Cool trotz Kind – die wichtigsten Lektionen

© Hella Wittenberg

"Cool trotz Kind" ist für alle Eltern dort draußen. Autor Clint durchläuft dafür sämtliche Lebensentwürfe. Auf drei Jahre Kleinfamilie folgten vier Jahre Wechselmodell und Patchwork. Clint findet man auch bei Instagram.

Endlich ist es soweit. Der ultimative Ratgeber "Cool trotz Kind – Hart feiern und liebevoll erziehen" steht endlich in den Buchläden. Ich habe ihn unter anderem deshalb geschrieben, weil ich mal ein neunmalkluges Glossar schreiben wollte. Für alle, die zu bequem sind, ein ganzes Buch durchzuackern, sind darin alle wichtigen Begriffe des Elterndaseins erklärt. Hier ein kleiner Auszug:

Achtsamkeit: Ursprünglich buddhistisches Konzept, aufmerksam und unbestimmt von fremden Einflüssen durchs Leben zu gehen. Wurde von der westlich-weinerlichen Esoterik längst zum Dogma erhoben und hat dadurch seine Leichtigkeit verloren. So oder so gehen self-care und Achtsamkeit spätestens in dem Moment flöten, in dem man sich für ein Kind entscheidet. Mehr Fremdbestimmung geht nämlich nicht.

Altlasten: Begriff aus dem Umweltschutz, der vom Menschen verseuchte Gebiete bezeichnet. Wird auf Dating-Plattformen auch liebevoll als Synonym für "Kinder" verwendet. "Du solltest jung, reich, klug, schön, humorvoll und großzügig sein und keine Altlasten mitbringen". Davon darf man sich als Single-Mutter oder Single-Vater nicht vor den Kopf stoßen lassen. Wer so engstirnig durchs Leben geht, passt sowieso nicht zu euch.

Babysitter: Verwandte oder Freunde, die für ein paar Stunden auf das Kind aufpassen, damit man sich mal wieder nach Herzenslust die Rüstung wegrömern kann. Der beste und günstigste Babysitter ist der Fernseher. Das Kind lässt sich bereitwillig davor parken und man hat Zeit für ein Nickerchen, den Haushalt oder ein Vollbad.

Beikost: Nahrung, die dem Kind parallel zum Stillen verabreicht wird, und dieses sukzessive ablösen soll. Aus unerfindlichen Gründen nehmen viele Eltern an, dass die Beikost aus unattraktiven Gewächsen wie Pastinake oder Zucchini bestehen muss, die man zu einem öden Schlamm zerkocht. Wer sich da wundert, dass das Kind wenig begeistert ist, sollte die Pampe einfach mal selbst probieren. Kinder sind Nachahmungstäter. Sie möchten das essen, was ihre Eltern essen. Man kann ihnen unbedenklich alles in die Hand drücken, was man selbst zu sich nimmt. Selbstverständlich sind scharfe, übermäßig saure oder blähende Speisen zu vermeiden. Lest halt einen vernünftigen Ratgeber, da werdet ihr schon ordentliche Empfehlungen finden.

Beschützerinstinkt: Wichtige aber herzzerreißende Angelegenheit. Er verhilft den Eltern zu einem geradezu übernatürlichen Gespür für alle Gefahren, die sich dem Kind nähern könnten. Führt aber leider auch dazu, dass man in schlaflosen Nächten von Horrorszenarien verfolgt wird. Juli Zeh schreibt in ihrem Roman "Über Menschen" sinngemäß, dass die Paarung des animalischen Beschützerinstinkts mit unserem menschlichen Bewusstsein die größte erdenkliche Last ist. Weil man bei aller Vorsicht weiß, dass jederzeit unkontrollierbare Katastrophen über uns hereinbrechen könnten. Kein Kind zu kriegen ist der beste Weg, sich die Möglichkeit undenkbaren Schmerzes zu ersparen. Man sollte es trotzdem riskieren.

Bonding: Nicht mit Bondage verwechseln. Dieser Begriff bezeichnet anscheinend die liebevolle Bindung zwischen Eltern und Kindern. Warum man dazu nicht einfach "liebevolle Bindung zwischen Eltern und Kindern" sagt, ist mir ein Rätsel. Ist doch viel einfacher und hat nur sechsmal so viele Silben.

Elternvertreter: Ein sehr wichtiger Posten im Kita-Gefüge. Also wirklich ein sehr, sehr wichtiger Posten. Ohne Elternvertreter, also das möchte man sich gar nicht vorstellen, was dann wäre. Ich selbst war ganze zwei Monate lang Elternvertreter. Dann wurde ich per Misstrauensvotum abgesetzt.

Feierabend-Daddy: Invasive Spezies, meist aus dem deutschen Südwesten nach Berlin eingewandert. Ist vermehrt auf Spielplätzen anzutreffen, zum allgemeinen und ihrem eigenen Leidwesen.

Kinderbücher: Man möchte das Kind nicht ständig vor der Glotze parken. Manchmal hat man gute Vorsätze und möchte es sanft in Richtung einer zukünftigen Leselust drängen. Dafür liest man ihm jeden Abend vor dem Einschlafen Kinderbücher vor. Kinderbücher sind Bücher, die von Leuten geschrieben werden, die keine richtigen Bücher schreiben wollen (oder können). Genauso lesen sie sich auch. Kinder sind selbstverständlich begeistert von der auf ihr Wolkenkuckuckshirn zugeschnittenen Beschränktheit. Für Erwachsene ist die Angelegenheit indes wenig bis gar nicht erfreulich.

Kinderlachen: Angeblich das schönste auf der Welt. Muss man allerdings nicht so sehen. Sex und Alkohol sind auch sehr schön.

Prenzlauer Berg: Berliner Stadtteil und eines der größten zusammenhängenden Gründerzeitviertel. Überdies Heimat der sogenannten Prenzlinger, einer Unterart der Kobolde. Genau wie ihre irischen Kollegen horten sie in ihren Unterschlüpfen einen Topf voll Gold, tun aber so, als wären sie subversiv unterwegs. Wagt man es in ihrer Nähe, auf einem Spielplatz eine Zigarette anzustecken, gehen sie neben einem auf die Hocke, lächeln kumpelhaft und sagen: "Merkste selber, oder?"

Psychohygiene: Garant für das seelische Gleichgewicht. Kann durch sehr unterschiedliche Faktoren kontaminiert werden: Schnippisches Barpersonal, rote Ampeln, Xavier Naidoo, Sozialpädagogen, Sozialpädagoginnen, dumme Fragen, dumme Antworten, Elternabende, Elternsprechtage, Paulo Coelho, die Launen des Kindes. Zum Glück gibt es auf der anderen Seite Faktoren, durch die man die Psychohygiene wiederherstellen kann. Zum Beispiel: Alkohol, Gustav Mahler, einfach in den Zug steigen und wegfahren, Sauna-Aufgüsse, Austern, die italienische Oper, das Füttern der Musikbox in der Kneipe, die Launen des Kindes.

Seelentröster: Nicht zu verwechseln mit dem Tassenpudding eines einschlägigen Lebensmittelkonzerns. Kann alles mögliche sein, das einem als Menschen gut tut, meint in diesem Fall aber das Kind. Gerade nach einer Trennung oder sonstigen Liebesproblemen kann es helfen, die Bindung zum eigenen Kind als Seelentröster zu nutzen. Kinder sind mindestens 10 bis 12 Jahre lang treu, wenn man Glück hat, sogar noch länger. Eine willkommene Konstante, wenn alles andere auseinander bricht.

Tragetuch: Transportmittel auf Textilbasis. Wird dazu verwendet, um das Baby/Kleinkind an den eigenen Körper zu binden, weil man a) die Hände für andere Tätigkeiten benötigt, oder b) ein Ding an der Waffel hat und ernsthaft glaubt, dass ein Kinderwagen das Bonding zwischen Eltern und Kindern untergräbt. Tragetücher sind sehr praktisch, die Anwendenden sollten sich nur darüber im Klaren sein, dass sie damit wie verzauberte Hippies aussehen. Barfuß zu gehen und ein seliges Dauergrinsen im Gesicht unterstützen diesen unliebsamen Eindruck zusätzlich. Just saying.

Zigaretten: Rauchwarenerzeugnis, das zur Beruhigung der Nerven verwendet wird. Darf leider nicht während Schwangerschaft und Stillzeit konsumiert werden. Danach aber gern wieder, entgegen der Meinung von Puritanern auch auf Spielplätzen. Wie Helge Schneider schon sagte: Solange der Mensch lebt, soll er rauchen.

Das Buch ist bei Gräfe und Unzer erschienen und kann hier bestellt werden.

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