Frage am Freitag: Welche Rolle spielen heteronormative Rollenbilder in eurer queeren Beziehung?

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"Wieso, weshalb, warum?" ist in der kollektiven Kindheitserinnerung unserer Redaktion der dauerhafte Lieblingsohrwurm gewesen, Karla Kolumna mit ihren tausend Fragen unser Vorbild. Denn ja: Wir sind wandelnde, redaktionelle Klischees, die es lieben, neugierige Fragezeichen an die Enden ihrer Sätze zu setzen. Jeden Freitag wollen wir ab jetzt ehrliche Antworten zu Themen wie „Sollten alle Menschen vegan werden?“ oder „Was passiert eigentlich in einer Krise?“ bekommen – und das von Menschen, die es wissen sollten. Wir fragen Expert*innen und lassen sie Zusammenhänge erklären.

Aber nicht nur! Weil wir Fragen mindestens genauso gerne beantworten wie wir sie stellen, geben wir auch selbst ehrliche Antworten – zu Fragen, die ans Eingemachte gehen. Habt ihr Fragen, die euch schon ewig im Kopf herum kreisen? Dann schreibt uns an [email protected]! 

Für die Beantwortung der heutigen Frage am Freitag haben wir mit Lena* gesprochen. Lena ist 22 Jahre alt, Studentin und kommt aus Berlin. Jetzt hat es sie nach Malmö zum Studieren verschlagen. Ihre Freundin Svenja* ist 23 Jahre alt und lebt auch in Berlin. Auch wenn die beiden erst seit zwei Monaten zusammen sind, hatte Lena schon einige Gedanken zu unserer Frage am Freitag im Kopf.

Welche Rolle spielen heteronormative Rollenbilder in eurer queeren Beziehung?

Bei der Frage, ob heteronormative Denkmuster oder Geschlechterrollen in unserer Beziehung eine Rolle spielen, muss ich auf jeden Fall auch an unseren Wohnort denken. Eine Großstadt wie Berlin macht es leicht, einfach seinen ganz eigenen Charakter beizubehalten, egal ob in einer hetero- oder homosexuellen Beziehung. Für mich persönlich käme es nicht in Frage, in eine konservative Kleinstadt zu ziehen – allein der Gedanke, dass ich meine Beziehung dort im öffentlichen Raum nicht so ausleben kann, wie ich das im offenen Berlin eben tue.

Das hat mit Geschlechterrollen innerhalb unserer Beziehung aber an sich nichts zu tun, eher damit, dass Menschen eben gucken, wenn sich zwei Frauen küssen und sie das vorher einfach noch nie gesehen haben. Tatsächlich habe ich dennoch selbst innerhalb von Berlin gemerkt, wie unterschiedlich wohl ich mich fühle, offen Händchen zu halten oder sich zu küssen. In manchen Vororten wirkt Berlin da dann doch noch wie ein Dorf.

Das hat mit Geschlechterrollen innerhalb unserer Beziehung aber an sich nichts zu tun, eher damit, dass Menschen eben gucken, wenn sich zwei Frauen küssen und sie das vorher einfach noch nie gesehen haben.

Begegnen euch im Umfeld öfter Fragen nach heteronormativen Rollenklischees?

In meinem sozialen Umfeld scheinen viele längst begriffen zu haben, dass es bei gleichgeschlechtlichen Paaren nicht „den Mann“ oder „die Frau“ in der Beziehung gibt. Daher haben sich die Fragen in diese Richtung zurück gehalten. Bei meinem Outing in der Familie sind Kommentare aufgekommen wie „Ach Mensch, das hätte man ja jetzt vom Äußeren auch gar nicht gedacht bei dir“, was mir schon den Anschein machte, als es noch idealtypische Vorstellungen von Frauen gibt, die auf Frauen stehen, und dass man das denen dann halt auch ansehen muss.

Jede hat ihre "toughen Anpackerphasen" genauso häufig wie sentimentale Momente.

Also, welche Rolle spielen denn nun heteronormative Denkmuster in unserer Beziehung? Weder beim Kennenlernen, noch im weiteren Verlauf unserer Beziehung fallen mir Aspekte ein, die dieses typische Klischee von „weiblicher Teil“ und „männlicher Teil“ erfüllen. Ich würde mich da aus dem Fenster lehnen und sagen von Innen heraus, gibt es bei uns keinerlei Zwänge oder Erwartungen. Jede ist einfach sie selbst. Mit allen Vorlieben und Abneigungen, seien es Musik, Hobbys, Mode oder Denkweisen. Und jede hat ihre "toughen Anpackerphasen" genauso häufig wie sentimentale Momente.

* auf Wunsch unserer Gesprächspartnerin wurde ihr Name geändert

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