Kleine geile Firmen: Letterpress in Handarbeit von Volta Press

© Charlott Tornow

In Moabit tut sich was. Während die einen noch immer denken, hier würde es wie im Wilden Westen vor sich gehen, haben die anderen erkannt, wie entspannt und schön die Insel ist. Vor allem auf der Alt-Moabiter siedeln sich rund um die Bolle Festsäle immer mehr kleine Cafés, Modeläden und Restaurants an. Neuster Zugang ist der kleine Letterpress-Laden Volta Press von Laureen Mahler und John Peck. Was von außen wie eine Papeterie wirkt, ist tatsächlich auch eine kleine Druckwerkstatt. Die beiden haben sich der alten Kunst des Letterpress verschrieben, eine Drucktechnik bei der das Motiv mit alten Buchstaben (bei Volta Press zum Teil von solchen Anfang des 20. Jahrhunderts) gesetzt wird. Ich habe Laureen im Laden besucht und mir die Kunst des Letterpress zeigen lassen. Alles, was die beiden herstellen, könnt ihr übrigens auch direkt im Laden kaufen.

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Charlott: Was machst du die erste Arbeitsstunde des Tages?
Laureen: Wir beginnen immer damit, das Studio aufzuräumen, Kaffee zu trinken und die Projekte für den Tag zu organisieren.

Und wie lange arbeitest du täglich?
Normalerweise arbeiten wir (abhängig von dem Tag und den Projekten) 8 bis 14 Stunden.

Wie sehen deine Hände am Ende des Tages aus.
Ehrlich gesagt, sehr bunt. Besonders wenn wir einen Workshop gegeben haben oder viel gedruckt haben, ist die Druckfarbe wirklich überall - deswegen tragen wir immer dunkle Kleidung.

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Was weißt du heute, was du nicht wusstest, als du gestartet bist?
Unglaublich viel, besonders in den Bereichen Maschinenreparatur und Druckmechanik. Wir lernen noch, wie man die Balance zwischen Arbeit und Leben schafft, aber wir werden immer besser. Auch wichtig ist die Fähigkeit, Nein zu sagen. Am Anfang wollten wir jede Auftragsarbeit annehmen, aber jetzt legen wir mehr Wert auf Qualität und Freude an der Arbeit.

Wichtig ist die Fähigkeit, Nein zu sagen. Am Anfang wollten wir jede Auftragsarbeit annehmen, aber jetzt legen wir mehr Wert auf Qualität und Freude an der Arbeit.
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Was war die größte Herausforderung im letzten Monat?
Wir hatten eine riesige Auftragsarbeit von 1500 Stück mehrfarbige Drucke – zur gleichen Zeit, als wir uns auf eine Ausstellungseröffnung vorbereiteten. In solchen Fällen sind wir sehr dankbar, dass wir ein starkes Netzwerk von Freunden haben, die helfen können.

Wenn du einen Tipp hättest für Menschen, die diesen Job machen wollen, welcher wäre es?
Bei Letterpress muss man immer Geduld haben. Es ist ein Handwerk, das nicht gehetzt werden kann. Auch ist es wichtig, aufgeschlossen zu sein; nach 15 Jahren als Drucker lernen wir jeden Tag was Neues. Vielleicht praktischer: Es ist immer gut, eine Vielzahl von Kunden zu haben; diese Kombination von Projekttypen steigert die Zufriedenheit mit der Arbeit, trägt aber auch dazu bei, dass ein Unternehmen floriert.

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Bei Letterpress muss man immer Geduld haben. Es ist ein Handwerk, das nicht gehetzt werden kann.

Welcher Ratschlag wird in deiner Branche oft gegeben, ist deiner Meinung nach aber nicht wichtig?
Wenn man Buchdruck lernt, ist es natürlich wichtig, die Grundlagen zu beherrschen – aber einige Drucker sind sehr konservativ und verfolgen vor allem traditionelle Methoden. Obwohl wir großen Respekt vor traditionellen Methoden haben, legen wir auch Wert auf Neues und Experimentieren. Am wichtigsten ist es, dass die Ästhetik eines Jobs geeignet für das Projekt ist.

Wie bist du zu deinem jetzigen Beruf gekommen?
Wir haben beide Literatur studiert und uns schon immer für Bücher interessiert. Folglich hat Laureen Buchdruck als Thema ihrer Masterarbeit gemacht and an der Uni Letterpress gelernt. Wir waren sofort begeistert über die Technik, und ein paar Jahre später haben wir unser eigenes Studio eröffnet.

Was macht dir an deinem Job am meisten Spaß?
Ich liebe es persönlich, mit den Pressen zu basteln. Aber es gefällt uns auch, mit Kunden zu arbeiten, um ein besonderes Projekt zu entwickeln. Es gibt nichts befriedigenderes als das Durcharbeiten eines Projekts vom Anfang bis Ende, oder so zu sagen, vom Bildschirm oder Skizzenbuch bis gedrucktes Stück in der Hand. Es macht uns auch viel Spaß, mit den Pressen zu experimentieren und unsere eigene Arbeit zu entwickeln.

Was machst ihr, um euch an einem schlechten Tag zu motivieren?
Wenn es schlechte Laune bei uns gibt, ist es normalerweise wegen Zeitmangel – zu viel zu tun, zu wenig Zeit, und deswegen Stress. Uns ist es dann wichtig, eine Pause zu machen und ein wenig Zeit zurückzunehmen. Am Ende des Tages versuchen wir immer, einen richtigen Feierabend zu genießen: im Studio sich zu entspannen, etwas Musik zu spielen und ein Bier zu trinken.

Erzähl mir von einer Situation, wo du alles hinschmeißen wolltest?
Unsere schlimmsten Situationen entstehen oft beim Versand oder der Lieferung. Auch mit jeder Vorsicht kann ein Paket einfach verloren gehen, und es gibt nichts, was man tun kann. Nach so viel Arbeit ist es ein völlig hilfloses Gefühl und hat uns in der Vergangenheit dazu gebracht, aufgeben zu wollen.

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Wie viel Startkapitel braucht man?
Schwierige Frage! Beim Letterpress braucht man ziemlich viel Ausrüstung (Pressen, Schriften, Schneidemaschinen, Werkzeuge u.s.w.). Pressen sind günstiger hier als in den USA, aber trotzdem braucht man zwischen 5.000 und 10.000 Euro, um ein Studio auszustatten, plus Miete, Materialien etc.

Wie lange habt ihr dann gebraucht, um von eurem Job leben zu können?
In Kalifornien war es nie möglich, von unserem Studio zu leben, und dies war einer der Hauptgründe, warum wir umgezogen sind. Hier in Berlin haben wir eine Lebensqualität gefunden, die uns die Möglichkeit bietet, Zeit zu haben, um zu drucken, zu lehren und auch ein bisschen Freizeit zu genießen.

Wollt ihr noch weiter wachsen?
Gerne! Aber wir möchten auf eine sorgfältige und geplante Weise wachsen. Uns ist es sehr wichtig, dass die Qualität unserer Arbeit niemals beeinträchtigt wird, und in mancher Hinsicht ist das einfacher zu erreichen, wenn wir kleiner sind. Hat man aber ein paar Pressen und Schriften, will man immer mehr – und das braucht natürlich Platz.

Danke, Laureen!

Hier in Berlin haben wir eine Lebensqualität gefunden, die uns die Möglichkeit bietet, Zeit zu haben, um zu drucken, zu lehren und auch ein bisschen Freizeit zu genießen.

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