Was man sich von Berliner Hausmeistern abgucken kann

Ich mag Hausmeister. Also Berliner Hausmeister. Über Hausmeister in anderen Städten kann ich keine Aussage treffen. Berliner Hausmeister jedenfalls sind diese rare Sorte von Berlinern, die so ein bisschen bärchenmäßig rüberkommen (auch aufgrund ihres Bauchumfangs. No offense!), konsequent „die“ als Artikel für jedes Substantiv benutzen („Da hätten Sie mal die Hausverwaltung fragen müssen wegen die Reparatur.“) und generell herzensgute Menschen sind – auch wenn man ihnen das aufgrund der den Berlinern typischen Schnodderigkeit, die ja gern mit Arroganz verwechselt wird, aber einfach nur eine herzliche Abgebrühtheit ist, nicht sofort anmerkt. Muss man wissen. Muss man vielleicht auch selbst so sein. Mein Fahrlehrer ist auch so einer – passenderweise heißt seine Fahrschule auch „Bärchens Fahrschule“. Hallo, Dieter!

Mein Hausmeister ist jetzt leider nicht mehr mein Hausmeister, weil ich letzte Woche umgezogen bin und ihn damit zum dritten und letzten Mal in vier Jahren gesehen habe. Das erste Mal trafen wir uns bei der ersten Wohnungsübergabe, das zweite Mal, glaube ich, wegen eines Wasserschadens zwei Stockwerke über mir. Vielleicht war es auch wegen meiner Zimmerdecke, die sich während des Streichens plötzlich verselbstständigte und auf den Kopf meiner Freundin krachte.

DeckeDas Loch in der Decke nach dem Streichen. Nicht das erwartete Ergebnis.

Vielleicht hab ich meinen Hausmeister in all den Jahren auch gar nicht gesehen, weil Hausmeister zwar immer erreichbar sind, aber diese ungeliebten Aufgaben gern an Dritt-Unternehmen verteilen. Wer hat, der kann. Und Hausmeister haben eigentlich selten Lust, sich um irgendwas persönlich zu kümmern. Nicht aus Faulhheit, möchte ich behaupten, sondern einfach, weil sie delegieren können und dürfen. Würde ich ja genauso machen. Ich hätte auch keine Lust, mich um jedes Problem nervender Mieter zu kümmern – wie zum Beispiel Wasserrohrbrüche oder keksige Styroporwände und -decken.

Vielleicht sind Hausmeister auch deswegen so gelassen. Sie haben schon alles gesehen. Und sie kennen die Probleme der Mieter und wollen ihnen, im Gegensatz zu raffhalsigen Vermietern, das Leben in baufälligen Gemäuern bestenfalls erleichtern. Zumindest war mein Hausmeister so einer.

Vielleicht sind Hausmeister auch deswegen so gelassen. Sie haben schon alles gesehen.

Bevor ich ihn letzte Woche wiedersah, hörte ich immer nur über den stets alkoholisierten älteren Mann, der ein Stockwerk über mir wohnte, von ihm. Der stets alkoholisierte Mann hielt sich am liebsten im Keller auf, wo er gern den Boden in bunten Farben strich und mir während meiner raren Besuche dort drei Knöpfe an die Backe laberte. Seine liebster Knopf handelte von dem Hausmeister, der sich schon wieder über das fehlende Schloss an meiner Kellertür beschwerte haben wollte. Ich bezweifelte das immer stark, weil Hausmeister ja selten einfach mal so vorbeischauen (siehe oben), aber ich ließ ihm in dem Glauben und sah zu, dass mir von den Farb- und Alkoholdämpfen nicht auch noch einer erschien.

Als der Hausmeister dann während der Übergabe letzte Woche meine Kellertür (vermutlich zum ersten Mal) sah, bestätigte sich meine Annahme, dass der ältere Herr sich den Hausmeister als Trinkkumpel womöglich nur herbeiimaginisiert hatte. „Was ist denn hier passiert? War das schon immer so?“, fragte er etwas verdutzt. „Jaja, das war schon so, als ich den übernommen hab“, schob ich langsam hervor, nur um mich zu korrigieren, weil ich schlecht lügen kann: „Naja, nee, eigentlich hab ich mal den Kellerschlüssel verloren, keine Ahnung wie, und musste das Schloss dann aufbrechen.“ Der Hausmeister guckte mich schief an, lächelte und sagte: „Das hätten Sie eigentlich melden müssen. Naja, das mache ich morgen selbst schnell.“

Warum sollte man die Dinge auch komplizierter machen, als sie sind. Da wird das Problem lieber selbst in die Hand genommen. Fertig ist der Lack.

So geht das dann bei der Übergabe in der Wohnung weiter. Delle in der Wand, Emaillefehler an der Badewanne, Loch im Laminat – wird alles schnell morgen gemacht. So lange die Nachmieterin damit einverstanden sei, naja, und er wolle mich ja auch nicht um meine Kaution bringen. Ich bin dem Hausmeister in diesem Moment ganz schön dankbar, denn ich will ja tatsächlich meine Kaution zurück haben und war bereits seit drei Monaten damit beschäftigt, Aus- und Umzug zu planen und Schlupflöcher in hinterhältigen Internetverträgen zu finden. Nach zwei Stunden Hin und Her ist das Übergabeprotokoll dann unterschrieben, fester Händedruck, danke, schönes Leben noch. Ihnen auch!

Noch so eine Eigenschaft, die ich an dieser Sorte Mensch mag: Unkompliziertheit. Warum sollte man die Dinge auch komplizierter machen, als sie sind. Da wird das Problem lieber selbst in die Hand genommen. Fertig ist der Lack. Das nennt man dann Hilfsbereitschaft. Wo wir wieder bei der Herzlichkeit wären. Ich finde, dass sich da einige Menschen mal was abgucken könnten.

Mein Hausmeister weiß wahrscheinlich gar nicht nicht, dass ich ihn mochte. Vielleicht hole ich das bei dem neuen nach. Je nachdem, ob er mit meinem alten mithalten kann.


Titelfoto: © Scrubs

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