Kampf der Gentrifizierung – Wie eine Nachbarschaftsinitiative einen Gemüseladen rettete
Wie der persönliche Einsatz von Anwohnern etwas in der Stadt bewirken kann, haben die letzten Wochen in Kreuzberg gezeigt. Genauer: im Wrangelkiez.
In der Wrangelstraße 77 ist seit fast 30 Jahren der türkische Gemüseladen "Bizim Bakkal" (zu deutsch: Unser Laden) ansässig, geführt in dritter Generation von Ahmet Çalışkan. Der Laden ist eine feste Instanz im Kiez – und sollte nun Luxus-Wohnungen weichen, denn die Eigentümerin des Hauses hatte dem Ladenbesitzer Anfang des Jahres gekündigt.
Als dies in der Nachbarschaft bekannt wurde, wurde kurzerhand die Nachbarschaftsinitiative "Bizim Kiez" gegründet, die sich vehement für den Erhalt des Ladens einsetzte. Die Teilnehmerzahl der wöchentlichen Treffen, Sit-ins, Picknicks, Veranstaltungen und Demonstrationen wuchs über die letzten Wochen derart stark an, dass zum Teil die komplette Wrangelstraße unzugänglich war.
Und Bizim Kiez hatte Erfolg: Die Eigentümerin zog am 1. Juli die Kündigung zurück, wie der rbb berichtet. "Bizim Bakkal" darf bleiben!
Update 16.00 Uhr: Die Verantwortlichen der Initiative "Bizim Kiez" haben auf ihrer Facebook-Seite folgende Nachricht veröffentlicht, die der Freude über den Erhalt ein bisschen Wind aus den Segeln nimmt. Die Kündigung wurde zwar abgewendet, dennoch ist das Mietverhältnis unklar.
"Gerüchte sind Gerüchte. Die Situation um Bizim Bakkal ist folgende: Die anwaltliche Vertretung der Wrangelstr. 77 GmbH, die Besitzerin der Immobilie ist, in der Ahmet Çalışkan Mieter von Bizim Bakkal ist, hat die Kündigung zurückgenommen.
Damit ist aber nichts gewonnen, denn das bedeutet, dass es nach wie vor keinen gültigen Vertrag mit definierter Laufzeit gibt. Jederzeit könnte wieder gekündigt werden. Diese Situation besteht so schon seit Jahren und war kein Problem mit der alten Hausbesitzerin, zu der ein großes Vertrauensverhältnis bestand. Durch den Verkauf des Hauses an die jetzige Besitzerin fühlte sich Ahmet Çalışkan genötigt, seine Situation abzusichern. Er wollte deshalb einen neuen Vertrag mit einer definierten langen Laufzeit aushandeln, damit seine Familie Planungssicherheit bekommt. Da er selbst gesundheitlich strak angeschlagen ist, wollte er einen neuen Vertrag, in dem auch sein Sohn genannt ist, damit es für die Familie weitergehen kann. Diese Tatsache hat nun der Anwalt der Gegenseite dafür genutzt, es so darzustellen, als wollte Ahmet Çalışkan den Laden aufgeben. Das ist nicht der Fall und eine Falschaussage."
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Fotos: © Bizim Kiez