. Ich interessiere mich besonders für die Transformation der öffentlichen Orte, wenn der Tag zur Nacht wird. Die interessantesten Motive entstehen so meistens zur sogenannten "witching hour", der Geisterstunde.

© Romeo Alaeff
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2. Was offenbart die Nacht, was am Tag verborgen ist?
Wie's im alten Whodini-Song so schön heißt, "the freaks come out at night", und das mag ich an Berlin genauso wie in New York. Aber auch dass die Arbeiter und Tagestouristen nach Hause gehen und große Teile der Stadt leer zurück lassen. Ich mag die Dunkelheit und die Stille genauso wie das nächtliche Chaos. Die Dunkelheit fordert dich (auch technisch) heraus. Man muss seinen Blick auf die Stadt ändern und die Schatten enthüllen. So wie man die Belichtungszeit verlängern muss, muss man sich selbst entschleunigen.

3. Wo hältst du dich nachts in Berlin am liebsten auf? Und welchen Ort meidest du?
Berlin hat vor allem eine starke politische und musikalische Geschichte, aber das versuche ich zu vermeiden. Berlin bzw. bestimmte Orte Berlins sind oftmals zu klischeebeladen, was das betrifft, und obwohl ich natürlich auch Elemente davon festhalten will, interessieren mich diese “lost in translation"-Momente mehr, jene, die nicht in typischen Fotos von Berlin zu sehen sind. Ich versuche, die Orte zu finden, die oftmals ignoriert oder als langweilig oder profan abgestempelt werden. Besonders dort findet man viel Mystisches und Schönes.

4. Zwei Fotos stechen aus deiner Serie besonders heraus, wie ich finde. Was ist hier passiert?

© Romeo Alaeff

Ich muss zugeben, dass es ziemlich strange war, diese Szene mitzuerleben. Ich war mit einer anderen Fotografin unterwegs, Ines LALA, die auch ein paar tolle Fotos gemacht hat. (Sie ist eigentlich Architektin und Städteplanerin.) Wir haben beide an unseren Projekten gearbeitet, als wir uns plötzlich in diesem Gemenge wiederfanden. Es war unmöglich, zu sagen, was zur Hölle da passierte oder wer mit wem kämpfte – wir standen einfach nur perplex da und beobachteten, wie der Kampf ausbrach und sich wieder beruhigte. Der Zug fuhr nicht mehr weiter und die Polizei brauchte auch ziemlich lange, sodass die Leute um uns abwechselnd gelangweilt, verängstigt und perplex waren.

5. Das zweite Bild, das wirklich bemerkenswert ist, ist dieses. Ist das gestellt oder hast du genau im richtigen Moment abgedrückt? Und was ist danach passiert?

© Romeo Alaeff

Das war einer dieser "glücklichen" Zufälle. Ich hab gar nicht so genau gemerkt, was passiert ist, bis ich das Foto richtig ansah. Ich hab nur gesehen, dass der Junge irgendwas Komisches machte, aber ich habe die Puzzleteile nicht zusammengesetzt. Eigentlich dachte ich, dass die Drei Teil der gleichen Gruppe wären, als ich vorbeiging. Später hab ich dann gemerkt, dass der Junge die Frau links bestehlen wollte und dass der Mann rechts ihn trainiert und/oder beschützt hat. Ich weiß nicht, was danach passiert ist, aber ich war doch ein bisschen besorgt, als ich das Foto dann später sah.

6. Wie bist du eigentlich dazu gekommen, Berlin bei Nacht zu fotografieren und was sind deine nächsten Projekte?
Vor ein paar Jahren habe ich Sicherheitsapparate und das ganze Theater drumherum für eine Serie namens “Life During Wartime” fotografiert. Diese Fotos wurden dann zu einem eigenen Projekt namens “Insecurity”, das die Eskalation der Sicherheitsapparate in den USA, Deutschland und Israel miteinander vergleicht. Als ich versucht habe, Fotos für dieses Projekt zu machen, bemerkte ich plötzlich ganz andere Orte, die während der Nacht eine cineastische, fast theatralisch gestellte Atmosphäre hatten. Nacht ein paar Jahren fand ich einen Rahmen und eine Form für die Fotos und nun kompiliere ich die Berliner Bilder derzeit für ein Buch mit dem Namen "Nacht", das ich gern dieses Jahr veröffentlichen möchte.

Vielen Dank!

© Romeo Alaeff
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Mehr Fotos von Romeo Alaeff findet ihr auf seiner Website und bei Instagram, Flickr und Twitter.

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