Patchwork-Pause muss auch mal sein

© Wiebke Jann

"Cool trotz Kind" ist für alle Eltern dort draußen. Autor Clint durchläuft dafür sämtliche Lebensentwürfe. Auf drei Jahre Kleinfamilie folgten vier Jahre Wechselmodell. Inzwischen hat er eine Freundin, die selbst Mutter ist. Dabei war er immer zufrieden, mit seiner Tochter Wanda* nur ein Einzelkind zu haben. Doch Zeiten ändern sich. Clint findet man auch bei Instagram.

Es ist Winter und es ist dunkel. Ich weiß nicht, ob sich die Kürze der Tage jemals so in den Vordergrund meines Bewusstseins gedrängt hat. Vielleicht liegt es daran, dass letzte Woche sogar die wenigen Sonnenstunden so trübe waren, dass man sich in die Polarnacht versetzt fühlte. Jedenfalls sitze ich nun fast immer gegen 18 Uhr da und denke: Das war's mit dem Tag, eigentlich könnte ich jetzt ins Bett gehen.

In der Dunkelheit fühlt man sich allein, vor allem, wenn man allein ist. In den letzten zwei Wochen war ich ziemlich viel allein – auf eigenen Wunsch. Denn die Patchwork-Sache mit meinem Kind, meiner Freundin und ihrem Kind ist mir über den Kopf gewachsen. Judith und ich sind seit knapp acht Monaten zusammen. In dieser Zeit haben wir voller Zuversicht daraufhin gearbeitet, dass unsere Kinder sich kennenlernen, sich mögen lernen. Ausflüge in etliche Spaßbäder, darunter das Tropical Islands, gemeinsame Basteltage, gemeinsame Filmabende.

Endziel: Eine Familie werden

Dann kam ein Samstag, an dem wir eigentlich verabredet waren. Judith und ihr Sohn Toni* freuten sich schon darauf, zu mir und Wanda zu kommen, zu spielen, zu kochen, zu essen, unter einem Dach zu schlafen. Doch bereits morgens beim Aufwachen merkte ich, dass ich keine Kraft dazu hatte. Dass ich Zeit für mein Kind und mich brauchte, ohne den großen Rahmen. Ich sagte deshalb zum allgemeinen Bedauern das Date ab. Nun sitze ich in der Dunkelheit und frage mich, ob ich selbst oder das Patchwork schuld an diesem Bedauern sind. Bin ich ein egomanischer Eremit, weil ich öfter meine Ruhe brauche als andere? Oder ist es normal, diese ganze Patchwork-Geschichte als große Herausforderung zu sehen?

Patchwork bedeutet vor allem eins, nämlich knochentrockene Organisation. Die allein ist meist schon so anstrengend, dass man tief durchatmen muss – und da ist von den involvierten Gefühlslagen noch gar nicht die Rede. Nur zur Veranschaulichung: Da Wanda in Mecklenburg-Vorpommern zur Schule geht, ist sie in der Regel nur von Freitagnachmittag bis Sonntagmorgen bei mir. Judith dagegen hat Toni immer von Samstagmittag bis Mittwoch. Die gemeinsame Schnittmenge für einen Familientag beschränkt sich also auf wenige Stunden.

Patchwork bedeutet vor allem eins, nämlich knochentrockene Organisation.

Natürlich müssen für die ersehnte Bindung nicht immer alle handelnden Personen anwesend sein. Auch Dates zu dritt, also mit Judith, mir und jeweils einem Kind, sind zielführend. Dann kann sie meine Tochter und ich ihren Sohn besser kennenlernen. Man muss aber unverblümt dazu sagen, dass es dann in erster Linie um die Kinder geht. Wo man doch auch für die Partnerschaft Zeit und Raum braucht.

Mimimi. Mir ist bewusst, dass wir mit dieser Problematik nichts Besonderes sind. Vermutlich kennt sich jeder Mensch in einer Patchwork-Konstellation sehr gut damit aus. Doch was ist die Lösung? Muss man die Zähne zusammenbeißen und Durststrecken durchstehen? Ist es überhaupt eine Durststrecke, wenn ich als Vater, der lange Zeit alleinstehend war, auch weiterhin manchmal mit meiner Tochter allein sein möchte?

Ich glaube, ich habe noch nie in einem Text so oft das Wort "allein" verwendet. Und allein bin ich nun, dank Judiths Verständnis. Sie ist so einfühlsam, mir die Zeit zuzugestehen, die ich brauche, um mich zu sammeln. Die ich vielleicht auch deswegen brauche, weil ich in diesem Jahr so viel gearbeitet habe wie nie zuvor. Weil ich nicht nur einen "Cool trotz Kind"-Ratgeber schrieb, sondern auch zwei weitere Bücher.

Mit Sehnsucht durch die Widrigkeiten des Patchworks

Nun sitze ich zu Hause, kann mich erholen – und langweile mich. Es ist langweilig ohne mein Kind, langweilig ohne Judith und Toni. Ich merke, dass ich anfange, sie zu vermissen. Und das stimmt mich zuversichtlich. Sehnsucht war schon immer ein guter Wegweiser. Denn eines steht fest: Ich will es hinkriegen, die Sache mit dem Patchwork. Das ist der Plan. Und bei jedem Plan gilt: Ein Schritt nach dem anderen. Und zwischendurch immer kurz innehalten, um durchzuatmen.

Sehnsucht war schon immer ein guter Wegweiser. Denn eines steht fest: Ich will es hinkriegen, die Sache mit dem Patchwork.

*Namen geändert

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