ABENDBROT MIT SARAH #14 – Brasserie Lamazère in Charlottenburg

Ein Bild wie aus einem Disneyfilm: Im Paris der 80er Jahre sitzt der kleine Régis, Sprössling des berühmten Zwei-Sterne-Kochs Roger Lamazère, in der Wohnung über dem familieneigenen Restaurant am Esstisch und wartet hungrig auf sein dîner. Es klingelt und herein kommt der Oberkellner in weißer Schürze und serviert dem Fünfjährigen eine bunte Auswahl an Haute-Cuisine-Gerichten stilecht unter einer Metallglocke.

So oder so ähnlich muss es gewesen sein in der Kindheit von Régis Lamazère, der vor 10 Monaten am Stuttgarter Platz in Charlottenburg seine Brasserie Lamazère eröffnet hat und damit einer langen kulinarischen Familien-Geschichte ein neues Kapitel hinzufügt. Ein echtes französisches Restaurant mit unverfälscht traditionellen Gerichten und einer guten Weinkarte war sein Traum, und dem Reservierungsbuch zufolge ist ihm das schon jetzt geglückt. Bereits ein paar Wochen nach Eröffnung ist es schwer, ohne Anmeldung einen Tisch zu bekommen und die lokale Restaurantkritik lobt ihn in höchsten Tönen.

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Doch bevor er sich als kulinarischer Botschafter der herzhaften, französischen Küche selbständig gemacht hat, ging es für Régis erstmal um die halbe Welt – nach der Ausbildung hinter Frankreichs feinsten Herden zog es ihn nach London, L.A. und zuletzt in die Heimatstadt seiner Mutter, Berlin. Stefan Hartmann, der Kreuzberger Sternekoch aus der Fichtestraße, heuerte ihn als Maître und Sommelier an. Für sein eigenes Lokal zog es den gebürtigen Pariser aber dann doch gen Westen.

Als wir gegen 18 Uhr am Stuttgarter Platz eintreffen, sind viele der Tische bereits belegt. Ältere Damen lassen den Tag bei einem Gläschen Rosé ausklingen und eine große, französische Gruppe sorgt im hinteren Teil des Ladens bereits für eine angenehm geschäftige Geräuschkulisse. Für uns ist der Spezialplatz neben dem Tresen reserviert – von hier aus kann man mit einem Auge in die Küche schielen, während man wegen der bodentiefen Fenster das Gefühl hat, den Spaziergängern auf dem Trottoir nach jedem Gläschen Wein ein High Five geben zu können. Die perfekte Ausgangslage für einen lauen Sommerabend.

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Es vergeht keine Minute, da landet auf unserem Tisch bereits ein erster kleiner Gruß aus der Küche. Das sensationell knusprige Bridor Baguette und die luftgetrocknete Salami sind bereits ein Statement. Hier werden nur die besten Zutaten verwendet und gerade bei den vermeintlichen Kleinigkeiten wird aufs Detail geachtet.

Als Vorspeisen für unser 3-Gänge-Menü (das mit 32€ kalkuliert wird) empfiehlt uns Régis den Klassiker der französischen Landhausküche: Oeufs Cocotte, zwei Eier mit Crème Fraîche, Pfifferlingen und kleingehäckselten Kräutern in einem hübschen, gusseisernen Töpfchen serviert sowie eine Tunfischvariation, die die französische Herkunft mit Daikon-Gurkensalat, cremigem Avocado-Eis und Aioli-Dip etwas großzügiger auslegt.

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Als Hauptgericht geht es dann weiter mit einem Stück Seehecht auf einem Bett aus weißen Coco-Bohnen, die mit Zitronenabrieb und Calamaretti einen sehr interessanten, frischen Geschmack bekommen. Als Highlight preist Régis dann ein sechs Stunden gegartes Schweine-Confit mit gegrilltem Chicoree und Orangen-Möhren-Püree an – ein Gedicht! Das Fleisch ist so zart, dass man das Messer getrost beiseite lassen kann und der leicht bittere Chicoree setzt einen perfekten Gegenpunkt zum fruchtig-süßen Orangen-Karotten-Brei.

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Obwohl wir gewarnt waren – Kleinkram wie Salate stehen im Lamazère grundsätzlich nicht auf der Karte – müssen wir vor dem Dessert eine kleine Pause einlegen. Zeit, um sich ein bisschen im Lokal umzuschauen. „Ich wollte ganz bewusst keine aufregende Inneneinrichtung haben, sondern einfach und traditionell bleiben“, erzählt Régis und zeigt auf die lange, bistrotypische Sitzbank, die die gesamte Länge des Raumes einnimmt. Ob die orange-gelbe Wischtechnik an der Wand auch eine französische Erfindung ist? Ich muss ein bisschen schmunzeln und freue mich über diese charmante Ignoranz gegenüber zeitgeistigen Interieur-Trends.

Als krönendes Finale landet dann die Spezialität des Hauses auf unserem Tisch. „Es gibt Leute, die kommen nur für den Riz au Lait zu uns“, sagt die Kellnerin verschwörerisch und schiebt uns eine Schiefertafel mit cremigem Milchreis und zwei kleine Schälchen mit salzigem Karamell und gerösteten Mandeln rüber. Milchreis? Zum Nachtisch? Als ich die glitzernden Augen meiner Essensbegleitung Anna sehe, weiß ich warum. „Das ist wie Crack. Man kann nicht aufhören zu essen“, kichert sie. Ich bohre meinen Löffel derweil ins Brombeer-Parfait und freue mich über diesen französischen Kurzurlaub, eine kleine Fahrradtour entfernt von zuhause.

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Brasserie Lamazère
Stuttgarter Platz 18
10627 Berlin
030 – 31800712
[email protected]

Dienstag bis Sonntag 18:00 – 02:00 Uhr

 

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Vielen Dank an  Anna Rose für die Bilder!

Vor zwei Wochen war Sarah bei Brust oder Keule essen. Noch mehr Essen findet ihr in unserer Abendbrot-Rubrik.

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