40 DAYS OF EATING 2015 #1 – East London

Erinnert ihr euch noch an Maria und Sophia, die verfressenen Zwillinge? Die mit Kodderschnauze von ihrem Tag und besonders von ihrem Essen erzählten? Ja? Fantastisch, denn sie sind zurück und hungriger also zuvor. In der ersten und einzigen Food-Soap Berlins gehen die Zwillinge wieder 40 Tage hintereinander essen und berichten aus Berliner Küchen, von kulinarischen Höhen und Tiefen und gutem und schlechten Service. Los geht's mit einem Neujahrskaterfrühstück im East London. Guten Appetit!

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1. Maria, erzähl von deinem Tag.

Ich wache früh auf. Erst einmal den Neujahrs-Neukölln-Bodycheck starten: Alle Finger noch dran? Check. Haare dran? Check! Wimpern dran? Yo! In Neukölln Silvester feiern, heißt Überleben lernen. Meine Stimme ist noch ganz gereizt vom vielen "NICHT INS GESICHT!“-Gebrüll. Ganz groß im Trend auch wieder: Böller irgendwo reinwerfen. Mülltonnen zum Beispiel. Neuköllner Konfetti. Mein Gehirn ist Pudding, mein Körper Gallert.

Als ich in den Spiegel schaue, muss ich an den Lieblingsspruch meiner Mutter denken: " Ich kenne dich zwar nicht, aber ich wasche dich trotzdem". Und mir ist übel... so richtig kotzübel. Handy klingelt, Sophia dran: Sophia wimmert und hat auch Magen. Wir haben uns den Virus eingefangen, der schon seit einiger Zeit in unserem Freundeskreis kursiert.... Ironie des Schicksals nennt man das wohl. Ich hole Sophia ab und wir posen zwischen eingematschten Böllerresten mit graufalem Teint. An diesem Morgen ist einfach alles nur Brei. Wir sind aufgeregt und machen uns auf den Weg nach Xberg. Dabei sprechen wir konsequent in Igelsprache (nasales Grunzen).

2. Wo habt ihr heute gegessen?

Da Dingens… na... ich hab's gleich... East London in Kreuzberg!
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3. Was hast du bestellt und wie hat das geschmeckt?

Wir haben bestellen lassen und es wurde fürstlich aufgetischt: das Standardfrühstück mit dem wohlklingenden Namen "The Monty“. Klassisches "English Breakfast" mit leckeren Baked Beans (Bohnen im wohlschmeckenden Glibber), 'na Wuarst (außen sehr knupsrig, fettig glänzend, innen ordentlich durchwachsen), "fried egg" (Spiegelei), gut durchgeschmorten und gewürzten Champignons und einem Kartoffelpufferball in der Mitte (außen schön knusprig und innen konnte man noch die einzelnen Kartoffelspäne erkennen. Perfekt!). Voll schön anzusehen, voll lecker. Das perfekte Kateressen und richtig ordentlich fettich. Clou des Ladens: Man kann die Gerichte durch verschiedene Zusatzoptionen individuell pimpen, was an den Nachbartischen auch fleißig gemacht wurde: noch 'n Ei, noch 'ne Wurst, noch ein bisschen Blattspinat? Kein Problem. Hier wird hemmungslos auf den Teller geschaufelt und in den Mund gebaggert. Allerdings ist der Laden gar nicht mal so günstig und für "The Monty" muss man schon 10,90 Euro einrechnen.
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4. Wie ist der Service dort?

Wenn man mich mit den Worten "(virgin) Bloody Mary?" begrüßt wird, muss man ganz schön aufpassen, dass man von mir keinen Ring an den Finger gesteckt bekommt. Sehr british: lustig, smart, unaufdringlich.

5. Was gefällt dir an dem Laden besonders, was nicht?

Der Service ist meeegagut und man kommt sehr einfach hin. Der Laden ist sehr aufgeräumt und clean eingerichtet. Wir sind noch etwas zurückhaltend, ist doch irgendwie wieder alles neu.

6. Wie würdest du die Menschen in dem Laden beschreiben?

Genau wie die Wurst auf meinem Teller: grob gemischt. Alt, jung, Ökos, Muttis, Hipster. Es war vor allem total voll für 13 Uhr am Neujahrstag.

7. Mit wem würdest du definitiv nicht hierher kommen und warum?

Detox-Freaks: Ich habe ja in letzter Zeit mit großer Begeisterung festgestellt, dass diese ganze Detox-Bewegung einen kleinen Gegenwind bekommt. Nun darf man wieder in der Öffentlichkeit Fettiges und doppelt Gebackenes, Frittiertes, Kohlenhydratehaltiges und Fleisch essen, ohne sich danach schmutzig zu fühlen und unter der Dusche weinen zu müssen. Das hier ist genau der richtige Laden. Uns ging es danach wirklich viel besser und darum würde ich definitiv meine Freunde zum ordentlichen Katerfrühstück mitnehmen.
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8. Worüber habt ihr gesprochen?

*röchel* Was kommt heute Abend eigentlich im Fernsehen? Milena, heutige Fotografin, guckt nach. Tatort…

9. Was hast du Neues über deine Schwester gelernt?

Sophia haut sich ordentlich Futter rein, trotz Magenvirus und wirklich schlimmer Übelkeit. Eine Testesserin kennt da nix. Das ist aufopfernder Food-Journalismus. Allerdings: Wenn Sophia sagt, sie kotzt im Strahl, dann ist das nicht nur eine leere Drohung.

10. Das Beste an diesem Essen...

Heute dürften wir alles zwei Mal essen…

11. Möchtest du noch etwas sagen?

Sonntags unbedingt reservieren. Englisches Frühstück kommt gut an in Berlin. Ich leg mich jetzt noch mal hin. Und: 40 Days geht in die zweite Runde. Dieser, für mich persönlich grandiose Fakt, wurde von mir ja in den letzten Wochen hart wegignoriert. Jetzt ist es jedoch nicht mehr zu leugnen. Wir sitzen wieder und essen. Das letzte Jahr war der Hammer, danke an alle und Sophia und ich freuen uns riesig auf die nächsten 39 Tage. Hab ich eigentlich noch genügend Gummizughosen im Schrank?

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1. Sophia, erzähl von deinem Tag.

2015, du bist zum Kotzen! Ich wache gegen 8 Uhr morgens auf und muss plötzlich ganz schnell ins Bad. Die Übelkeit haut mir links und rechts eine rein und lässt mich die nächsten Stunden auf meinem Badezimmerboden in embryonaler Haltung verharrennd unaussprechliche Dinge tun. Via Telefon verschicke ich Notrufe an diverse Lieblingsmenschen. Leider sind meine Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt, denn es ist der 1.1.2015, 9 Uhr morgens, und wenn jetzt tatsächlich jemand ansprechbar wäre, müsste ich dieser Person die Freundschaft kündigen. Zu allem Überfluss wohne ich auch noch seit ein paar Tagen alleine. Das Klischee der alternden Tante, die irgendwann in der Dusche ausrutscht und niemanden hat, der ihr hilft, wird plötzlich erschreckend real. Also liege ich weiter rum und gebe mir selbst einen ermatteten Schulterklopfer, weil ich gestern noch das Bad gewischt habe. Zu meinem Erstaunen antwortet Maria dann doch recht schnell. Maria, Retterin in der Not mit großem Herzen und wirksamer Medizin, steht tatsächlich innerhalb von 10 Minuten in meiner Wohnung und tätschelt fleißig meinen Rücken. Ich habe mich doch so sehr auf den heutigen Tag gefreut! Irgendwann geht es mir tatsächlich besser und wir gehen los.

2. Wo habt ihr heute gegessen?

East London in Kreuzberg. I like a lot!
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3. Was hast du bestellt und wie hat das geschmeckt?

Kaffee fällt heute leider aus, weil der Magen motzt. Also gibt es für mich einen echten "English Breakfast Tea". Mit Milch natürlich! Der Tee ist heiß und gut und macht glücklich. Irgendwie kann ich mir aber noch nicht so richtig vorstellen, gleich tatsächlich etwas zu essen. Aber was könnte besser zu einem Neujahrs-Katerfrühstück passen als ein echtes English Breakfast?! Da ich leider ein recht gespaltenes Verhältnis zu Baked Beans habe (Glibber!), bestelle ich ein "Breakfast Butty"-Sandwich. Dieser kleine, drollige Freund bietet mir genau das, worauf ich jetzt so richtig Bock habe: knusprigen Bacon, Ei, Cheddar und Tomate. Da ich seit zwei Tagen nichts gegessen habe, haue ich rein. Und es ist so lecker. Unfassbar lecker. Ich ignoriere das ungute Bauchgefühl und kann ernsthaft nicht aufhören, dieses Sandwich zu essen. Leider bereue ich das direkt nach dem letzten Bissen und es passieren Dinge, die ich hier niemals öffentlich mit euch teilen würde. Danach geht es mir erstaunlicherweise gut. So richtig gut. Als uns in gewohnt liebevoller Manier eine Portion Scones angeboten wird, sage ich spontan zu. Jetzt habe ich nämlich wirklich Hunger. Und diese Scones. DIESE SCONES! Können wir bitte eine kurze Gedenkminute für diese Scones einlegen?

4. Wie ist der Service dort?

Die sind ja so zuckersüß hier! Als wir den Laden betreten, grinst uns eine überfreundliche Person an und ich frage mich ernsthaft, wie man zu dieser Zeit schon so gute Laune haben kann. Offenbar sind alle von unserem Anblick sichtlich irritiert und unsere – gesundheitlich bedingte – Zurückhaltung scheint die Belegschaft leicht nervös zu machen. Jedenfalls werden wir alle zwei Minuten gefragt, ob auch alles okay ist. Gar nichts ist okay! Sterben wollen wir! Ach so, das Essen, ja das ist geil! Wir werden wirklich ganz liebevoll umsorgt und betüddelt und so kommt es, dass zum Abschied innige Umarmungen ausgetauscht werden. Ihr habt uns heute gerettet! Danke!

5. Was gefällt dir an dem Laden besonders?

Die Stimmung ist gelassen, die Gäste schaufeln glücklich fettiges Essen in sich hinein – was will man mehr?! Ich mag das Baukasten-Prinzip, nach dem man sich hier ganz nach Lust und Laune sein perfektes Frühstück bauen kann. Wäre heute nicht der 1.1., hätte ich heute garantiert ein English Breakfast ohne Beans, aber mit extra viel Ei, viel Speck und einem extra Puffer (hash brown) gegönnt. Und dazu hätte es ein Craft Beer gegeben. Hey, Moment, steht da Marmite auf dem Fensterbrett?! Die Einrichtung ist geschmackvoll, nicht zu kitschig und nicht zu kalt. Warme Farben laden zum Verweilen ein. Also, es ist echt nett hier.

6. Wie würdest du die Menschen in dem Laden beschreiben?

Männer, die auf Teller starren! Viele Typen hier, aber eigentlich auch alles gut durchmischt. Alle wirken erschreckend aufgeräumt, was ganz eindeutig am Datum und an der Zeit liegt. Normalerweise ist das Publikum hier schon eher durchwachsen.

7. Mit wem würdest du definitiv nicht hierher kommen und warum?

Mit Clean-Eatern und Feinden der kalorienreichen Ernährung. Mit Menschen, die mir meine Scones wegfuttern. Ich teile ja gern, aber diese Liebe ist noch frisch und duldet keine Störenfriede.
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8. Worüber habt ihr gesprochen?

Über Schmerz. Milena hat Aua. Wir haben Aua. Alle haben Aua.

9. Was hast du Neues über deine Schwester gelernt?

Maria ist Retterin in der Not und Igel-Mama mit einem Herzen aus Gold.

10. Das Beste an diesem Essen...

Das Essen. Is’ schon echt lecker hier. Das Personal ist auch echt super.

11. Möchtest du noch etwas sagen?

Auch wenn der Start etwas holprig war: Ich freue mich wie blöd über 40 Days of Eating 2. Vor uns liegt eine spannende, wilde, leckere, schöne und anstrengende Zeit voller neuer Erfahrungen. Durch meinen kleinen Virus war ich so abgelenkt, dass mich der Start von 40 Days ganz unverhofft getroffen hat. Um so schöner ist es jetzt, wieder mittendrin zu sein. Und wie krass ist es bitte, dass seit dem letzten Mal schon wieder ein Jahr vergangen ist? Haben wir nicht gerade gestern zitternd eine Currywurst in Kreuzberg verdrückt? Und ist es nicht gerade mal ein paar Tage her, dass wir uns durch gefühlte 20 Burger testeten und danach stundenlang zu Hip-Hop-Beats mit vollgefressenen Bäuchen wackelten? Okay, jetzt bin ich wirklich aufgeregt!

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Im letzten Jahr waren die Zwillinge auch essen. Alle Folgen 40 DAYS OF EATING gibt es hier.


Location: East London, Mehringdamm 33, 10961 Berlin | Update Feb. 2016: Das East London hat leider dauerhaft geschlossen.
Fotos: Milena Zwerenz
Titelfoto: Franziska Taffelt
Text: Maria und Sophia Giesecke

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