40 DAYS OF EATING #30 – Lava
Du bist so heiß wie ein Vulkan. Krkrkr. Passt ein wenig zur heutigen Folgen, denn es kommt anders als erwartet und noch besser als gedacht, denn das Lava in der Flughafenstraße ist mehr als ein exzellenter Wurst- und Käseladen.
Maria, erzähl uns von deinem Tag.
Mein Tag ist der Hammer. Mich tippt morgens jemand in der U-Bahn an und fragt mit frech-piepsiger Stimme, ob meine krumme Körperhaltung mit den halb geöffneten Augen meine Morgenmeditation sein - LISIIIIIIIIIIE <3 Komplette Ausflippung meinerseits und ich ziehe ihr vor Freude erst einmal ihren Kaffee ab. Es wird lauthals geschnattert und die letzten Tage ausgewertet. Die Leute gucken schon. Später, in meiner Mittagspause, bin ich gerade bei REWE und in die Begutachtung von sechs verschiedenen Möhrensorten vertieft, als mich wieder jemand antippt: "#cleaneatng oder watt?" piept Lisa. Ich drehe mich um: LISIIIIIIIIIIE und NATIIIII stehen vor mir und werden von mir direkt zu Boden getackled. Es wird Büroklatsch ausgetauscht und wie ein Kneul junger Hunde wuseln wir durch den Supermarkt. Große Freude und große Liebe. Heute befindet sich das Restaurant auf meinem direkten Nachhauseweg vom Büro nach, äh ja, nach Hause. Durch eine Schiebetür betrete ich das Restaurant, was anfänglich immer auf mich wie ein Bistro wirkt.
Wo habt ihr heute gegessen?
Im Lava in der Flughafenstraße - das ist die kleine Schwester der Lavanderia Vecchia.
Was hast du bestellt und wie hat das geschmeckt?
Also ich sage mal so: Ich habe etwas ganz anderes erwartet. Hier gibt es den Überraschungsbonus. Anfänglich wirkt alles eher schlicht und macht den Eindruck eines exzellenten Wurst-und Käseladens, was an den wunderbaren Auslagen direkt am Eingang liegt. Das Abendmenü, welches hier aufgetischt wird, ist jedoch sterneverdächtig. Das schlägt sich auch ein wenig in den Preisen nieder. Als Starter wird uns ein herrliches selbstgebackenes Brot mit Superkruste gereicht, begleitet von einer Nussbutter. Genau genommen ist es erhitze, karamellisierte Butter, die wieder erkaltet ist. Jede von uns bekommt ihr eigenes Brot und ihre eigene Butter. Or-dent-lich. Dazu gesellt sich bald eine repräsentative Auswahl an Wurst und Käse aus der oben beschriebenen Auslage. Durchweg lecker und während ich zufrieden mümmel, schaue ich beim Anrichten von Sophia's Miso-Suppe zu. Spannend! Wow. Der Hauptgang sieht nicht nur gut aus, er schmeckt auch super. Hinzu kommt eine kleine Bastelstunde, denn der Fisch muss erst aus seinem Mäntelchen geschnitten werden. Erlebnisgastronomie nenne ich das und weiß gar nicht so recht, wie ich den Geschmack beschreiben soll: Ich habe noch nie in meinem ganzen Leben einen zarteren Fisch gegessen und die üppige Portion Rotweinlinsen war so unfassbar gut, das sie bis auf die letzte Linse vernichtet wurde. Beim Dessert muss ich leider passen - Magen voll.
Wie ist der Service dort?
Wie immer sehr aufmerksam und lieb. Der Abend endet, wie sooft, in einem mittelschweren Saufgelage mit der Belegschaft und es werden Storys über die Erfolgsgeschichte der Lavanderia Vecchia ausgepackt. Mir wird noch der Unterschied von "italienischem" und "nicht italienischem" Essen erklärt. Im Lava gibt es nämlich eine Art FUSION aus Mittelmeer- und bayrischer Küche. Kein italienisches Essen. Das gibt es nebenan. So!
Was gefällt dir an dem Laden besonders, was nicht?
Wir fragen direkt, woher das Logo ist. Das gefällt uns nämlich erst nicht so. Uns wird aber berichtet, dass es die Frau des Besitzers entworfen hat und es an Art Deko erinnern soll. Mit dieser persönlichen Note sieht das Logo plötzlich doch ganz gut aus und ich kann die Machart des Etablissements, welches sich zwischen Bistro und Edelrestaurant bewegt, nur loben. Das Wasser-Closett ist wirklich und wahrhaftig ein Schrank. Echt!
Wie würdest du die Menschen in dem Restaurant beschreiben?
Die Flughafenstraße ist nicht gerade das "unter den Linden" von Berlin. Das spiegelt sich auch in der Bandbreite der Gäste wieder, und das ist auch gut so: die neue Neuköllner Mittelschicht genießt hier ein drei-Gänge-Menü und am Nebentisch sitzt eine Truppe Araber, welche hier täglich ihren Kaffee trinken, denn der schmecke hier so gut. Hammer.
Mit wem würdest du definitiv nicht hierher kommen?
Das isset ja: Hier kann man immer hin und es ist umme Ecke von wo ich wohnen tue (=das war Ostisch). Mittags mit Freunden, Abends mit den Eltern. Zu jeder sich bietender Gelegenheit kann man hier sehr gut essen. Außerdem gibt es Wurst, Käse und Weine auch außer Haus.
Worüber habt ihr gesprochen?
Über Mütter, die per Whatsapp Bilder davon schicken, wie sie mit dem Terrassenbauer einen heben und über den zukünftigen #40daysofeating Merchandise-Shop "WE CAN ENGLISH".
Was hast du Neues über Sophia gelernt?
Sophia führt einen Whatsapp-Chat in lustig mit unserer Mutter. Können wir da bitte ‘ne Gruppe draus machen? Werde ich vernachlässigt?
Das Beste an diesem Essen...
AAAALLLLLLEEEES. Ich nehme mir Käse für Zuhause mit. Meine Mitbewohnerin wird sich freuen.
Möchtest du noch etwas sagen?
Hier gibt es einen hitverdächtigen Mittagstisch - zu einem kleineren Preis!
Sophia, erzähl uns von deinem Tag.
"Guten Morgen!" Oder doch nicht? Ich drehe mich lieber noch einmal um. Plötzlich brummt mein Handy und ich lese: "huhu sophia". Ich kenne dieses "huhu"! Das ist kein "huhu" das ist ein "Hilfe!!!!". Also muss ich leider das Bett verlassen und mich auf den Weg zu meinem Kumpel mit den Katzen des Todes machen. Wir hocken dann den ganzen Tag an einem Kostenvoranschlag und jonglieren mit Zahlen. Am Ende des Tages bin ich zuversichtlich, alles richtig gemacht zu haben und stolz darauf, dass wir tatsächlich fertig geworden sind. Aber vor allem bin ich HUNGRIG. Zum Glück ist der Weg heute nicht so weit, denn ich wohne direkt neben dem Restaurant. Ich mache mich also ganz entspannt eine Minute vor der vereinbarten Zeit auf den Weg. Maria ist schon da und guckt tadelnd, da ich eine Minute zu spät bin. Da ich sie gestern angemotzt habe, gönne ich ihr den Triumph.
Wo habt ihr heute gegessen?
Im Lava in Neukölln.
Was hast du bestellt und wie hat das geschmeckt?
Ich kann mich nicht entscheiden! Aber dank ausführlicher und sehr charmanter Beratung steht mein Menü dann doch irgendwann: Misosuppe und Ravioli. Wir bekommen selbstgebackenes Sauerteigbrot mit Feigensenf und Nussbutter gereicht. Maria checkt sofort, was wirklich dran und drin ist, in der so genannten Nussbutter. Die Preise sind happig, das Brot fantastisch, also erwarte ich Großes! Da ich mich seit Jahren am Wochenende ausschließlich von Order-Food ernähre, löst die Ankündigung "Misosuppe" nicht gerade Begeisterungsstürme in mir aus. Oh ich naives, dummes Kind! Origamihaft sind Grünzeug und Pilze auf dem Teller drappiert, die Suppe wird direkt am Platz aufgegossen, wie im Glass. Das ist jetzt also offiziell mein persönliches Erkennungszeichen für die gehobene Gastronomie: Suppe direkt am Platz aufgießen und dabei zusehen, wie die kunstvoll angerichteten Einlagen ersaufen. Die Suppe schmeckt herrlich, nicht zu vergleichen mit der Misosuppe vom Lieferservice. Nebenbei stibitze ich Käse von Marias Käse- und Wurstplatte. Ich bin also schon vor Begeisterung und dem sehr guten Weißwein total hin und weg. Und eigentlich jetzt schon vollends zufrieden. Aber! Oh! Weh! Diese Ravioli von der Artischocke mit Burrata, Rucola und altem Parmesan (offizielle Bezeichnung). Ich schnalle zwar nur die Hälfte, bestelle sie aber trotzdem. Als der Gang aufgetischt wird, trifft mich fast der Schlag. Was ist das da für ein weißer Klops auf meinem Teller? Burrata ist ein italienischer Frischkäse vom Typ Filata. Burrata ist eine Sonderform des Mozzarella, wird aber immer aus Kuhmilch gemacht und hat 44 % Fett i. Tr. (Quelle: Wikipedia). Und jetzt die Erklärung für Leckermäuler: Das ist so ein Mozzarella-Dings, nur in geiler. Wenn man da reinschneidet, dann kommt da flüssiger Käse raus und wenn man das isst, dann muss man vor Begeisterung fast weinen. Ich, als Person, die fast ausschließlich Ravioli bestellt, muss jetzt mal etwas sagen: Ich habe in meinem Leben noch nie so gute Ravioli gegessen. Echt nicht!
Wie ist der Service dort?
Auch wenn ich mich anfänglich bei der Bestellung reichlich doof anstelle, werde ich danach nicht wie ein Vollidiot behandelt. Der Service ist hier locker und witzig, die Gerichten werden ausführlichst beschrieben und erklärt. Wir fühlen uns rumdum umsorgt. Auch Chefchen lässt sich gegen Ende des Abends mal blicken und wir quatschen noch sehr lange.
Was gefällt dir an dem Laden besonders, was nicht?
Das Lava ist ja das kleine Geschwisterchen der Lavanderia Vecchia, einem meiner absoluten Lieblingsrestaurants überhaupt. Da das große Geschwisterchen im Hinterhof aufgrund motzender Anwohner nicht jeden Tag öffnen kann, kam die Idee eines kleineren Ladens direkt vorne an der Straße. Der Laden wirkt wirklich mini, fast wie ein Bistro oder Späti. Die Deko ist bezaubernd und irgendwie mediterran. Mitten durch den Raum trennt ein kleines Geländer den Arbeits- und Besucherbereich. Manche werden den Bruch von Bistroeinrichtung und gehobener Küche nicht mögen, ich mag ihn. Ich fühle mich hier nicht so deplatziert und kann daher mein exquisites Menü ganz entspannt genießen. Und jetzt das Beste: Große Kühlschränke und Kühltheken preisen Wein, Wurst- und Käsespezialitäten an, die man alle mit nach Hause nehmen kann. Das Lava hat immer lange geöffnet, das nenne ich mal nen richtig guten Späti!
Wie würdest du die Menschen in dem Restaurant beschreiben?
Eine Gruppe holländischer Papis läuft die Flughafenstraße entlang und verkündet lautstark, jetzt echt Hunger zu haben. Wie fast alle Leute laufen sie erst einmal an dem kleinen Laden vorbei, dann bleibt einer der Papis allerdings abrupt vor der Menütafel stehen. Jetzt wird lautstark verkündet, dass man endlich was Anständiges zu spachteln gefunden habe und die Gruppe verschwindet im hinteren Teil des Lava.
Mit wem würdest du definitiv nicht hierher kommen?
Ich kann mir niemanden vorstellen, dem es hier nicht gefallen würde. Besonders für Elternbesuch eignet sich das Restaurant ganz ausgezeichnet, da sich die Brut hier nicht deplatziert vorkommt und die Speisen so hochwertig sind, dass sogar die pingeligsten Erzeuger zufrieden gestellt werden.
Worüber habt ihr gesprochen?
Das wohl am häufigsten benutzte Wort an diesem Abend ist FANTASTISCH! Wir sind ultrabegeistert vom Essen hier und bekommen uns fast nicht mehr ein. Fotografin Carolin hat heute kinderfrei, also lassen wir es ordentlich krachen. Ein bisschen Mamatalk gibt es aber trotzdem, ist ja auch irgendwie verständlich. Außerdem erfahren wir, dass das Lava kein italienisches Restaurant ist. NEIN! Es handelt sich hier um mediterrane Fusionküche. Jap, Fusionküche muss nicht immer mega abgespaced oder asiatisch sein, manchmal reicht es auch, wenn man von der Weißwurscht bis zur Ravioli alles auf einer Karte findet. Finde ich gut. Wir haben jedenfalls sehr sehr sehr viel Spaß.
Was hast du Neues über Maria gelernt?
Maria ist so k-l-u-k, da sie nur an der Nussbutter schnuppern muss, um dessen Geheimnis zu lüften ("easy, anbraten, wieder auskühlen lassen").
Das Beste an diesem Essen...
Alles!
Möchtest du noch etwas sagen?
Absolut jede/r sollte einmal im Lava oder in der Lavanderia zum Mittagstisch gehen. Bestes Lunch in Berlin! (Neben dem Schnitzeltag im Michelberger, aber is halt Fleisch, nä?!) Besondern im Sommer sehr empfehlenswert, da man da wunderbar im Hof sitzen kann. Aber bitte nicht so laut sein, sonst gibt es Ärger! Denn hier gibt es nicht nur das beste Lunch, sondern auch die beklopptesten Nachbarn.
Gestern waren Maria und Sophia im Pêlê Mêlê. Alle Folgen 40 DAYS OF EATING gibt es hier.
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Location: Lava, Flughafenstraße 46, 12053 Berlin
Fotos: Carolin Weinkopf
Text: Maria und Sophia Giesecke
Titelfoto: Franziska Taffelt
Artwork: Frau Grau
Produktion: Mit Vergnügen
(Ja, "40 Days of Eating" ist eine Adaption von "40 Days of Dating".)