Kiff-in Berlin: Wächst im Görli wieder Gras?
Eh hello. My names Tim and I'm a criminal,
In the eyes of society I need to be in jail,
For the choice of herbs I inhale.
Eigentlich würde es reichen, für diesen Artikel und die komplette Diskussion um die Legalisierung von Marihuana "The Irony Of It All" von The Streets zu zitieren. Denn Mike Skinner brachte schon 2002 überspitzt mit einem wortreichen Gespräch zwischen einem "Säufer" und einem "Kiffer" auf den Punkt, wie heuchlerisch die stigmatisierte Verdammung von Gras durch die Regierung ist. Dabei geht es nicht darum, dass Marihuana die bessere Droge ist, sondern auch keine bessere als Alkohol. Oder normaler Tabak. Wo werden hier die Grenzen gezogen?
Die Grenze liegt nun, so will es Berlins Innensenator Frank Henkel, bei einem Gramm. Der Besitz von einem Gramm Marihuana, wohlgemerkt nur im Görlitzer Park, kann von der Polizei toleriert werden. Alles darüber ist strafbar. Noch bis vor Kurzem lag die Toleranzgrenze bei 10 bis 15 Gramm und das tut sie in Berlin auch immer noch – nur eben nicht mehr im Görli. Was für eine Quatschreglung. Der Innensenator will damit das "Drogenproblem" (und wahrscheinlich auch das "Ausländerproblem") im und um den Görli in den Griff bekommen – und verdrängt es damit doch nur in andere Stadtteile.
Die Null-Toleranz-Strategie im #Goerlitzerpark scheint schon aufzugehen. In der Hasenheide so viele Dealer wie nie, trotz Regen. #Kreuzberg
— Sabine Rennefanz (@SabineRennefanz) 30. März 2015
Also versammelten sich gestern ein paar hundert Menschen um den Pamukkale-Brunnen und protestierten mit einem Kiff-in gegen diese Regelung. Bei dem Wetter kamen natürlich nicht die über Facebook für das Event angemeldeten 3000 Solidarischen und so richtig Stimmung wollte auch nicht aufkommen, standen doch ein paar Polizisten Spalier – vielleicht glücklich darüber, falls sie die eine oder andere Rauchschwade erriechen konnten. Zum Massenkiffen kam es nicht (selbst zum 1. Mai liegt im Görli mehr Mariuahna-Duft in der Luft). Ein paar Vereinzelte rauchten leise vor sich hin, die meisten drehten sich eine Zigarette, tranken Bier und kamen, um zu gucken. Ein paar Flaggen wurden geschwenkt, ein paar Lieder auf der Gitarre gespielt, ansonsten übten sich alle in Zurückhaltung; vielleicht waren sie einfach damit beschäftigt, bei der Kälte nicht zu frieren. Man kann's ihnen nicht verübeln.
Dem Kiff-in fehlte auch die Dynamik und die eine für einen Protest typische Führungspersönlichkeit, die mal ein, zwei Worte spricht. Aber gut, so ist das eben mit Kiffern, sie machen keinen Krawall oder schwenken lauthalsig Plakate, sie wollen halt einfach nur 'ne Runde kiffen. Vielleicht sollten wir das Ganze nochmal im Sommer wiederholen.
We're friendly peaceful people
We're not the ones out there causing trouble.
We just sit in this hazy bubble with our quarters
Discussing how beautiful Gail Porter is.
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Fotos: © Charlott Tornow