Der Ausverkauf geht weiter: Neue Bebauungspläne für die Mediaspree sind da

An der Mühlenstraße in Friedrichshain, zwischen Mauerstreifen und S-Bahn-Trasse, ödete lange Zeit eine Industriebrache vor sich hin. Hier konnten die Kids in den 1990er Jahren illegale Partys veranstalten und die Sau raus lassen. Hier konnte man nach dem Mauerfall und der Wende erfahren, was eine geteilte Stadt und Berliner Mauer für die Menschen in Berlin bedeutete. Hier kamen sogar 2012 noch Menschen hin, um für den Erhalt des letzten langen Mauerstreifens zu kämpfen – um Geschichte erlebbar und zugänglich zu machen.

Doch die Stadt kümmert sich scheinbar wenig um Geschichte, nachhaltige Stadtentwicklung und lebenswerte urbane Räume. Lieber verkauft sie Gelände an Investoren, die ihren Profit nicht mit bezahlbarem Wohnungsraum machen wollen, sondern mit Kaufhäusern, Hotels und künstlerisch belanglosen Begegnungsstätten. Und so entdeckten Investoren das Land an der Mühlenstraße und das gehasste Mediaspree war geboren. Erst wurde hier eine Mehrzweckhalle gebaut, dann kam die neue Mercedes-Benz-Niederlassung und vor drei Jahren wurde ein Stück der Mauer entfernt, um Platz für Wohngen zu machen, die sich kein Berliner leisten kann, geschweige denn will.

So hat sich das Gelände von 2008 zu 2014 verändert:

 

Diese Woche nun stellte die Anschutz Entertainment Group und Mercedes-Benz, die neuen Pläne für das Areal rund um die Arena vor. Wie der Tagesspiegel berichtet, sollen bis 2018 eine Veranstaltungshalle für 4000 Besucher, ein Kino mit 2500 Plätzen, ein Bowlingcenter mit 28 Bahnen, Cafés, Restaurants, Bars und zwei Hotels mit 380 Zimmern entstehen. Dazu kommen Bürogebäude, in denen 20.000 Menschen arbeiten sollen. Man kann wohl davon ausgehen, dass die wenigsten der 4000 geplanten Wohnungen bezahlbar sein werden.

Wer sich wundert, warum ihm die Bilder so bekannt vorkommen, der irrt nicht: Das erinnert stark an den Potsdamer Platz – nur eben mit Spreeblick.

o2 Mediaspree

Wer soll in dieser Stadt eigentlich leben und sich wohl fühlen? Ein nachhaltiges touristisches Konzept ist sicherlich notwendig, um Berlin auch weiterhin attraktiv für Besucher zu machen. Aber Berlin ist nur deshalb so attraktiv, weil es eine einzigartige Mischung aus Subkultur, Hochkultur, Geschichte, kreativen Räumen für Unternehmensgründer und Künstler bietet. Das alles verschwindet, wenn die Stadt es nicht schafft, seine wichtigste Ressource hier zu halten und sie stattdessen lieber an die Peripherie und letztendlich aus der Stadt drängt.

Dann nützen auch die vielen Hotels und Einkaufscenter nichts, wenn Touristen das, was sie suchen, nicht finden – nämlich ein Berlin, das nicht totkommerzialisert wurde und aussieht wie jede andere amerikanische Industrieparkhölle.

Buch, Mit Vergnügen, Berlin für alle Lebenslagen
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