Fu Gee La #19 – Bestechungsskandal am LaGeSo, Demonstration gegen Großunterkunft auf dem Tempelhofer Feld

27. Januar 2016. Jede Woche gibt es neue Nachrichten zu der Flüchtlingssituation in Berlin. Deshalb informieren wir euch hier wöchentlich über die aktuellen Geschehnisse rund um Flüchtlingspolitik und soziales Engagement. Bei “Stil in Berlin” könnt ihr diesen Beitrag auch auf Englisch lesen.

Die Zahl der Woche

1400 | So viele Menschen nahmen an der Bürgerversammlung im ehemaligen Flughafen Tempelhof teil, um gegen die Expansion der Unterkunft dort zu demonstrieren. Mehr zu dem Thema weiter unten.

Wie läuft’s beim LAGeSo?

Seit Langem machten Helfer darauf aufmerksam, dass die wartenden Menschen über Stunden und Tage in der Kälte vor dem LaGeSo frieren müssen. Heute Nacht nun ist ein Syrer nach einem Herzversagen gestorben, wie Freiwillige berichten. Er wurde von Dirk V. ins Krankenhaus gebracht, der ein Protokoll der Ereignisse auf Facebook veröffentlichte. Demnach habe der 24-Jährige seit Tagen mit Fieber und Schüttelfrost vor dem LaGeSo angestanden. Es gibt bisher keine weiteren Details, die Polizei ermittelt aber. Mittlerweile werden sogar Stimmen laut, dass das Ganze eine Fake sei. [Ein aktuelles Update, Stand 28.01., gibt es am Ende des Artikels.]

Dagegen ist die Nachricht, dass es noch immer Probleme bei der Auszahlung von Verpflegungsgeld gibt, fast banal. Die Geflüchteten warten zum Teil seit Monaten auf ihre Bezüge, haben kein Geld für Essen und müssen hungern (zusätzlich zur Kälte!). Das LaGeSo hat nun ein Statement veröffentlicht, in dem von einem schnelleren, weniger bürokratischen Weg gesprochen wird, die Gelder in Kooperation mit den Flüchtlingsunterkünften zu verteilen.

Als wäre das alles nicht schon schlimm genug, wurde jetzt auch bekannt, dass ein Übersetzer Geld von Flüchtlingen angenommen hat, um sie bei der Bearbeitung ihrer Fälle zu bevorzugen. Das gestand das LaGeSo diese Woche ein.

Was macht die Politik?

Wir haben bereits über die Pläne des Senats für die Massenunterkunft auf dem Tempelhofer Feld geschrieben. Politiker erklären gebetsmühlenartig, dass die mobilen Unterkünfte nur bis 2019 existieren sollen. Dass das recht unwahrscheinlich sein wird und auch bei der Bevölkerung auf Unglauben stößt, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Georg Classen, Mitglied des Flüchtlingsrats Berlin, sagte, dass die Unterkunft Berlins größte, schlimmste und teuerste Unterkunft sein wird. Der Senat gab sogar zu, dass keiner der Geflüchteten, die dort seit letztem Herbst leben, in eine bessere Unterkunft untergebracht werden konnte. Der Senat wird morgen über die Zukunft von Tempelhof abstimmen. Währenddessen machen immer mehr Artikel auf die unhaltbaren Zustände dort (schlechte Qualität der Lebensmittel, unzureichende Hygiene und kaum Privatsphäre) aufmerksam.

Weiterhin wird nach Möglichkeiten gesucht, adäquate Wohnungen für Geflüchtete zu finden. Der Tagesspiegel berichtet nun sogar, dass Besitzer von Ferienwohnungen diese – zum Teil illegal – an Flüchtlinge untervermieten und sich die Miete vom Senat finanzieren lassen. Die Berliner Zeitung schreibt sogar über einen Betreiber eines Obdachlosenheims, der seine Obdachlosen rausschmiss, um Platz für Flüchtlinge zu machen, da diese profitabler seien.

Gewalt unter Flüchtlingen ist ein großes Problem, besonders in den Unterkünften, in denen Menschen nicht genug Privatsphäre haben. Besonders schlimm ist die Situation für LGBT-Geflüchtete. Edition F hat mit Heike Rabe vom Deutschen Institut für Menschenrechte gesprochen, die mehr sichere Räume für Frauen und Opfer von sexueller Gewalt fordert.

Aber nicht nur Gewalt innerhalb der Unterkünfte ist ein Problem, sondern auch jene gegen die Heime. Wikipedia hat nun eine Liste mit Anschläge gegen Flüchtlingsheime in Deutschland veröffentlicht.

Gibt es auch schöne Geschichten?

Google hat das Projekt "Project Reconnect" gestartet und spendet 25.000 Chromebooks an Nonprofit-Organisationen, um Geflüchteten in Deutschland zu helfen. Organisationen können die PCs für Sprachkurse nutzen, um Internet-Cafés zu eröffnen oder Aktivitäten für Kinder zu organisieren. Bewerbungen dafür werden bis zum 8. Februar auf der Website entgegen genommen.

Bildschirmfoto 2016-01-27 um 12.07.53

So kannst du diese Woche helfen

Unsere Freundin Jule Müller hat einen tollen Leitfaden geschrieben für diejenigen, die helfen wollen, aber nicht wissen, wie. Lesen!

Die Unterkunft in der Großbeerenstraße in Mariendorf sucht nach Schulzubehör wie Rucksäcke, Stiften, Notizblöcken und -büchern und vielem mehr.

Kreuzberg Hilft lädt am Sonntag, 31.01., zu einem Tag der offenen Tür ein, um über ihre Arbeit, Pläne und Jobmöglichkeiten zu informieren. Das Ganze ist natürlich umsonst.

Berlin möchte sich bei allen, die ihre Zeit und ihr Geld in die Flüchtlingshilfe gesteckt haben, bedanken. Dazu gibt es am Sonntag, 31.01., freien Eintritt zu diversen Museen, Theatern und in den Tierpark/Zoo. Das komplette Programm findet ihr hier.

Das Buch ICOON for refugees ist fertig! Wir haben hier schon mal über das Bild"wörter"buch der Berlinerinnen Gosia Warrink, Katja Koeberlin und Monika Pfau geschrieben, mit dem sich Geflüchtete und Helfer gleichermaßen bei Sprachproblemen untereinander verständigen können. Ihr könnt 20 Exemplare für nur 20 Euro kaufen, die direkt an Hilfsorganisationen gespendet werden (1 Buch ist natürlich für euch!).

Bildschirmfoto 2016-01-27 um 08.09.12

Engagieren
Infos und Links zu einzelnen Flüchtlingsinitiativen Berlins findet ihr auf der Seite des Flüchtlingsrats Berlin und bei bürgeraktiv – das Engagementportal. Bei Volunteer Planner könnt ihr euch als freiwilliger Helfer an einer der zahlreichen Unterkünfte registrieren. Und hier findet ihr alle aktuellen Bedarfslisten der Unterkünfte.


Update 28.01.: Die Geschichte um den toten Syrer war von Dirk V. frei erfunden, wie unter anderem der Tagesspiegel schreibt. Der Mann stand anscheinend unter erheblichem psychischen Stress und beichtete die Lüge am Abend des 27.01. der Polizei. "Es ist bezeichnend für diese aufgeregte, zuweilen hysterische  Zeit, vor allem aber für die Zustände am Lageso, wie viele Menschen einen solchen beschriebenen Tod sofort für möglich gehalten haben.", schreibt Lorenz Maroldt im Tagesspiegel Checkpoint. Wir möchten uns dem anschließen, entschuldigen uns aber für die Falschmeldung.


Der Titel dieser Serie stammt von dem Fugees-Song “Fu Gee La”Das ist letzte Woche passiert.

Titelfoto: © stockfotoart/Shutterstock

Zurück zur Startseite