Adieu, "Chez Krömer"! Es ist traurig – und gut so

Dann wollen wir mal sehen, was die Katze uns heute vor die Tür gelegt hat. Einen toten Vogel. Wobei, tot ist er nicht, sagt er sogar selbst: "War ein bisschen, als wenn man bei seiner eigenen Beerdigung zugucken durfte, wie die anderen um einen trauern. [...] Naja, in meinem Fall habt ihr ja noch Zeit, ich bin ja nicht tot." So Kurt Krömer auf seiner Instagram-Seite über das Ende von "Chez Krömer". Nach 41 Folgen, 41 mal Charles Aznavour ("For me formidable"), einigen Freund*innen und unzähligen Arschlöchern ist die beste Talk- beziehungsweise Verhör-Sendung der jüngeren deutschen Sendegeschichte ebendas. Geschichte.

Das Ende kam überraschend und hatte sich doch schon länger angedeutet. Über die letzten Staffeln, vor allem aber über die letzte, siebte Staffel wirkte Krömer seinen Gästen nicht mehr gewachsen. Was bei der Plauderei mit Rosa von Praunheim nicht weiter ins Gewicht fällt, bei klassischen Antagonisten wie H.C. Strache und Julian Reichelt halt schon. Und zwar schwerwiegend. Krömer wirkte wie ein Dompteur, der Jahr für Jahr alles zwischen Hase und Tiger durch die Manege geführt hat und just als er nicht mehr konnte, schickt die Zirkusdirektorin die dreckigsten Löwen rein.

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"Mein Körper hat dieses Format irgendwann abgestoßen, ich hab's gemerkt." Ja, wir auch. Aber wenn Krömer das selbst merkt, wir auch und anscheinend auch viele um ihn herum, die ihm direkt nach dem Ende gesagt hätten, das wäre das Beste – warum brauchte es dann noch diese letzte Staffel? Wieso musste ich Zeuge werden, wie sich in mir Sympathie für Jens Spahn regt? Wie es sich Strache in seiner Opferrolle gemütlich machte. Und wie Reichelt den Spieß umdrehte: "Sie benutzen Methoden, die Sie eigentlich abstoßend finden und das macht Sie und Ihre Methoden abstoßend." Das von Julian Reichelt? Und zu Recht? Wie ist das möglich? Weil Kurt Krömer es ihnen viel zu leicht gemacht hat, während es für Alexander Bojcan anscheinend schon länger zu schwer war.

Kurt Krömer ist kein Journalist. Er ist in meinen Augen noch nicht mal ein Moderator. Er ist Komiker. Mit einer unterhaltsamen Persönlichkeit und dem Mut, etwas Neues zu probieren. Kurt Krömer hat keinen Stasi-Verhörer gespielt. Kurt Krömer hat sich in eine Verhör-Zelle gesetzt, hat sich Menschen eingeladen und sich dann privat mit ihnen unterhalten. Und es war lange das Beste, was die Öffentlich-Rechtlichen abgeliefert haben. Ich habe selbst für den Bayerischen Rundfunk gearbeitet, bin Fan der Idee hinter einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk – und schaue oder höre trotzdem nur ganz selten begeistert zu. Außer bei "Chez Krömer".

Wenn man Kurt Krömer auf seinem Höhepunkte für seine Menschlichkeit feiert, dann muss man das auch am Tiefpunkt von 'Chez Krömer' tun.

Selbst der beste journalistische Beitrag kann mich nicht so abholen wie diese Sendung, weil er qua Aufgabendefinition eine Restdistanz lassen muss. "Chez Krömer" war anders. War nahbar. War ehrlich. War menschlich. Mit Krömers Persönlichkeit – mit freundlicher, journalistischer Unterstützung eines starken Teams um Produzent Friedrich Küppersbusch – konnte man mitfühlen. Nicht nur in der großartigen Depressions-Folge mit Torsten Sträter, die ihm einen von beiden Grimme-Preisen für die Sendung einbrachte. Sondern auch wenn er Ekel wie Frauke Petry oder Marcus Prinz von Anhalt scharfzüngig und intelligent fertigmachte. So hätte man es selbst diesem Prinzen auch gesagt, hätte man ihn mal am Flughafen getroffen. Nur nicht so lustig wahrscheinlich.

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Wenn man Kurt Krömer auf seinem Höhepunkte für seine Menschlichkeit feiert, dann muss man das auch am Tiefpunkt von "Chez Krömer" tun. Es ist menschlich, Fehler zu machen. Es ist menschlich, keinen Bock mehr zu haben. Vor allem, wenn man Woche für Woche den größten Arschlöchern der Republik ausgesetzt ist. Es ist menschlich, sich für Krömer zu freuen, der eine Sendung beendet, die in einer schwarzen Episode seines Lebens erschaffen wurde und die nicht mehr in seine neue Welt gepasst hat. Und es ist gleichzeitig menschlich, das Ende trotzdem scheiße zu finden.

Angefangen beim letzten Gast, Faisal Kawusi, dessen Sandkastenniveau-Argumentation ein*e Grundschüler*in hätte aushebeln können, nur Kurt Krömer nicht. Des Weiteren die Art und Weise wie Krömer Schluss gemacht hat. Ob das so im Sinne eines Teams war, das sich jahrelang unsichtbar den Arsch für ihn aufgerissen hat und für die er – Stand heute – mit Ausnahme von Küppersbusch kein öffentliches Wort der finalen Würdigung übrig hat, wage ich zu bezweifeln.

Schließlich finde ich es trotz der letzten Folgen scheiße, weil damit meine Lieblingssendung endet. Und sich in einen Podcast, "Kurt Krömer – Feelings", verwandelt. Vom rbb zu Amazon, mit größenwahnsinnigen Chef*innen kennt sich Krömer jedenfalls aus. Immerhin kommen da nur (potenzielle) Freund*innen. Was bleibt? Ein Testament für mehr Menschlichkeit in der Unterhaltungsbranche, ein riesiges Dankeschön ans ganze "Chez Krömer"-Team, für bestes Fernsehen. Und die Weihnachtsfolge mit Helge Schneider. Schon jetzt ewiger Kult, wie Hugh Grants Treppentanz oder Kevins einsames Haus.

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