Theatervorschau: 11 Inszenierungen, die ihr euch im Herbst ansehen solltet
Es ist wieder soweit: Die Theatersaison beginnt! Der Spielplan der Berliner Bühnen ist vollgepackt mit Klassikern und Neuem, mit Politischem und Lustigem, mit Unterhaltung und Bildung. Wir haben uns durch den Dschungel der Premieren zum Saisonstart gekämpft und 11 Highlights für euch zusammengestellt.
1 "Bésame Mucho" – Neuköllner Oper
"Bésame mucho" ist ein Schlager, den die junge mexikanische Pianistin Consuelo Velázquez (1916–2005) aus einer Melodiezeile des spanischen Komponisten Enrique Granados (1867–1916) machte und der seither hundertfach adaptiert wurde – auch von Frank Sinatra und den Beatles. Das spanisch-deutsche Kammerspiel folgt den Lebens- und Liebesgeschichten der beiden Musiker*innen, die sich nie begegnet und doch auf vielfältige Weise miteinander verbunden sind. Für Fans der spätromantischen spanischen Klaviermusik und mexikanischen Schlagern und Boleros – live gespielt und erweitert durch Soundcollagen zwischen den Tiefen des Atlantiks und der Nachmittagshitze von Mexico City.
2 "Woyzeck" – Berliner Ensemble
Wieder einmal gibt uns das Berliner Ensemble die Chance, den Stoff nachzuholen, bei dem wir im Deutschunterricht nicht aufgepasst haben. "Woyzeck" von Georg Büchner behandelt Wahnsinn, Obsessionen, Kinder und Mord und gehört zum deutschen Literaturerbe. Woyzeck, ein einfacher Soldat, arbeitet als Barbier für einen Hauptmann. Trotz seines Einkommens kann er seine Geliebte Marie und ihr gemeinsames Kind nicht ernähren, weshalb er sich als medizinisches Versuchsobjekt anbietet. Die Folgen der Versuche schwächen ihn derart, dass er sich mehr und mehr in einer Welt von Wahnvorstellungen verliert, die ihn schließlich verschlingt.
3 "Baracke" – Deutsches Theater
"Baracke" erzählt die Geschichte einer Liebe, die aus einer Jugendfreundschaft entstand, vom Gründen einer Familie und vom Scheiern derselben. "Baracke" erzählt auch von Gewalt in der Familie und von Deutschland, vom Bau der Mauer bis zur Wiedervereinigung und zum NSU-Terror. Geschrieben hat "Baracke" Rainald Goetz, der als einer der wichtigsten Autoren und Chronisten der Gegenwart in Deutschland gilt.
4 "In Memory of Doris Bither" – Schaubühne
1974, Culver City, Los Angeles: Doris Bither, alleinerziehende Mutter von vier Kindern hat einen Geist – oder wenigstens "paranormal activity" in ihrer Wohnung. Monatelang versucht man, das Rätsel zu lösen, aber der Fall bleibt ungeklärt. Ein Autor nimmt sich der Geschichte an landet einen Bestseller. Bald darauf erscheint der Horror-Film "The Entity" und Doris Bither verliert das Copyright ihrer eigenen Geschichte. Jahrzehnte später versuchen in "In Memory of Doris Bither" ihr Sohn, ihre ehemalige Nachbarin und die Kinderschauspielerin aus "The Entity" die traumatischen Ereignisse zu rekonstruieren. Dabei überlagern sich ihre eigenen Erinnerungen mit den medialen und fiktionalen Darstellungen aus Zeitungsartikeln, Zeugenaussagen, dem Roman und dem Film.
5 "Ein Bericht für eine Akademie" – Garn Theater
"Ein Bericht für eine Akademie" ist eine Erzählung von Franz Kafka. Sie handelt von einem Affen in Gefangenschaft. Er beschließt, sein Leben im Zoologischen Garten gegen ein Varieté, wo er die Menschen so erfolgreich immitiert, dass er nach und nach selbst zu einem wird. Im kleinen "Garn Theater" am Viktoriapark seht ihr den Alleindarsteller Adolfo Assor in seiner Inszenierung des Kafka-Stoffs. Die extreme Nähe, die Assor in seinem Spiel zu den Zuschauenden sucht, macht diesen Theaterabend zu einer besonderen Erfahrung.
6 "Love Boulevard" – Berliner Ensemble
Für "Love Boulevard" arbeitet die belgische Regisseurin Lies Pauwels mit Sexarbeiter*innen aus Berlin und Mitgliedern des Berliner Ensembles zusammen. Es geht um die Frage der Sichtbarkeit von Menschen und Bedürfnissen – was und wer darf sichtbar sein und wen und was verbannen wir in die Unsichtbarkeit? Und welche Rolle spielen Einsamkeit und Macht in der Moral-Debatte um Sexarbeit? Hören und sehen wir, was die Arbeiter*innen selbst dazu zu sagen haben.
7 "Zeugin der Anklage" – Berliner Kriminal Theater
Agatha Christie ist in Sachen Krimi-Theater eine sichere Bank. In "Zeugin der Anklage" geht es um Leonard Vole, der des Mordes an einer reichen Witwe beschuldigt wird. Sein Motiv scheint eindeutig: Die ältere Dame hatte ihm ihr ganzes Vermögen vermacht. Sein Anwalt ist fest von Voles Unschuld überzeugt und versucht mit allen Mitteln, seinen Mandaten eine Verurteilung abzuwenden. Doch dann macht Voles Ehefrau Christin eine überraschende Aussage.
8 "Bovary" – Deutsche Oper
In Christian Spucks Tanzstück "Bovary" geht es um die Suche nach weiblicher Selbstbestimmung, um Rausch und Einsamkeit, um Liebesersatz, Selbstverletzung, Hedonismus und den fatalen Ausgang, wenn Fantasiewelten und Realität ineinander übergehen. Das Staatsballetts Berlin inszeniert den literarischen Stoff von Gustave Flaubert mit einer Kombination aus düster-poetischen Bildern und raffiniertem Humor.
9 "Chicago" – Komische Oper/ Schillertheater
Als Theaterfans wisst ihr natürlich, dass die Komische Oper derzeit wegen Umbauten geschlossen ist. Das heißt aber nicht, dass wir auf die schrill-bunten Inszenierungen des Ensembles verzichten müssen. Das Schillertheater ist nur eine der verschiedenen Ersatz-Locations für die nächsten Monate. Hier seht ihr "Chicago", ein Musical, das im Amerika der 1920er-Jahre spielt. Es geht um Rivalinnen, die um den Platz im Scheinwerferlicht der Bühne kämpfen, um Betrug, Mord und jede Menge andere Dramen. Genau der Stoff, den wir diesen Herbst brauchen.
10 Mothers – A song for wartime – Maxim Gorki Theater
Eine traurige Konstante in der Weltgeschichte sind die Kriegsrituale der Gewalt gegen Frauen. Ukrainische, belarussische und polnische Mütter und Kinder haben von ihrer Flucht vor Krieg und Verfolgung erzählt. Die polnische Regisseurin und Gründerin des Political Voice Institute, Marta Górnicka, hat aus diesen Berichten ein Chortheaterstück geschaffen. Dafür hat sie ukrainischen, polnischen und belarussischen Frauen verschiedener Generationen zusammengearbeitet. Gemeinsam suchen sie nach einer neuen, rituellen Chorstimme, die sich auf Frauenchöre aus dem siebten Jahrhundert vor Christus bezieht.
11 Märchen im Glaspalast – Pfefferberg Theater
Der Glaspalast auf dem Pfefferberg ist der perfekte Ort für verwunschene Theaterabende. Warum nicht mal wieder auf Altbewährtes setzen und sich ein Märchen anschauen – echt grimmig, immer spielwütig und maximal theatral! Die Grimmschen Klassiker gibt es immer im halbstündigen Doppelpack gespielt von zwei Schauspieler*innen. Hier geht es mal komödiantisch und still, mal schaurig und mal erotisch oder schräg zu. Am Wochenende gibt es auch kindergerechte Vorstellungen.