40 DAYS OF EATING 2015 #14 – Solar
Heute geht's für die Zwillinge hoch hinaus – und zwar ins schicke Solar am Potsdamer Platz. Der Haken: Die beiden dürfen nur 100 Euro für sich und den Fotografen ausgeben. Dass man aber auch mit einem begrenzten Budget in einem feinen Restaurant auskommt, beweisen sie elegant wie immer.
1. Maria, erzähl von deinem Tag.
Irre, krasse Story heute: Ich war arbeiten. Heftig, oder? Morgens stöbere ich eine geschlagene halbe Stunde in einem riesigen Berg schwarzer Klamotten rum und versuche durch Tast- und Geruchssinn herauszubekommen, was was und was noch sauber ist. Es ist ein schwieriges Unterfangen, ein Kleidungsstück zu finden, welches ich 1. noch nicht getragen habe und 2. noch keine Soßenflecken und ähnliche Zeugen vergangener Dinner als mahnende Mahle am Ärmel platziert hat. Der beherzte Griff über den Tisch auf fremde Teller bleibt eben nicht immer ohne Folgen.
2. Wo habt ihr heute gegessen?
Solar, ich nenne es aber konsequent nur "Sonar", warum auch immer. #technokids
3. Was hast du bestellt und wie hat das geschmeckt?
Um das ganze Rumgefuttere im realistischen Rahmen zu halten, gibt es heute eine kleine Aufgabe: Ingesamt 100 Euro Budget für die drei Knallköppe von Mit Vergnügen in diesem doch sehr schicken Restaurant mit gehobener Küche. Ich fühle mich irgendwie vom vielen Wein und Fleisch aufgequollen und ein Blick in den Spiegel bestätigt mir ein gigantisches Kürbisgesicht. Um den Lymphabfluss ein wenig positiv zu unterstützen, bestelle ich heute vegetarisch. Wir erinnern uns: 33,33 Euro darf heute jeder Esser auf den Tisch kloppen. Wir sind pfiffig und bestellen möglichst unterschiedliche Gerichte, welche wir dann alle miteinander teilen. Eventuell eeetwas unangemessen für ein derartiges Restaurant, aber wir sind im Überlebensmodus. Als Vorspeisen: Variation vom Blumenkohl und Schaumsuppe von der roten Paprika mit schwarzem Knoblauch, Sumach und Banyulsessig. Zum Hauptgang gibt es handgerollte Kartoffelgnocchi mit Hüttenkäse, getrockneten Tomaten, grünem Spargel und marinierten Pilzen sowie Wiener Schnitzel vom Kalb mit Kartoffelsalat und Berliner Gurkensalat. Generell lässt sich sagen, dass hier alles wirklich außergewöhnlich wohlschmeckend und sehr fein abgeschmeckt ist. Die Portionen haben eine ordentliche Größe. Um natürliche Geschmäcker hervorzuheben, wird hier nicht mit der beliebten Schäumchentechnik, sondern mit einer raffinierten Unterstreichung pfiffiger Gewürze gearbeitet. Wir luschern natürlich auf die anderen Teller und stellen fest: Das 4-Gänge-Menü für 59 und das 3-Gänge-Menü für 46 Euro sehen auch mehr als gut aus. Unbedingt probieren. Die Flasche Grauburgunder schlägt noch einmal mit 21 Euro zu buche. Wir sind alle satt geworden. Wirklich.
4. Wie ist der Service dort?
Jung, adrett und fast schon flippig. Der Service hebt sich fast schon von der recht gediegenen Kundschaft ab. Die Aufmerksamkeit ist bewundernswert. Wir denken nur an etwas und schon steht es auf unserem Tisch. Wir versuchen, unsere Gedanken zu kontrollieren, haben wir doch ein begrenztes Budget.
5. Was gefällt dir an dem Restaurant besonders, was nicht?
"Gehobene Küche" wird hier total wörtlich genommen, denn über einen Außenfahrstuhl, welcher mir den Angstschweiß ins Gesicht und die Paniktränen in die Augen treibt, geht es in das dunkel möblierte Hochhausrestaurant. Der gläserne Horrorfahrstuhl katapultiert uns mit Lichtgeschwindigkeit in unendliche Höhen. Zunächst bin ich voll begeistert von diesem "ride", nach fünf Stockwerken wird mir aber plötzlich mulmig und meine Höhenangst macht sich bemerkbar. Schlotterknie, Schwindel, Gekreische in einer für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbaren Höhe. Hier ist alles tiptop durchgestylt. Eventuell ein bisschen zu sehr?! Es gibt zwar eine Lounge mit Hängematten oben, aber auch diese sind eher in klaren Linien gehalten. Also gemütlich ist es hier nicht, eher sehr grafisch, aber man sitzt trotzdem sehr bequem und darum bleiben wir auch lange.
6. Wie würdest du die Menschen in dem Restaurant beschreiben?
Spesenkonten werden hier ordentlich belastet, würde ich mal sagen. Hier ist der perfekte Ort, um mal ordentlich Eindruck bei den Geschäftspartnern aus Bottrop zu schinden.
7. Mit wem würdest du definitiv nicht hierher kommen und warum?
Mit dem quiekigen Junggesellinnenabschied. Hier benimmt man sich. Niemand tanzt auf den Tischen oder fiept. Also, doch, wir.
8. Worüber habt ihr gesprochen?
Ich habe ehrlich gesagt, nicht viel gesagt, bin ich doch leicht traumatisiert von dem heftigen Fahrstuhl. Nein, mal im Ernst, wir sind alle etwas kaputt, aber Maxi ist diesmal nicht verkatert und gut drauf, also unterhalten wir uns über Wein, den wir auch trinken, über Kohle, die man hier wohl hat und darüber, wie krass lecker das Essen ist.
9. Was hast du Neues über deine Schwester gelernt?
Sophia mag keinen Safran.
10. Das Beste an diesem Essen...
Das Schnitzel wellte sich einfach perfekt auf Mäxchens Teller und ich habe mit meiner Gabel mehr als einmal in das Panademeer gestochen. Die Gnocchi waren auch sehr gut. Angeblich hausgemacht. Sahen aber verdammt perfekt aus.
11. Möchtest du noch etwas sagen?
Der Fahrstuhl nach unten ist noch schlimmer als der Fahrstuhl nach oben. Wir FALLEN direkt von diesem Ding ab in die nächste Bar in X-Berg (mit Maxi) und der Abend geht noch lang.
1. Sophia, erzähl von deinem Tag.
Heute wird ganz viel gerechnet! Tag 14. Das macht zwei Wochen 2015. Höchste Zeit also mal zu checken, wie es denn mit den guten Vorsätzen so aussieht. Vorsatz Nummer 1: ordentlicher werden. Ich frag' mal eben die Staubmaus in meinem Schlafzimmer, ob es in meiner Wohnung ordentlich ist. Vorsatz Nummer 2: netter sein. Nach dem Döner-Gate können wir das, glaube ich, auch abhaken. Vorsatz Nummer 3: gesünder essen. Ist gesund ein Synonym für viel? Wenn ja, dann hab ich diesen Vorsatz voll und ganz erfüllt. Juhu!
2. Wo habt ihr heute gegessen?
Hoch oben über den Dächern Berlins im Solar (nein Maria, heute geht's nicht zum Sonar!).
3. Was hast du bestellt und wie hat das geschmeckt?
100 Euro Budget haben wir mitbekommen. Und eine Aufgabe: Bekommt mit diesen 100 Euro drei Leute satt, besoffski und happy. Keine leichte Aufgabe im Solar, wo eine Hauptspeise locker 20 Euro kostet. Ein Menü schlägt mit 46 Euro zu buche (was ja für ein ganzes Menü echt nicht viel ist); das fällt somit leider auch aus (buuuuh). Also rechnen, knobeln und schieben wir rum, Fotograf Maxi erweist sich als wahres Schnäppchengenie und entscheidet promt: Es gibt zwei Vorspeisen und zwei Hauptgerichte und eine Flasche Wein. Und dann wird ungeniert in allen Tellern rumgepopelt. Über das perfekte Schnitzelgebirge mit der perfekten Panade muss ich hier nicht viele Worte verlieren: Es war perfekt! Die Suppe mit Safran ist mir zu krass. Memo an mich: Ich mag keinen Safran. Kommen wir zu den handgerollten Gnocchi (wie spricht man die bitte richtig aus?) mit getrockneten Tomaten, grünem Spargel und Hüttenkäse. Geschmacksexplosion in meinem Mund, Gaumenparty, Oberknaller! Schmeckt fast so, als hätten die aus allen Zutaten eine doppelt konzentrierte Reduktion gemacht und dann alles auf einen Teller geknallt. So intensiv, so gut! Ich bin mir plötzlich nicht mehr so sicher, ob Food-Sharing eine so gute Idee war. Zum Glück sind die Portionen hier echt moderat. Da noch Geld übrig ist, bestimmt Maxi kurzerhand, dass wir alle noch ein paar Euro drauflegen und noch eine Flasche Wein bestellen. Statt Nachtisch halt. Wir merken uns also: Mit einem Budget von 100 Euro werden zwei Leute locker satt und besoffski, drei Leute sind gut gesättigt, aber nicht vollgestopft und lustig angetüdelt. Alles richtig gemacht.
4. Wie ist der Service dort?
Superobermegaaufmerksam. Wir drehen uns mal kurz um, um der hübschen Servicekraft unauffällig auf den Hintern zu glotzen, und – ZACK – steht sie an unserem Tisch und fragt, ob wir noch was wollen. Ständig wird uns nachgeschenkt, alle arbeiten sehr professionell, ohne kalt oder unfreundlich zu sein. Ganz offensichtlich ist die Stimmung im Team spitzenmäßig, denn das komplette Personal wirkt ziemlich tiefenentspannt. Richtig toll!
5. Was gefällt dir an dem Restaurant besonders, was nicht?
JWO – janz weit oben! Vielleicht sollte ich wirklich mal anfangen, mich vorher über die Restaurants zu informieren, die wir besuchen. Jedenfalls stehen Maria und ich ganz entspannt im gläsernen Fahrstuhl und schnattern, als das Ding plötzlich nach oben fährt. Und ich meine jetzt nicht mal eben zwei Stockwerke nach oben. Nein, es geht nach ganz weit oben. In einem Fahrstuhl aus Glas! Schockstarre, Panik und stabile Seitenlage werden eingenommen. Mit einem riesigen Satz springen wir aus dem Fahrstuhl und sind glücklich, dass wir dieses Monster erst in zwei Stunden wieder betreten müssen. Für alle Menschen ohne Höhenangst sei aber gesagt: Angeblich soll die Fahrt mit dem Fahrstuhl irre fetzen. Und überhaupt hat man vom Restaurant und der Bar eine super Aussicht über die komplette Stadt.
6. Wie würdest du die Menschen in dem Restaurant beschreiben?
Wer oben ist, speist auch gerne oben. Die anderen Gäste sehen schon sehr schick aus, die Männer tragen fast alle Krawatte. Ins Solar geht man also gerne mal geschäftlich, wenn man ein bisschen Eindruck schinden will. Allerdings ist das Publikum in der Bar ein Stockwerk weiter oben (ja, es geht noch höher!) etwas lockerer drauf und bunter gemischt.
7. Mit wem würdest du definitiv nicht hierher kommen und warum?
Mit Menschen, die an extremer Höhenangst oder Fallangst leiden.
8. Worüber habt ihr gesprochen?
Über Geld. Denn das ist ja heute irgendwie Thema. Nicht nur, dass sich hier offenbar niemand ernsthaft Sorgen darüber machen muss, sondern auch, wie komisch es ist, in einem solchen Umfeld so rumzurechnen. Ich glaube, der Typ am Nebentisch guckt auch ziemlich abfällig. Den Blick bekommt er aber zurück, als er ziemlich offensichtlich furzt. Ha! Wer ist jetzt peinlich?! Außerdem reden wir darüber, dass man wohl eher nicht in ein teureres Restaurant geht, wenn man nur ein begrenztes Budget zur Verfügung hat. Aber das ist ja totaler Quatsch! Denn mit ein bisschen Geschick kann man es sich fast überall so richtig gut gehen lassen.
9. Was hast du Neues über deine Schwester gelernt?
Maria steht total auf Safran.
10. Das Beste an diesem Essen...
Der Hauptgang. Der war so perfekt! Maria meinte sogar, dass die Gnocchi (kann mir jetzt bitte endlich jemand verraten, wie die Dinger ausgesprochen werden?) zu perfekt gerollt waren und nicht hausgemacht aussahen. Waren hausgemacht, wir haben extra nachgefragt.
11. Möchtest du noch etwas sagen?
Tatütata, der Partybus ist da. Da Maxi dafür gesorgt hat, dass wir einen ordentlichen Schwips haben, ziehen wir jetzt alle gemeinsam auf den Geburtstag der lieben Scalamari. <3
Beim letzten Mal waren die Zwillinge bei Martha's essen. Alle Folgen 40 DAYS OF EATING gibt es hier.
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Location: Solar, Stresemannstraße 76, 10963 Berlin
Fotos: Maxi Virgili
Text: Maria und Sophia Giesecke
Mit freundlicher Unterstützung von Fissler